Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
nicht bewegen. Schon die kleinste Bewegung hätte ihn verraten. Tatjanas untrügliches Gespür für ihre Umwelt war legendär und manchmal sogar unheimlich.
Doch es war zu spät. Dannys unregelmäßige Atemzüge hatten ihn verraten. Tatjana holte zum ultimativen Schlag aus.
»Janine bereitet inzwischen die Überraschung vor, die wir uns für dich ausgedacht haben.«
In diesem Moment konnte Danny nicht länger an sich halten.
»Überraschung?« Er setzte sich kerzengerade im Bett auf und starrte Tatjana an. »Sag bloß, du hast deine sagenumwobene Prinzregententorte für mich gebacken?« Allein beim Gedanken an diese Köstlichkeit, die nur zu ganz besonderen Anlässen auf den Tisch kam, lief ihm das Wasser im Mund zusammen.
»Ach, sieh mal einer an.« Sie lächelte maliziös auf ihn hinab. »Du bist ja doch wach!«
»Gerade erst aufgewacht«, versprach Danny und hob die Hand zum Schwur, nicht ohne die Zehen zu überkreuzen.
»Überleg dir gut, was du tust!« Mit einem Ruck zog Tatjana die Bettdecke weg. Streng deutete sie auf seine Zehen. »Du bist gerade dabei, deine Überraschung zu verspielen.«
»O bitte, Jana, es ist so früh.« Verzweifelt flehte Danny um Gnade. »Da kann noch kein vernünftiger Mensch solche Diskussionen führen.«
Er stopfte sich das Kissen in den Rücken und lehnte sich zurück. »Warum hast du mich überhaupt schon aufgeweckt?«
»Weil das vermutlich das letzte Mal in unserer Beziehung ist, dass wir gemeinsam frühstücken werden.«
Danny fiel von einem Schrecken in den nächsten.
»Verlässt du mich? Schon wieder? Was habe ich denn diesmal getan?«, stellte er panisch eine Frage nach der anderen.
»Du bist ab heute alleiniger Chef der Praxis Dr. Norden. Realistisch, wie ich bin, weiß ich, dass deine Zeit in Zukunft knapp bemessen sein wird.« Mit verschränkten Armen stand sie vor dem Bett und sah zu ihm hinunter. »Deshalb wollte ich noch einmal die Ruhe mit dir genießen. Komm!« Sie wollte sich umdrehen, als sie fühlte, wie sie an der Hand gepackt wurde. Wenige Augenblicke später fand sie sich rücklings auf der Matratze wieder. Danny kniete über ihr und funkelte sie belustigt an.
»Realistisch, wie du bist, hättest du wissen müssen, dass ich deinen Plan vereiteln werde.« Er beugte sich über sie und küsste sie, dass ihr Widerstand schmolz wie Schnee in der Sonne. Als er sich von Tatjana gelöst hatte, betrachtete er sie nachdenklich. »Du machst dir doch nicht wirklich Sorgen?«, stellte er die naheliegende Frage.
Das übermütige Blitzen in Tatjanas Augen verschwand.
»Ehrlich gesagt schon ein bisschen.« Sie versetzte Danny einen Schubs und rollte sich zur Seite.
»Aber das musst du nicht. Dad ist doch schon seit ein paar Wochen nicht mehr in der Praxis. Hat sich deshalb etwas an meinen Arbeitszeiten geändert?«
»Bis jetzt nicht«, räumte Tatjana ein. »Aber erstens war es eine ruhige Zeit. Und zweitens ist er immer in die Praxis gekommen, um dich zu unterstützen, wenn Not am Mann war. Das wird in Zukunft nicht mehr möglich sein.«
Danny unterdrückte ein Seufzen. Auf keinen Fall sollte Tatjana denken, dass er sie nicht ernst nahm.
»Du darfst nicht vergessen, dass ich immer mehr Routine bekomme. Und außerdem: Schau dir Mum und Dad an. Jahrelang war mein Vater der einzige Arzt in der Praxis. Und trotzdem ist es ihnen gelungen, ihre Beziehung zu pflegen.«
»Aber deine Mutter hat viele Jahre nicht gearbeitet. Ich dagegen habe einen Job mit unmöglichen Arbeitszeiten.«
»Und meine Mutter hatte fünf Kinder mit unmöglichen Schlafgewohnheiten«, konterte Danny und streckte die Hand aus, um Tatjana über die Wange zu streicheln.
In einem Anfall von Zärtlichkeit hielt sie sie fest und küsste sie, nur um sie im nächsten Moment fallen zu lassen wie eine heiße Kartoffel.
»Was machst du da mit mir, Danny Norden junior?«, fragte sie in gespielter Empörung und stand endgültig auf. »Ich bin viel zu nett. So hält man auf Dauer keinen Mann.«
»Mann nicht. Du schon«, witzelte er und rollte sich aus dem Bett. »Komm, lass uns frühstücken. Wenn du depressiv wirst, ist meist der Hunger daran schuld.« Gut gelaunt nahm er sie an der Hand und zog sie mit sich in die Küche, wo sie schon ein fürstliches Frühstück vorbereitet hatte. Auch wenn sie kein zärtlicher Mensch war, bewies sie Danny mit diesen Gesten immer wieder, wie wichtig er ihr war. Wie unerschütterlich sie zu ihm stand und an ihn glaubte. Niemals würde er sie enttäuschen. Auch nicht als alleiniger Chef der Praxis Dr. Norden. Und falls es doch einmal zu Problemen kommen sollte, wusste er, an wen er sich wenden konnte. Solange Danny denken konnte, waren ihm seine Eltern als leuchtendes Beispiel vorangegangen, und er wollte nichts weniger, als in ihre Fußstapfen zu treten.
»Aber über die Anzahl der Kinder müssen wir uns noch unterhalten«, unterbrach Tatjana seinen Gedankengang.
Danny stutzte einen Moment.
»Kannst du Gedanken lesen?« Da war sie wieder, ihre unheimliche Sensibilität.
»Hab ich von deiner Mum gelernt.« Sie zwinkerte ihm zu. Gleichzeitig griff sie nach einem Croissant, bestrich es mit Butter und schob es ihm in den Mund.
*
»Halt, warte! So kannst du unmöglich in die Klinik gehen!« Als Daniel Norden Anstalten machte, das Esszimmer zu verlassen, sprang seine Frau Felicitas vom Stuhl auf und lief ihm nach.
Sie erwischte ihn an der Hand und drehte ihn zu sich herum. »Was hast du denn mit der Krawatte angestellt?« Kopfschüttelnd nestelte sie am Knoten und schob ihn zurecht.
»Schlimm genug, dass ich überhaupt so ein Ding tragen muss.« Dr. Norden versteckte seine Nervosität hinter einer gehörigen Portion Unwillen. »Dabei bin ich nur deshalb Arzt geworden, damit ich keine Krawatte tragen muss.«
»Pech gehabt, mein Lieber. Daran wirst du dich als Direktor einer Klinik gewöhnen müssen.« Fee schob ihn ein Stück von sich und betrachtete zufrieden ihr Werk.
»Wieso? Jenny hat doch auch keine getragen«, witzelte er.
Spontan stellte sich Felicitas auf die Zehenspitzen und küsste ihren Mann.
»Keine Angst, mein Schatz. Das heute ist doch nur noch eine Formalität. Faktisch bist du doch schon seit Wochen Chef der Behnisch-Klinik.«
»Trotzdem ist es etwas anderes. Du als Psychologin müsstest das doch eigentlich wissen.«
»Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Und das nur halb«, korrigierte sie ihn. »Wartest du auf mich? Dann fahre ich gleich mit dir mit.«
»Wolltest du nicht unterwegs noch bei Tatjana vorbei schauen? Dafür habe ich keine Zeit.«
»Nicht nötig. Sie unterstützt Lenni heute im Klinikkiosk und bringt mir die Sachen gleich mit.«
»Welche Sachen?« Daniel betrachtete seine Frau mit schief gelegtem Kopf.
»Seit wann bist du so neugierieg? Das war doch bisher keine deiner hervorstechenden Eigenschaften.«
Er zwinkerte ihr zu.
»Schön, dass ich dich immer noch überraschen kann.«
»Auch das ist ein Grund, warum ich dich so liebe.« Fees zärtlicher Blick ruhte auf ihrem Mann, ehe er sie sehr unromantisch daran erinnerte, dass es höchste Zeit wurde, sich endlich auf den Weg zu machen.
»Schließlich will ich nicht gleich an meinem ersten Tag zu spät kommen.« Er schlüpfte in den Mantel, griff nach den Autoschlüsseln und trat hinaus in den noch jungen Morgen. Vor der Tür blieb er stehen und atmete tief ein. Die Luft war frisch und kühl. Die Eiseskälte der vergangenen Wochen hatte den Widerstand endlich aufgegeben und sich in höhere Lagen verzogen. Fröhlich zwitschernd begrüßten die Vögel die Ahnung von Frühling. War der Himmel an den vergangenen Tagen noch trüb