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150. Die fälsche Braut. Barbara CartlandЧитать онлайн книгу.

150. Die fälsche Braut - Barbara Cartland


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Sie mußte Elisabeth vor dem Anschlag warnen, den man auf sie vor hatte. Sie konnte nur hoffen, daß es noch nicht zu spät war, daß Lady Clementine Lady Cardon nicht genau in dem Augenblick, da Elisabeth nach unten kam, von Sir Ruperts Absichten unterrichtete.

      Doch dann glaubte sie, daß ihre Furcht unbegründet sei. Eine solch wichtige Sache würde Sir Rupert mit Lord Cardon nicht zwischen Tür und Angel besprechen. Zweifellos würde er ihn deswegen eigens aufsuchen und damit wenigstens bis zum nächsten Tag warten. In dem Fall war noch genügend Zeit, Elisabeth zu informieren und sie auf das vorzubereiten, was sie sagen mußte.

      »Sie sehen besorgt aus. Miss!« sagte Bessie, und damit unterbrach sie Isabels Überlegungen. »Was beunruhigt sie? Ist es, weil Sie wieder nach Hause gekommen sind?«

      »Ist das nicht Grund genug, beunruhigt zu sein?« fragte Isabel.

      Bessie nickte.

      »Ich wußte, daß es wieder so kommen würde, Miss. Ich wollte Sie nicht aufregen, als sie fortgingen. Doch als ich hörte, wohin man Sie diesmal schickte, war ich entsetzt. Glauben Sie mir, ich habe nachts keinen Schlaf mehr gefunden, wenn ich an Sie dachte.«

      »Bessie«, rief Isabel. »Sie wußten, was mich auf Droxburgh Castle erwartete! Warum haben Sie mich nicht gewarnt?«

      »Was hätte es für einen Sinn gehabt, Miss?« fragte Bessie. »Seine Lordschaft hatte entschieden. Was hätten Sie schon dagegen tun können?«

      »Du hast ja recht«, antwortete Isabel. »Aber was wußtest du über Lord Droxburgh?«

      »Genug, um zu wissen, daß ich meine Tochter lieber tot im Grab sehen würde als lebend in einem solchen Haus. Wir haben einen Diener hier, der bei dem Marquis eine Zeitlang in Diensten stand. Er kennt das Schloß und auch das Stadthaus in London. Die Geschichten, die er uns von da erzählte, waren so entsetzlich, daß uns die Haare zu Berge standen. Damals haben wir darüber gelacht und geglaubt, er wolle uns einen Bären aufbinden. Aber nachdem ich wußte, daß Sie auf dem Schloß des Marquis eine Anstellung als Gouvernante annehmen sollten, glaubte ich jedes Wort und wäre fast vergangen vor Angst um Sie. O Miss, ist Ihnen auch niemand dort zu nahe getreten?«

      »Nein Bessie, du kannst beruhigt sein«, antwortete Isabel schwach.

      »Dem Himmel sei Dank, Miss!«

      »Reden wir nicht mehr davon!« stieß Isabel hervor. »Ich will vergessen, Bessie, verstehst du? Ich hasse die Männer. Sie sind teuflisch, gemein, grausam und schlecht.«

      »Einige von ihnen sind anders«, sagte Bessie ruhig.

      »Ich glaube es nicht!« rief Isabel leidenschaftlich. »Ich hasse sie alle - alle ohne Ausnahme!«

      III

      »Was soll ich nur tun, Isabel?« fragte Elisabeth zum tausendsten Mal. »Was soll ich tun?«

      Sie wußte, es gab keine Antwort auf ihre Frage. Trotzdem wiederholte Elisabeth sie unablässig, so als ob Isabel mit Hilfe eines Wunders doch noch die Lösung finden könnte. Die ganze Nacht hatten sie miteinander geredet. Zuerst hatte Elisabeth bitterlich geweint, später lag sie bleich und tränenlos auf dem Bett, starrte stumm zur Decke empor und wußte nichts anderes zu tun, als von Zeit zu Zeit immer wieder zu fragen: »Was soll ich nur tun? Was soll ich nur tun?«

      Auch Isabel wußte keinen Rat.

      Tatsächlich war Elisabeths Lage ausweglos. Weder Isabel noch ihre Kusine konnten irgend etwas tun, um sie zu ändern. Und doch wehrte sich in Isabel alles, das Unvermeidliche zu akzeptieren. Beim Anblick Elisabeths und ihrer Verzweiflung konnte sie sich nicht verzeihen, daß sie es unterlassen hatte, die Ärmste von dem, was ihr bevorstand, unverzüglich zu unterrichten. Das hätte wenigstens den Schock ein wenig gemildert, der Elisabeth nun mit unverminderter Härte getroffen hatte.

      Nachdem es Isabel klar geworden war, daß sie nicht länger mit der Mitteilung über das Gehörte warten durfte, war es bereits zu spät gewesen.

      Elisabeth war nach unten geeilt, weil sie die Mutter nicht noch mehr verärgern wollte. Ahnungslos hatte sie den Salon betreten, in dem Lady Cardon auf sie wartete.

      »Oh, da bist du endlich, Elisabeth!« hatte die Herrin von Rowanfield Manor scharf gesagt. »Wie konntest du nur so ungezogen sein, dich von der Party zu entfernen, bevor der Letzte unserer Gäste gegangen war?«

      »Es tut mir schrecklich leid, Mama«, erwiderte Elisabeth zerknirscht. »Ich hatte Angst, das Band von meinem Petticoat sei aufgegangen. Deshalb bin ich nach oben gegangen, um es in Ordnung zu bringen.«

      »Du solltest besser achtgeben«, sagte Lady Cardon und ließ es zur Überraschung ihrer Tochter bei diesem ein wenig geistesabwesend gesprochenen Tadel bewenden.

      Wo ist Mama nur mit ihren Gedanken, fragte sich Elisabeth und atmete erleichtert auf. Sie hatte mit einer geharnischten Standpauke gerechnet und damit, daß ihre Mutter sie danach wieder tagelang mit Mißachtung strafen würde.

      Empfindsam und sanftmütig, wie sie war, litt sie sehr unter der kaltherzigen Mutter und dem tobsüchtigen, herrischen Vater.

      Seltsamerweise traf sie die schweigsame Mißachtung der Mutter jedoch noch tiefer als die körperlichen Züchtigungen des Vaters.

      Lady Cardon war eine große, starkknochige Frau, die in ihrer Jugend einmal hübsch gewesen war. Man fragte sich unwillkürlich, wie sie einem so zarten und feingliedrigen Wesen wie Elisabeth das Leben schenken konnte. Zweifellos hatte das Mädchen ihr gutes Aussehen von Vatersseite geerbt, denn Lord Cardon war ein ungewöhnlich schöner Mann gewesen, bis sein Hang zum Wohlleben und die angeborene Griesgrämigkeit ihren Tribut gefordert hatten.

      Was vor allem zu seiner Verbitterung und seinem ewigen Mißmut beitrug, war die Tatsache, daß er keinen männlichen Erben besaß. Lady Cardon hatte ihm zwar im Laufe ihrer Ehe sechs Kinder geschenkt, aber drei von ihnen waren bereits bei der Geburt gestorben und zwei in frühester Kindheit. Es grenzte fast schon an ein Wunder, daß Elisabeth am Leben geblieben war, aber diesem eigentlich sehr erfreulichen Umstand haftete dennoch ein Makel an. Sie war eben kein Junge, und weder Vater noch Mutter würden der Tochter das falsche Geschlecht jemals verzeihen.

      Während die kleinen, ein wenig vorstehenden Augen Lady Cardons auf Elisabeth ruhten, lag nicht der kleinste Ausdruck von Zuneigung darin.

      »Dein Hut ist verrutscht«, sagte sie tadelnd. »Und deine Brosche hat sich gelöst.«

      »Tut mir leid, Mama«, entschuldigte sich Elisabeth und versuchte mit zitternden Fingern, beide Dinge gleichzeitig in Ordnung zu bringen.

      Lady Cardon wartete, bis sie fertig war. Dann eröffnete sie ihr: »Dein Vater wünscht, dich in der Bibliothek zu sprechen. Geh jetzt sofort zu ihm.«

      Elisabeths Augen verrieten Erstaunen, und ihre Lippen öffneten sich, als wollte sie etwas fragen. Doch dann schien sie sich zu sagen, daß sie sowieso keine vernünftige Antwort erhalten würde. Gehorsam knickste sie und ging zur Tür.

      Lady Cardon blickte ihr nach, bis sie ihren Augen entschwunden war. Dann trat sie, ohne daß sich ihr Gesichtsausdruck veränderte, ans Fenster, von dem aus sie die Diener beobachten konnte, die auf dem Rasen Ordnung schafften und große Tabletts voll benutzter Gläser aus dem Zelt ins Haus trugen.

      Inzwischen war Elisabeth vor der Bibliothek angelangt. Ihre Hände zitterten, als sie den Türgriff niederdrückte.

      Zu ihrer Überraschung hörte sie den Klang mehrerer Stimmen und sah, daß ihr Vater nicht allein war.

      Keine Zurechtweisung also, dachte sie aufatmend. Für sie und Isabel gab es nichts Schlimmeres, als in die Bibliothek gerufen zu werden. Noch nie hatten sie diesen Raum ohne Herzklopfen und ohne ein Gefühl der Angst betreten.

      Und wenn die beiden Mädchen sich die Hölle vorstellten, dann stets als einen riesigen Raum, dessen Wände voller Bücher standen und der mit wuchtigen lederbezogenen Sofas und Sesseln ausgestattet war.

      Elisabeth war so leise eingetreten, daß ihr Vater sie erst bemerkte, als sie nur wenige Schritte vom Kaminplatz


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