Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
ja wie die Sonne persönlich«, bemerkte sie argwöhnisch. »Sag bloß, du hast dich in den Arzt verguckt?«
»Ach was!« Schnell winkte Marita ab. »Erstens ist er viel zu jung für mich. Und zweitens hat er seine Traumfrau im Internet kennengelernt.«
»Ein Arzt treibt sich auf so einem Portal herum?« Renate lachte ungläubig. »Der ist mit Sicherheit alles andere als sozial gestört. Ich denke, du kannst deine Feldversuche einstellen und Elvira sagen, dass sie mit ihrem Verdacht falsch liegt.«
»Ich weiß.« Marita bedankte sich, als Renate ihr die Tür aufhielt, und trat nach draußen in den milden Frühlingsabend. »Außerdem muss ich die Karten auf den Tisch legen und meinem Flirt die Wahrheit schreiben.«
Mit einem Mal klang sie so bedrückt, dass Renate Mitgefühl hatte.
»Wer weiß. Vielleicht beeindruckt ihn deine Ehrlichkeit ja und er will dich trotzdem treffen.«
»Das glaube ich nicht.« Marita seufzte. »Trotzdem bin ich diesem Traummann das schuldig.«
Dem war nichts hinzuzufügen, und die beiden Freundinnen machten sich auf den Nachhauseweg, nicht ohne vorher noch einen Abstecher ins Café ›Schöne Aussichten‹ zu machen. Dort gab es nicht nur den besten Kuchen, sondern auch die beste heiße Schokolade der Stadt. Einen besseren Seelentröster konnte sich Marita kaum wünschen.
*
Nachdem Danny dafür gesorgt hatte, dass die Blutproben von Bertram Quadt und Nicole Ursprung ins Labor gebracht wurden, machte er sich auf die Suche nach Alexa. Er fand sie nicht im Aufenthaltsraum und vermutete sie daher auf der Intensivstation. Doch dort entdeckte er nur Nicole Ursprung. Er blieb in der Tür stehen und beobachtete sie. Obwohl er nur ihr Profil erkennen konnte, bemerkte er ihre Ergriffenheit. Zum ersten Mal seit zehn Jahren hielt und streichelte sie die Hand ihres Kindes. Danny konnte nur erahnen, was in ihr vorging. Um sie nicht zu stören, löste er sich von dem Anblick und setzte seine Suche fort.
Schließlich fand er Alexandra Quadt im Garten der Behnisch-Klinik. Durch eines der großen Fenster hatte er gesehen, wie sie in der Dämmerung spazieren ging.
»Hier stecken Sie!«, bemerkte er, als er sich zu ihr gesellte. »Darf ich ein Stück mit Ihnen gehen?«
»Natürlich.« Sie hielt kurz inne und schenkte ihm ein schüchternes Lächeln. »Ich wundere mich, dass Sie überhaupt noch mit mir reden. Sie müssen mich für einen skrupellosen Menschen halten.«
Einen kleinen, heißen Moment lang fühlte sich Danny Norden wie ertappt. Doch das Gefühl verging schnell wieder. Er hatte kein Recht dazu, über sie zu urteilen.
»Wer frei von Fehlern ist, werfe den ersten Stein«, erwiderte er nachdenklich.
Diesmal lachte Alexandra. »Sie sind ja ein richtiger Philosoph.«
»Mein Deutschlehrer würde Sie jetzt auslachen«, gestand er, während er ihr sie prüfend von der Seite ansah. Sie wirkte erschöpft. »Alles in Ordnung mit Ihnen?«
Alexa antwortete nicht sofort. Mit den Händen in den Jackentaschen wanderte sie neben Danny her über den Kiesweg. Die kleinen Steine knirschten unter ihren Füßen.
»Eigentlich bin ich kein ängstlicher Mensch. Aber im Moment habe ich nur Angst«, gestand sie endlich leise. »Angst um Leo. Angst davor, wenn er zum ersten Mal mit Nicole zusammentrifft. Immerhin ist sie seine Mutter.«
»Leo hat zehn Jahre seines Lebens mit Ihnen verbracht«, gab Danny zu bedenken. »Ich denke nicht, dass sich diese Bindung so schnell zerstören lässt. Ihre Schwester und Leo sind sich fremd. Für Leo sind Sie seine Mutter.«
Abrupt blieb Alexa stehen. Danny drehte sich zu ihr um und sah sie fragend an.
»Und was passiert, wenn er die Wahrheit erfährt?«, stellte sie eine berechtigte Frage. »Er wird mich hassen für das, was ich ihm angetan habe. Er wird sich verraten fühlen und mir vorwerfen, ihn belogen und betrogen zu haben.« Sie nahm ihren Marsch wieder auf. »Und das stimmt ja auch.«
Ein Vogel im Gebüsch erschrak und flatterte auf. Seine empörten Rufe verhallten im Abendrot. Danny Norden sah ihm nach, wie sich seine Silhouette im schwindenden Licht auflöste.
»Mit diesen Vorwürfen werden Sie zurechtkommen müssen.« Diese Sorge konnte er Alexandra nicht nehmen. »Aber ich glaube, dass Kinder ein gutes Gespür haben. Leo wird fühlen, dass Ihre Reue echt ist.«
»Ich wollte ein Kind um jeden Preis.« Plötzlich schluchzte Alexa auf. »Habe nur ganz egoistisch an mich gedacht und nicht an all die anderen, denen ich Schmerzen zufüge.«
Weinende Frauen machten Danny stets hilflos. Es kostete ihn alle Beherrschung, dem Fluchtinstinkt zu widerstehen. Händeringend suchte er nach einem Weg, um die Tränenflut einzudämmen. Schließlich beschloss er, das Thema zu wechseln.
»Im Augenblick ist es doch das Wichtigste, dass Leo überlebt. Alles andere wird sich finden.«
Der Plan des jungen Arztes ging auf. Alexa holte tief Luft und zog ein Taschentuch aus der Jackentasche. Sie ließ sich Zeit damit, die Wangen zu trocknen.
»Sie haben recht«, murmelte sie endlich. »Leos Leben ist das, was zählt. Alles andere ist zweitrangig.«
Sie hatten den Garten durchquert und waren am Anfang angelangt. Danny hielt Alexa die Tür auf. Obwohl die Temperaturen milder wurden, war ihm kalt geworden. Drinnen angekommen, rieb er sich die Hände.
»Wo ist meine Schwester eigentlich?«, erkundigte sich Alexa Quadt und sah sich suchend um.
Danny hielt in der Bewegung inne und sah sie an. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als die Wahrheit zu sagen.
»Frau Ursprung wollte unbedingt zu Leo.«
Alexa schnappte hörbar nach Luft.
»Wie bitte?« Ihre Stimme überschlug sich. Sie sah so aus, als hätte sie sich am liebsten auf Danny gestürzt. »Das haben Sie erlaubt? Ohne mich zu fragen?« Wenn Blicke töten könnten, wäre er auf der Stelle umgefallen.
Inzwischen besaß Danny Norden aber Erfahrung genug, um zu wissen, was eine Ausnahmesituation wie diese aus einem Menschen machen konnte. Entschlossen hielt er ihrem feindseligen Blick stand.
»Ich konnte es ihr nicht verbieten«, antwortete er mit fester Stimme, gespannt darauf, was im nächsten Moment passieren würde, als Alexa auf dem Absatz kehrtmachte und über den Klinikflur davon lief.
Ihre Schritte wurden immer leiser, bis sie schließlich ganz verhallt waren.
*
»Jetzt wird es Zeit, dass der Dienst endlich vorbei ist!« Mit einem sehnsüchtigen Blick auf die Uhr machte sich Schwester Elena daran, den Sterilisator im Schwesternzimmer auszuräumen.
Gerade hatte sich Matthias Weigand zu ihr gesellt. Er schenkte sich eine Tasse Kaffee ein und setzte sich an den Tisch. Ein Teller mit trockenen Keksen stand dort. Er steckte einen davon in den Mund und verzog das Gesicht.
»Direktimport aus der Sahara«, murrte er. Er trank einen Schluck Kaffee nach und zog sein Handy heraus, um seine E-Mails zu kontrollieren und nebenbei ganz schnell einen Blick in die Partnerbörse zu werfen. Vielleicht hatte sich Maria ja endlich gemeldet. »Eigentlich könnte ich meine Wohnung aufgeben. Ich sehe sie sowieso nur stundenweise«, erklärte er, während er auf dem kleinen Gerät herumtippte.
»Deshalb frage ich mich auch, warum du überhaupt nach einer Frau suchst«, erwiderte Elena. Die Scheren und Pinzetten klapperten, als sie sie in den Kasten legte. »Du hast doch eh keine Zeit.« Sie nahm die letzten Bestecke aus dem Sterilisator, legte sie zu den anderen und schloss die Tür des Geräts. Sie wunderte sich über die plötzliche Stille im Raum und drehte sich zu Matthias um. Entgeisterte starrte er auf sein Handy.
»Was ist? Hast du eine unsittliche Nachricht bekommen?«, fragte sie belustigt.
Wortlos schüttelte er den Kopf und reichte ihr das Mobiltelefon. Elena zögerte, ehe sie nach dem Gerät griff.
»Hallo