Heliosphere 2265 - Der komplette Fraktal-Zyklus. Andreas SuchanekЧитать онлайн книгу.
sie verliert jedoch an Geschwindigkeit. Ihre Energieversorgung fluktuiert.« Akoskin klang außerordentlich zufrieden. »Ich setze den Beschuss fort.« Nach einigen Sekunden stieß er lauthals einen Fluch aus. »Unsere Laser haben soeben die Funktion eingestellt.«
»Lieutenant McCall, setzen Sie sich mit Commander Devgan in Verbindung. Ich will wissen, was da los ist. Lieutenant Kensington, übermitteln Sie ihm Ihren Protokollauszug. Vielleicht hilft das weiter.«
Noriko massierte sich die Schläfen. Ihre Möglichkeiten waren begrenzt. Sehr begrenzt. Wer auch immer für das alles verantwortlich war: Er nahm ihnen jede Option, die SE-RA aufzuhalten. Doch hier ging es einfach um zu viel. Das Leben mehrerer Milliarden Parliden hing davon ab, dass sie dieses Schiff aufhielt. »Lieutenant Task, können wir die SE-RA einholen?«
»Das können wir, Ma’am.«
»Ausgezeichnet.« Noriko hielt kurz inne, dann sagte sie das Unvermeidliche: »Bringen Sie uns auf Kollisionskurs, Lieutenant.«
*
Kartas-System, Kartas VIII, 15. Januar 2266, 15:10 Uhr
Jayden taumelte nach vorne. Ohne Lu wäre er gestürzt, doch die kräftigen Arme des Rentalianers hielten ihn. Nach einigen Augenblicken verschwand das Schwindelgefühl. »Das war ja Wahnsinn!«, keuchte er.
»Wir haben soeben sechzig Lichtjahre überbrückt.«
Jayden starrte Lu fassungslos an. »Ich wusste nicht, dass eure Transmitter so weit reichen.«
»Wir haben eine Transmitterbrücke errichtet, um entlegene Außenposten zu erreichen«, erklärte Lu. »Wir haben insgesamt sechzig hintereinandergeschaltete Transmittertore durchschritten.«
»Ich bin beeindruckt. Mit diesen Dingern könntet ihr ein Netz über die gesamte Galaxis errichten.«
Lu legte die Ohren verneinend an. »Das Limit der Torkette liegt bei achtzig Lichtjahren. Schaltet man mehr als achtzig Transmitter zusammen, baut sich ein Kaskadeneffekt auf und sie explodieren.«
»Ich verstehe. Und wo sind wir nun?«
»Wir befinden uns im Kartas-System.« Während Lu sprach, schwärmten die fünf bewaffneten Rentalianer aus, die mit ihnen durch die Tore gekommen waren. »Dies ist einer unserer Horchposten.«
»Ihr habt eine Spionagestation in einem Parlidensystem! Das ist uns nie gelungen.«
»Ihr verfügt nicht über die Transmittertechnologie. Die Systeme der Parliden sind nach außen hin sehr gut abgeschottet.« Lu bedeutete Jayden, ihm zu folgen.
Sie gingen auf den Ausgang zu, um tiefer in die Station vorzudringen. Das aus der Wand sickernde Licht tauchte die Umgebung in Schatten. Die Sohlen ihrer Skinsuits quietschten bei jedem Schritt auf den blank polierten Bodenplatten.
»Aber wie habt ihr die Station hierherbekommen?«
Lus Ohren zuckten. »Das sind militärische Geheimnisse, die ich nicht weitergeben darf.«
Jayden begriff: Die Menschheit war mit den Rentalianern zwar in Freundschaft verbunden, doch bei militärischen Geheimnissen hörte diese Freundschaft recht schnell auf – auf beiden Seiten.
Sie durchstreiften die Gänge. Immer wieder drangen Klarmeldungen der übrigen Rentalianer aus Lus Brustkommunikator. Seine Leute durchkämmten die Station, auf der Suche nach Unregelmäßigkeiten.
»Wie konntet ihr verhindern, dass die Parliden die Transmitter orten? Immerhin gleicht die Streustrahlung einem Leuchtfeuer. Die müssten die Sivor-Strahlung doch sofort bemerken.« Jayden trat hinter Lu in den Lift.
»Das konnten wir nicht. Jeder Durchgang in dieses System ist mit dem Risiko des Entdecktwerdens verbunden.«
»Das heißt, während wir auf dem Weg zur Zentrale sind, ist vielleicht bereits eine Armada aus Parlidenschiffen hierher unterwegs?«
»Das ist möglich. Sollte dies der Fall sein, werden wir einen schnellen Tod sterben. Die Station zerstört sich selbst, wenn ein Parlidenschiff einen gewissen Mindestabstand zum Planeten unterschreitet.«
»Das ist wirklich beruhigend«, sagte Jayden mit einem sarkastischen Unterton, von dem er nicht glaubte, dass Lu ihn bemerken würde. »Dann bleibt nur zu hoffen, dass die Heimatflotte dieses Systems beschäftigt ist.« Vorzugsweise nicht damit, die HYPERION abzuschießen.
Die Lifttüren öffneten sich und gaben den Weg in die Zentrale frei. Die Konsolen waren unbesetzt. Auf den Monitoren liefen automatisierte Protokolle ab. Jayden konnte die rentalianischen Schriftzeichen jedoch nicht interpretieren.
Lu beschäftigte sich mit den Daten. Ab und an stieß er ein kurzes Jaulen aus, das Jayden als Ausdruck des Missfallens deutete. Er hatte sich bei der Vorbereitung auf die Mission eher über die soziale Struktur der Rentalianer und deren Technik informiert, nicht über deren Körpersprache. Ein schwerwiegendes Versäumnis.
»Die SE-RA-TA-LA-MU hat vor einigen Stunden drei Parlidenschiffe vernichtet. Ein viertes ist schwer beschädigt. Jetzt fliegt das Schiff Richtung Sonne. Die HYPERION ist ihm dicht auf den Fersen.« Lu deutete auf einen 3D-Monitor, der gerade zum Leben erwachte.
Am unteren Rand liefen Datenkolonnen über die schematische Darstellung des Systems. Noch während Jayden versuchte, die vielen Punkte und Linien zu interpretieren, wechselte das Bild.
»Ihr habt Spionagesatelliten in diesem System?« Jayden konnte es kaum glauben. »Wie habt ihr das geschafft? Und warum genau hier?« Er wandte sich vom Bildschirm ab und trat auf Lu zu. »Die Menschen und die Rentalianer waren seit dem ersten Zusammentreffen in Freundschaft verbunden. Ich persönlich hoffe, dass es so bleibt. Doch mein Schiff ist gerade dort draußen und wird sich mit einer Waffe anlegen, von der wir wissen, dass sie sehr zerstörerisch sein kann. Sag mir die Wahrheit, Ti-So-Ma-Ro-Lu: Was geht hier vor? Warum ist dieses System so wichtig?«
Lu schwieg. Wie gerne stünde Jayden jetzt einem Menschen gegenüber, in dessen Miene er lesen konnte.
»Der Oberste Rudelführer ging davon aus, dass du früher oder später Fragen stellst.« Lu ließ seine Finger über ein Icon gleiten. Die Darstellung auf dem Bildschirm wechselte.
Jayden starrte überrascht auf die neue Anzeige. Es handelte sich eindeutig um Luftaufnahmen einer Planetenoberfläche.
Dann begann Lu zu erzählen.
*
»Sie verdammtes Miststück!« Walker deutete anklagend mit dem Finger auf Noriko. »Den Parlidenraumer rammen? Sie sind ja wahnsinnig!«
»Lieutenant Walker!« Lieutenant Commander Akoskin funkelte seinen sekundären Taktikoffizier wütend an. »Reißen Sie sich zusammen oder ich lasse Sie von der Brücke entfernen.«
Der Schrecken über Norikos Befehl war auf nahezu jedem Gesicht zu sehen. Die Wissenschaftler an den Wandkonsolen saßen in ihren Konturensesseln und blickten bleich zu ihr auf. Die Sekundäroffiziere der Hauptkonsolen gingen alle – bis auf Walker – ihrer Arbeit nach. Keiner sagte ein Wort.
Tess Kensington hatte die Lippen zu einem schmalen Strich zusammengekniffen, wirkte jedoch entschlossener denn je. Sarah McCall fixierte ihre Konsole und wagte nicht aufzuschauen. Peter Task wirkte wie immer unbeteiligt – begriff er eigentlich, dass Noriko durch ihren Befehl gerade das Todesurteil über die Crew verhängt hatte?
»Diese verdammte Schlampe bringt uns um, und hier hält jeder brav die Klappe? Seid ihr noch ganz dicht!« Walkers Wangen färbten sich rot, auf seiner Stirn bildeten sich Schweißperlen.
»Lieutenant! Noch ein Wort, und ich werfe Sie höchstpersönlich in eine Arrestzelle!« Akoskin stand zweifellos kurz davor, seine Konsole zu verlassen und sich auf Walker zu stürzen.
Noriko deaktivierte die Prallfelder von ihr und Walker. Sie griff nach dem Pulser, der in einem Sicherheitsfach zu ihrer Rechten untergebracht war. Walker riss entsetzt die Augen auf,