Dr. Norden Bestseller Box 12 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
dem Kind zur Heirat gezwungen haben könnte.«
»Das hat ja gerade noch gefehlt«, rief Leonore vorwurfsvoll aus, und dann lief sie hinaus. Aber Götz war nirgendwo zu sehen.
*
Elisabeth saß schon lange bei Sandra, und mit aller Behutsamkeit hatte sie ihr erklärt, was geschehen war und warum. Anfangs ungläubig hatte Sandra ihr gelauscht, aber als Elisabeth ihr beteuerte, daß es ihrem kleinen Sohn gutgehe, griff sie nach Elisabeths Hand. Tränen rollten über ihre Wangen, die Elisabeth sanft abtupfte.
»Dann habe ich wenigstens das Kind«, flüsterte sie. »Von Götz habe ich schon so lange nichts mehr gehört.«
»Vielleicht ist Post verlorengegangen«, sagte Elisabeth, die ihr keinen Schock zufügen wollte, denn ein solcher würde es sein, wenn Sandra erfuhr, daß Götz verschollen war. »Wir wollen froh sein, daß diese schreckliche Frau dir dein Kind nicht wegnehmen konnte, Sandra.«
»Ich habe meinen kleinen Götz noch nicht gesehen. Ich möchte ihn im Arm halten, Lis.«
»Das wirst du bald, er wird bestens versorgt. Sei jetzt nicht traurig. Es hätte viel schlimmer kommen können. Es ist schon spät, du mußt jetzt schlafen. Ich komme morgen wieder.«
Elisabeth dachte daran, daß Bastian noch zu ihr kommen wollte, wenn er mit Anna gesprochen hatte.
»Ich kann morgen auch zu den Hellbrinks gehen und ihnen alles sagen, Sandra«, murmelte sie.
»Nein, das nicht. Ich will nichts von ihnen. Wenn Götz sich für seine Familie entschieden hat, will ich ihn nicht mehr sehen. Dann wird er auch mein Kind nie zu sehen bekommen. Ich muß mir alles durch den Kopf gehen lassen, Lis.«
»Aber jetzt denkst du nur daran, daß du einen süßen kleinen Sohn hast. Luise Urban ist eine prächtige Frau.«
Regen strömte vom Himmel, als Elisabeth heimwärts lief.
Wie große Tränen perlte er über ihr Gesicht, als sie dann das Haus erreicht hatte und den Mann gewahrte, der vor der Tür stand. Aber es war nicht Bastian, es war Götz von Hellbrink.
Elisabeth starrte ihn an. Der Boden unter ihren Füßen schien zu schwanken.
»Herr von Hellbrink«, murmelte sie. »Sie sind hier?«
»Wo ist Sandra?« stieß er hervor. »Ich muß wissen, wo sie ist.«
Elisabeth nickte wortlos. Sie fuhr sich mit der Hand über die Augen. »Sie sind wirklich da«, sagte sie leise.
*
»Mir brauchst du keine Märchen aufzutischen, Anna«, sagte Bastian zur gleichen Zeit. »Du brauchst auch nicht Onkel Gottlieb alle Schuld zuzuschieben. Wir kennen dich.«
»Jetzt geht es wohl ums Erbe«, sagte sie höhnisch.
»Daran kannst nur du denken«, sagte er zornig. »Wir reden jetzt bayrisch miteinand, verstehst du! Ich war schon bei der Polizei. Sie werden dein feudales Entbindungsheim unter die Lupe nehmen. Sie werden schon herausfinden, wie viele Kinder für welche Summen du weggegeben hast. Damit wird ein für allemal Schluß gemacht. Wo ist Cornelia Mölnik?«
»Ich weiß nicht, wovon du redest«, zischte sie.
»Das weißt du sehr gut. Die Tochter, die sie geboren hat, ist in der Leitner-Klinik, aber der Sohn, den Sandra Trento geboren hat, Sandra von Hellbrink, wollte ich sagen, der ist bei uns. Und den bekommst du nicht.«
»Beweise solche Anschuldigungen erst mal«, sagte sie kalt. Es ging jetzt um alles. Sie mußte die Nerven bewahren.
»Onkel Gottlieb hat noch allerhand aufgeschrieben, bevor er gestorben ist«, fuhr Bastian sie an. »Und Hilde Roth hat manches zu sagen. Und dann ist da noch Elisabeth Roth, die gehört hat, wie die Amerikaner über den Preis gesprochen haben, den du für ein Kind verlangst.«
»Ich möchte nicht wissen, was Urban alles gequatscht hat, um sich reinzuwaschen. Mach, daß du wegkommst. Ich habe mit euch nichts zu schaffen.«
»Gelobt sei Gott dafür. Du wirst es verantworten müssen. Du kommst nicht mehr aus, Anna. Daß du es so schlimm treiben würdest, haben ja nicht mal wir gedacht.«
Und dann läutete es anhaltend. Annas Gesicht verzerrte sich, als Bastian die Tür aufriß.
»Nur herein, meine Herren. Vielen Dank, daß Sie so schnell gekommen sind. Das ist Anna Renz, Expertin für Babyhandel.«
»Staatlich geprüfte Hebamme und Leiterin dieses Entbindungsheimes«, kreischte Anna. »Mir ist nichts nachzuweisen, gar nichts!« Aber dann kam es zu einem dramatischen Höhepunkt, denn eine Stimme rief gellend um Hilfe und nur dürftig bekleidet kam eine weibliche Gestalt auf das Haus zugerannt.
»Ich will mein Kind wiederhaben, mein Kind… Diese Frau hat es mir weggenommen.«
Cornelia Mölnik hob flehend die Hände. »Ich will nur mein Kind wiederhaben«, schluchzte sie. »Ich heiße Cornelia Mölnik. Helfen Sie mir, bitte, helfen Sie mir.«
»Das Kind befindet sich in der Leitner-Klinik«, sagte Bastian beruhigend. »Nun steig mal herab von deinem hohen Roß, Anna.«
*
Elisabeth mußte lange warten, bis Bastian kam, und fast ebenso lange war Götz von Hellbrink schon in der Frauenklinik. Mit Sandra hatte er noch nicht sprechen können.
Dr. Leitner hatte ihr ein Beruhigungsmittel gegeben, und sie war eingeschlafen. Aber Götz konnte sie anschauen, und obgleich er todmüde war, nach all den Strapazen, die hinter ihm lagen, rührte er sich nicht von ihrem Bett.
Er konnte hören, wie Sandra im Traum flüsterte: »Ich liebe dich, Götz. Komm zurück, bitte, bitte, komm zurück.« Er konnte sich vorstellen, was sie gelitten hatte.
Ganz zaghaft griff er nach ihren Händen und hielt sie fest.
Als von fern her eine Kirchturmuhr Mitternacht schlug, öffneten sich Sandras Augen.
Sicher spürte sie seine Nähe mehr, als sie ihn sehen konnte im fahlen Licht der Nachtlampe.
»Götz«, flüsterte sie.
»Ich bin bei dir, Liebstes«, brachte er mühsam über die Lippen. »Ich bin wieder da.«
Und dann nahm er sie in die Arme, hielt sie fest umschlungen.
»Wir haben einen Sohn, Götz, mein Liebster.«
»Ja, ich weiß. Es wird alles gut, Sandra. Ich liebe dich.«
»Ich werde immer nur dich lieben, nur dich. Ich muß dir so viel sagen.«
»Pssst, mein Liebes, ich weiß fast alles. Ich habe mit Elisabeth gesprochen. Wir werden bald für immer zusammen sein, du, unser Kind und ich. Niemand wird uns trennen, ich schwöre es dir.«
Und als Dr. Leitner ins Zimmer blickte, ohne bemerkt zu werden, legte sich ein Lächeln um seinen Mund. Wenigstens dieses Kapitel konnte er als glücklich beendet abschließen.
Für ihn war es das wichtigste.
*
Weit nach Mitternacht war es, als Bastian an Elisabeths Tür läutete.
»Eigentlich ist es schon zu spät«, sagte er kleinlaut, »aber ich wußte nicht mehr, wohin ich gehen sollte.«
»Ich habe lange genug gewartet«, erklärte Elisabeth. »Ich habe mir schon große Sorgen gemacht, ob Sie nicht auch noch in eine Mördergrube geraten sind.«
»Ganz so schlimm scheint es nicht zu sein. Immerhin schlimm genug, aber das muß Anna ausbaden. Ich habe dafür gesorgt, daß Cornelia Mölnik noch in die Leitner-Klinik gebracht worden ist, damit sie endlich ihr Kind wiedersieht. Anna haben sie mitgenommen ins Untersuchungsgefängnis. Sepp hat sich aus dem Staub gemacht. Hätten Sie was Warmes zu trinken, Elisabeth? Es ist ein abscheuliches Wetter, aber der Stimmung angepaßt.«
»Tee mit Rum?« fragte sie.
»Gern.«