Der kleine Fürst Staffel 13 – Adelsroman. Viola MaybachЧитать онлайн книгу.
wollte ihr die Wahrheit sagen, aber ich bin schon auf halbem Wege gescheitert.«
»Wie geht das denn? Du hast ihr die halbe Wahrheit gesagt?«
»Das war gar nicht nötig. Bevor ich auch nur eine Andeutung machen konnte, hat sie klar gesagt, dass ich als Mann, in den sie sich verlieben könnte, überhaupt nicht infrage komme, eben weil ich ihr Freund bin.«
»Und du bist sicher, dass du das nicht falsch verstanden hast?«
»Oh ja, da bin ich sicher. Irrtum ausgeschlossen.«
»Wie eng ist denn eure Freundschaft?«
»Ach, Chris!«, murmelte Florian. »Wir haben uns mehrmals die Woche gesehen, sie hat mir erzählt, was sich in ihrem Leben ereignet hat, und ich habe ihr zugehört. Wenn sie einen Rat brauchte, habe ich ihr einen gegeben.«
»Und du? Hast du dir bei ihr auch Rat geholt? Hast du ihr auch aus deinem Leben erzählt?«
»Nein, eigentlich nicht. Aber darauf habe ich auch keinen Wert gelegt. Ich war glücklich, sie ansehen und ihr zuhören zu können.« Florian sah zur Seite und begegnete Christians aufmerksamem Blick. »Ich war lange Zeit in sie verliebt, ohne dass ich das gewusst habe, Chris. Das führt ja manchmal zu einer gewissen Blindheit, so war es dann wohl auch bei mir. Mir ist nicht einmal aufgefallen, wie einseitig unsere Freundschaft war.«
»Heißt das, du bist gar nicht wegen der Arbeit hier, sondern weil du weg wolltest von dieser Frau?«
»Ich wäre nicht hier, wenn mich die Arbeit nicht interessiert hätte. Aber wäre die Sache mit Gabriela anders verlaufen, wäre ich wahrscheinlich nicht gekommen, das muss ich zugeben.«
»Gabriela?«
»So heißt sie. Gabriela von Szanten.«
»Was hat sie denn gesagt, als sie von deinen Plänen gehört hat?«
Florian lächelte verlegen. »Ich habe ihr erst vorhin am Telefon gesagt, dass ich umgezogen bin und meinen alten Job gekündigt habe. Ich wäre sonst vielleicht wieder schwankend geworden, denn natürlich war mir klar, was sie sagen würde.«
Christian blieb stehen. Togo war längst im Wald verschwunden, in den der Schlosspark ganz allmählich überging. Sie hörten ihn gelegentlich bellen, er war in seinem Element und vermisste sie nicht. »Also, wenn meine beste Freundin eines Tages einfach verschwinden würde …« Er schüttelte den Kopf. »Sie muss doch aus allen Wolken gefallen sein.«
»Ja, so hat es sich angehört. Ich habe das Gespräch dann etwas abrupt abgebrochen. Es war nicht angenehm, ich habe mich mies gefühlt. Wäre ich stärker gewesen, hätte ich vorher mit ihr geredet, aber, wie gesagt, ich habe mir selbst nicht über den Weg getraut.«
»Vielleicht merkt sie jetzt, wo du nicht mehr da bist, dass du in Wirklichkeit viel mehr als ein Freund für sie bist.«
Florian stieß ein freudloses Lachen aus. »Sie ist mit zwei anderen Männern beschäftigt, Chris, nicht mit mir.«
»Mit zwei Männern?«
»Oh, sie hält sie auf Abstand, aber sie flirtet mit beiden, weil sie sich nicht entscheiden kann. Das geht schon eine ganze Weile so.«
»Sie ist also sehr attraktiv«, stellte der kleine Fürst fest.
Ein verträumtes, zugleich aber auch schmerzliches Lächeln erschien auf Florians Gesicht. »Sie ist wunderschön, Chris, sehr temperamentvoll, manchmal noch wie ein Kind und dann wieder sehr erwachsen. Es ist diese Mischung, glaube ich, die mich anzieht. Sie ist sieben Jahre jünger als ich, aber immer wenn ich denke, ich müsste sie beschützen, zeigt sie mir, dass sie gut allein für sich sorgen kann. Sie ist widersprüchlich. Manchmal ganz sanft und dann wieder kratzbürstig. Das alles gefällt mir sehr.«
»Egoistisch ist sie aber auch«, sagte Christian. »Sonst hätte sie nicht immer nur über sich selbst gesprochen, wenn sie mit dir zusammen war.«
»Das liegt auch an mir, ich habe sie dazu ermuntert«, erwiderte Florian ehrlich. »Es wäre ungerecht, das allein ihr anzulasten.«
»Und was willst du jetzt tun?«
»Was wohl? Sie vergessen natürlich.«
Der kleine Fürst schüttelte den Kopf. »Das schaffst du nicht. So, wie du über sie redest, Flo …«
»Mach mir keine Angst«, brummte Florian. »Wenn ich über Gabriela nicht hinwegkomme, werde ich meines Lebens nicht mehr froh. Ich muss sie vergessen, das ist meine einzige Chance.«
Christian sah das anders, doch das behielt er für sich. Er rief nach Togo, der ausnahmsweise recht schnell hörte und mit langen Sätzen auf sie zukam. Schweigend kehrten sie zum Schloss zurück. Bevor sie das Hauptportal erreichten, fragte Christian: »Darf ich Anna deine Geschichte erzählen?«
»Ihr habt keine Geheimnisse voreinander, oder?«
»Wenige«, gab Christian zu.
»Natürlich kannst du mit ihr darüber reden. Aber es wäre mir lieb, wenn die Geschichte in der Familie bliebe.«
»Ja, klar. Ich erzähle sie nur Anna.«
»Danke, dass du mir so geduldig zugehört hast, Chris.«
»Wieso geduldig? Ich habe dich ja gefragt. Es hat mich interessiert. Anna und ich haben uns nämlich schon gefragt, warum du so verändert bist.«
»Ihr ist das also auch aufgefallen?«
Christian nickte. Das Hauptportal wurde von innen geöffnet, Eberhard Hagedorn erschien. »Hatten Sie einen schönen Spaziergang?«, fragte er mit seinem zurückhaltenden Lächeln.
»Ja, danke, Herr Hagedorn«, antwortete der kleine Fürst. »Jetzt sind wir hungrig. Nicht, Flo?«
»Und wie«, sagte Florian, obwohl er nicht einmal Appetit verspürte. Wie immer, wenn er intensiv über Gabriela nachdachte, schlug ihm das auf den Magen.
»Frau Falkner wird sich freuen, das zu hören«, erwiderte Eberhard Hagedorn, als er sie eintreten ließ.
Togo war bereits die breite Treppe hinaufgelaufen, die von der Eingangshalle zu den Privaträumen der Familie und den Gästesuiten führte, Florian und der kleine Fürst folgten ihm langsamer. Als Florian vor seiner Tür stand, sagte er: »Ich glaube, es hat mir gutgetan, dir alles zu erzählen.«
Der Junge betrachtete ihn mit ernstem Lächeln. »Danke für dein Vertrauen«, sagte er.
*
»Ich habe keine Blumen mitgebracht«, entschuldigte sich René von Hoydorff, »weil Sie ja morgen verreisen.« Er überreichte Annabelle eine eisgekühlte Flasche Champagner. »Also dachte ich, trinken wir auf unseren Erfolg und Ihre Reise.«
»Gute Idee«, fand Annabelle. »Bitte, kommen Sie herein.«
Sie hatte den Tisch hübsch gedeckt, sah er mit einem Blick, und offenbar war sie mit dem Packen fertig, denn im Flur standen eine Reisetasche und ein Koffer. »Kommen Sie damit aus?«, fragte er, indem er darauf zeigte. »Frauen brauchen doch angeblich immer so viel Gepäck, wenn sie verreisen.«
»Ich nicht«, erklärte sie vergnügt. »Im Gegenteil, ich hasse es, beladen wie ein Packesel unterwegs zu sein.«
Sie ging zu einer alten Vitrine und entnahm ihr zwei langstielige Gläser. »Die Flasche öffnen Sie bitte«, sagte sie, »ich muss noch mal kurz in die Küche.«
Als sie verschwunden war, sah er sich erst einmal um. Der Raum kam ihm verändert vor, dabei stand alles noch so da wie an diesem Vormittag, wenn er sich richtig erinnerte. Vielleicht lag es also nur an seiner anderen Stimmung, dass er das gemütliche Sofa, die zierlichen Sessel, das Bücherregal und die farbenfrohen Bilder an den Wänden anders wahrnahm.
»Sie stehen ja immer noch mit der geschlossenen Flasche da herum!«, rief Annabelle, die soeben mit einem Teller, auf dem kleine Törtchen lagen, aus der Küche zurückkam.
Er