Heliosphere 2265 - Der komplette Fraktal-Zyklus. Andreas SuchanekЧитать онлайн книгу.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die PROTECTOR einen solchen Kampf überlebte, war verschwindend gering. Außer ein paar Technikern und Lieutenant Kensington befand sich niemand an Bord. Zu wenig, um das Schiff in einem Kampf effektiv einsetzen zu können.
Ein Surren holte ihn in die Realität zurück. Sein Konturensessel baute ein leichtes Prallfeld um ihn herum auf, da er es selbst noch nicht aktiviert hatte, damit im Fall der Fälle kleinere Schrapnelle abgehalten wurden. Zudem fuhren Gurte aus, die seinen Körper umschlossen.
»Wir erreichen Gefechtsdistanz in zehn Sekunden«, meldete Lieutenant Commander Akoskin.
Die Anzeige auf dem Chronometer fiel auf null. Sie hatten die Gefechtsdistanz erreicht. Jayden sah es auf der Taktikanzeige, die noch immer im Holotank sichtbar war.
»Sir, die Parliden eröffnen das Feuer«, meldete Lieutenant Nurakow.
Lieutenant Commander Akoskin handelte ohne Befehl. Der erste Schuss war gefallen, nun galt es zurückzuschießen. Hunderte von Lichtern lösten sich aus dem Bug der HYPERION und rasten in Richtung der PAL ANTAROK. Die HYPERION besaß auf beiden Seiten fünf Bug- und fünf Heck-Torpedowerfer. Pro Minute konnten damit sechzig Torpedos in eine Richtung gefeuert werden. Schossen alle zehn Werfer einer Richtung parallel, waren dies 600 Torpedos pro Minute. Eine immense Feuerkraft. Doch sie hatten es auch nicht mit einem einfachen Leichten Kreuzer zu tun. Diesen hätten sie problemlos besiegt.
Um den Kampf möglichst schnell zu beenden, bestand die erste Salve aus Sprengköpfen, die Laser-, Gamma- und Röntgenstrahlung verschossen. Gleichzeitig wurden die Laser vorbereitet, die den Schutzschild des Raumers schwächen sollten.
»Die Anzahl der gegnerischen Torpedos liegt zehn Prozent über der unsrigen«, sagte Lieutenant Nurakow.
Im Holotank erreichten die Torpedos der HYPERION das Parlidenschiff. Ihre Geschwindigkeit lag also marginal über jenen der feindlichen Torpedos. Ein Teil von ihnen wurde von der Nahbereichsabwehr erfasst, raste gegen Täuschkörper oder Signatur-Projektionen. Ein weiterer Teil fiel EMP-Wellen zum Opfer, gerichtete Mikrowellenstrahlung, die jede Funktion der Torpedos deaktivierte.
Etwa siebenundfünfzig überwanden jedes Hindernis und schlugen in die Hüllenpanzerung der PAL ANTAROK ein. Wie ein waidwundes Tier schüttelte sich das Schiff und spie Fontänen aus Atmosphäre, metallischen Partikeln und Parliden aus.
»Sie haben die erste Welle überstanden.« Die Stimme von Nurakow klang enttäuscht. »Und sie aktivieren ihre Laser. Wir erhalten multiple Treffer.«
Dann sind jetzt also wir dran. Jayden spannte unweigerlich seine Muskeln an.
Dann kam der Einschlag.
*
Die neuartige Nahbereichsabwehr gab ihr Bestes. Die Defensiv-Technologie aus gerichteter Mikrowellenstrahlung und Flechete-Partikeln breitete sich aus und brachte feindliche Geschosse zum Explodieren, bevor sie der Hülle zu nahe kamen. Röntgen-, Gamma und Lasercluster zerfetzten die anfliegenden Sprengköpfe.
Doch selbst die beste Abwehr hatte ihre Schwächen. So war es dem Computer manchmal unmöglich, echte Torpedos und Täuschkörper voneinander zu unterscheiden. Die Abweichungen in der Energiesignatur oder im Wärmebild des Antriebs waren oft nur marginal. Daher war es an Lieutenant Commander Akoskin und seinem Stellvertreter – Lieutenant Walker –, manuelle Korrekturen vorzunehmen. Rasend schnell flogen deren Finger über ihre Konsolen und Jayden bewunderte sie für ihre Reflexe. Innerhalb von Sekunden trafen sie Entscheidungen. Doch auch sie konnten nicht alle feindlichen Torpedos stoppen.
Von jenen, die die HYPERION erreichten, wurde noch einmal die Hälfte von der mehrschichtigen Hüllenpanzerung abgehalten.
Fünf Torpedos durchdrangen diese letzte Barriere und zerfetzten Schotts und Wände. Ein Lagerraum und zwei Shuttlehangars wurden vernichtet.
Zwei Crewmen, ein Sicherheitsoffizier und ein Versorgungsoffizier verloren ihr Leben, wie Jayden kurz darauf erfuhr. Vier weitere Menschen, die unter seinem Kommando sinnlos ausgelöscht wurden.
Die Reichweite der feindlichen Laser lag über denen der HYPERION, daher schlugen bereits Salven in den Schutzschirm ein, während sie selbst die Feinde noch nicht beschießen konnten. An mehreren Stellen der im Holotank schematisch dargestellten Schutzschildblase blinkte es rot auf.
Jayden fletschte wütend die Zähne. Er würde es ihnen zeigen, den verdammten Sternköpfen. Soeben unterschritt die HYPERION die maximale Gefechtsdistanz für die Laser.
Lieutenant Commander Akoskin schickte die nächste Salve Torpedos ab und stellte die Laser gleichzeitig auf Dauerfeuer. Die energetischen Lanzen sollten den Schutzschild des Feindes zerstören, um dann in dessen Hülle einzuschlagen.
Im Holotank flog eine Welle aus blauen Punkten auf ihre roten Pendants des Parlidenschiffes zu.
»Die Parliden haben ihren Laserbeschuss einstweilen beendet«, meldete Akoskin. »Vermutlich haben sie mit Überhitzung zu kämpfen.«
Ein Problem, das beim Einsatz von Lasern immer auftrat. Das Kühlsystem kam ab einer gewissen Einsatzdauer nicht mehr mit der Hitze zurecht. Daher musste der Beschuss immer wieder unterbrochen werden.
»Wie ist der Status der Schilde?«, wollte Jayden wissen. Die schematische Anzeige war noch nicht aktualisiert worden.
»Die Schildstärke der Bugsektion liegt noch bei 45 Prozent«, meldete Lieutenant Nurakow. »Bei einem weiteren Dauerbeschuss wird es eng.«
»Lieutenant Task, bereiten Sie sich darauf vor, das Schiff zu wenden, sobald die Stärke des Schildes unter fünf Prozent fällt.«
Ein Blick auf die Sensoren zeigte ihm, dass die PROTECTOR mittlerweile hinter dem Mond in Deckung gegangen war. Die beiden Parlidenkreuzer befanden sich noch auf ihrem Weg.
»Die Parliden starten die zweite Welle«, meldete Lieutenant Nurakow. »Der Laserbeschuss setzt wieder ein.«
Jayden biss die Zähne zusammen. Während auf der Anzeige des Holotanks ein Strom aus blauen Lichtern erlosch – und die PAL ANTAROK noch immer existierte -, flogen erneut rote Punkte heran.
»Schilde sind auf vier Prozent, ich rotiere das Schiff«, meldete Lieutenant Task.
Die HYPERION schwenkte herum. Gleichzeitig aktivierte Akoskin die Hecktorpedowerfer. Da die Abschussrohre nur einen Winkel von 90 Grad abdeckten, konnten beim angelegten Vektor jeweils nur entweder Bug oder Heck feuern.
Die nächste Welle der feindlichen Sprengköpfe traf ein. Erneut leisteten Akoskin und Walker ausgezeichnete Arbeit. Fast der ganze Strom wurde abgefangen – immerhin 660 Torpedos. Doch dreißig davon kamen durch. Das Schiff erzitterte.
Auf Jaydens Konsole flammten die neuen Meldungen der Schadenskontrolle auf. Mehrere Hüllenbrüche und ein zerstörter Torpedowerfer. Die Verlustmeldungen würden erst nach und nach aktualisiert werden.
»Wir passieren die PAL ANTAROK«, meldete Lieutenant Task.
Im Vorbeiflug gab es ein kurzes Zeitfenster, in dem sich Bug- wie Hecktorpedos auf den Feind ausrichten ließen. Auf der Taktikanzeige löste sich die doppelte Anzahl an Punkten von der HYPERION. Der feindliche Beschuss nahm merklich ab, endete jedoch noch immer nicht.
»Das Schutzschild ist am Bug zusammengebrochen«, sagte Nurakow.
»Wir haben die PAL ANTAROK passiert. Ich rotiere das Schiff erneut.«
Das Schiff drehte und flog weiter auf seiner elliptischen Bahn. Der Ansturm aus Lasern und Torpedos hatte die Seitenschilde geschwächt und vier Heck-Torpedowerfer zerstört. Während die Torpedos und die Nahbereichsabwehr der HYPERION jenen ihrer Feinde eindeutig überlegen waren, besaßen die Parliden die besseren Laser. Sobald die Schilde zusammenbrachen, würden die Sternenköpfe sie mit wenigen Schüssen zerstören.
*
PAL ANTAROK, Kommandozentrum