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Das Geisterschiff. Hubert HaenselЧитать онлайн книгу.

Das Geisterschiff - Hubert Haensel


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      »Was können wir außerdem tun?«, fragte Walter Küber.

      »Nichts«, antwortete Dave Quinger tonlos. »Nur warten. Darauf, dass ein Wunder geschieht.«

      *

      Waren Minuten vergangen, Stunden oder gar Tage? Jack Swensson hatte jegliches Zeitgefühl verloren, als er langsam wieder zu sich kam. Erst ein Blick auf das Chronometer zeigte ihm, dass er höchstens Minuten ohne Bewusstsein gewesen war.

      Einigermaßen erleichtert registrierte er, dass die Beleuchtung wieder funktionierte. Jene seltsame, vollkommen lichtlose Schwärze war verschwunden. Sein Blick wanderte weiter über die Bildschirme …

      … und seine Faust knallte auf den Alarmknopf.

      »Das darf nicht wahr sein!«, keuchte Swensson. In Gedanken sah er die MADELEINE nach wie vor in der Ebene unter dem wolkenverhangenen Firmament. Die Bildschirme zeigten ihm etwas gänzlich anderes.

      Das weiße Licht einer künstlichen grellen Sonne zeichnete scharfe Konturen. Der Erste sah rundum fensterlose wuchtige Gebäude. Ihre Größe schätzte er von der eines Bungalows bis hin zum mehrstöckigen Hochhaus. Dazwischen verliefen kühn geschwungene Straßen. Vereinzelt huschten Fahrzeuge über die Pisten.

      »Eine fantastische Welt«, flüsterte Wilson Kane. »Aber … wo kommt das alles urplötzlich her? Was ist mit uns geschehen?«

      Die MADELEINE stand auf einem ausgedehnten freien Platz. Und, so unglaublich es klingen mochte, niemand schien sich für den Frachter zu interessieren. Keines der vorbeirasenden Fahrzeuge hielt an; niemand stieg aus, um das Raumschiff, das gar nicht in diese fremdartig anmutende Umgebung passen wollte, in Augenschein zu nehmen.

      »Keiner nimmt von uns Notiz«, stellte Swensson ungläubig fest. »Gibt es hier niemanden, der eine gesunde Neugierde entwickelt?«

      Minutenlang sah der Erste Offizier der scheinbaren Geschäftigkeit zu, dann verlor er die Geduld. »Ich werde eine Reaktion erzwingen«, sagte er missmutig. »Immerhin haben wir Möglichkeiten, auf uns aufmerksam zu machen.«

      »Jemand hat uns hierher verschleppt«, gab Kane zu bedenken. »Das geschah bestimmt nicht grundlos. Also werden sich der oder die Unbekannten mit uns in Verbindung setzen. Aus eigener Kraft sind wir jedenfalls nicht in diese Stadt gelangt. Ich frage mich sowieso, ob das noch der wolkenverhangene Planet ist. Allerdings – das klingt schon extrem verrückt.«

      Swensson reagierte mit einem Schulterzucken darauf. Er prüfte die Funktionen seines Schaltpults und aktivierte den Schutzschirm.

      Das heißt, er hatte das tun wollen. Zwei Ereignisse, die fast gleichzeitig geschahen, vereitelten seine Bemühungen. Zum einen reagierte mit peitschendem Knall eine Sicherungsschaltung; alle Projektoren des Schutzschirms waren danach von der Energieversorgung getrennt. Zum anderen setzte ein Fahrzeug wenige Meter neben der Heckschleuse auf. Wilson Kanes warnender Ruf machte den Ersten Offizier darauf aufmerksam.

      »Na also, das wurde Zeit«, sagte Swensson. »Nun werden wir hoffentlich bald erfahren, was hier eigentlich gespielt wird.«

      Nach weiteren langen Minuten des Wartens öffnete sich das Fahrzeug. Optisch sah es aus, als löse sich die obere Rumpfhälfte einfach auf. Ein silbern gekleidetes Wesen wurde sichtbar.

      »Ein Mensch?«, rief jemand überrascht.

      Mit einem eleganten Satz sprang der Fremde aus dem Fahrzeug und schritt näher an die MADELEINE heran.

      Die Optiken holten ihn nahe heran. Ein markantes, hart wirkendes Gesicht blickte von den Bildschirmen in der Zentrale herab. Der Fremde hätte durchaus ein Mensch sein können. Nur die breite, weit vorspringende Nase und die schimmernden, tief in den Höhlen liegenden Augen störten den Eindruck und verliehen ihm einen unirdischen Einschlag. Sein Blick hatte etwas Zwingendes.

      »Dem zeige ich, dass man so nicht mit uns umspringen darf!«, tönte es schrill durch die Zentrale. »Ich habe den Kerl im Fadenkreuz.«

      »Nein!« Swensson schwang mitsamt seinem Sessel herum und hechtete geradezu zu der benachbarten Kontrollkonsole. Er schlug die Hand des »Verrückten« beiseite, der soeben im Begriff war, das Bordgeschütz auszulösen.

      Ein unerwarteter Konter trieb dem Ersten die Luft aus den Lungen. Er setzte trotzdem nach und ließ die Fäuste vorschnellen. Die Abwehrreaktion des Gegners kam zu spät, ächzend ging er zu Boden.

      Swensson schüttelte sich ab. »Dan Henderson!«, schnaufte er. »Ich hätte mir denken können, dass er Schwierigkeiten macht – ein aufgeblasener Spund, der in den zwei Monaten bei uns an Bord nichts dazugelernt hat.« Er musterte den am Boden Liegenden mit einem wütenden Blick.

      »Wer außer Henderson hat Lust, uns alle umzubringen?«, fragte er aufgebracht. »Solange wir nicht wissen, wer die Fremden sind, was sie von uns wollen und vor allem, was sie können, will ich keinen von uns mit einer Waffe in der Hand sehen. Ich hoffe, das ist eindeutig.«

      Mehrere Männer nickten betreten.

      »Was machen wir nun mit dem da draußen?« Der silbern Gekleidete stand vor der Schleuse. Seine Haltung verriet unmissverständlich, dass er an Bord kommen wollte.

      »Ich habe nicht vor, ihn daran zu hindern«, sagte Swensson. »Ist jemand anderer Meinung?«

      Der Fremde machte eine herrische Geste. Nicht nur, dass er sehr genau zu wissen schien, wo die optische Überwachung verborgen war, seine Handbewegung verriet Ungeduld.

      »Wilson, du begleitest mich!«, bestimmte Swensson.

      Im Laufschritt verließ er die Zentrale. Aus dem Augenwinkel sah er, dass Henderson sich wieder aufrichtete, aber schon glitt das Schott hinter ihm und Wilson Kane zu.

      »Musstest du so hart mit dem Jungen umspringen?«, fragte der Techniker zögernd, während sie im Antigravschacht nach unten schwebten.

      »Geschossen wird nur, falls die Sicherheit des Schiffes oder seiner Besatzung es erfordert. Beides war nicht der Fall. Wir hätten in Teufels Küche kommen können.«

      Swensson war keineswegs nachtragend. Trotzdem nahm er sich vor, Henderson künftig besonders im Auge zu behalten. Der junge Techniker hatte sich entschieden zu viel herausgenommen.

      Sie öffneten die Schleuse. Swensson hielt dem Fremden seine leeren Handflächen entgegen ‒ eine Geste, die der Andere nicht erwiderte.

      »Ich nehme an, Sie können uns nicht verstehen«, sagte der Erste betont langsam und deutlich. »Leider haben wir an Bord unseres Frachters keinen schon auf Ihre Sprache programmierten Translator.«

      Der Fremde schwieg. Von Swensson glitt sein Blick zu Kane und huschte dann durch die enge Schleusenkammer. Nichts schien dabei seiner Aufmerksamkeit entgehen zu können.

      Das Innenschott stand offen. Dahinter verlief nur der breite, leere Korridor, der zum Antigravschacht und den Laderäumen führte. Weil der Fremde einige hastige Schritte vorwärts machte, sah Kane sich gezwungen, ihm den Weg zu versperren.

      Erst jetzt fiel Swensson und Kane auf, dass das, was sie für eng anliegende Kleidungsstücke gehalten hatten, eher wie eine zweite Haut war, die sich glatt und faltenfrei anschmiegte. Um die zwei Meter maß der Fremde, sie mussten beide zu ihm aufsehen. Und sein Körper war der eines Athleten, breitschultrig und muskulös.

      »Was, was ist …?«, brachte Kane noch über die Lippen, dann wischte ihn ein wuchtiger Hieb zur Seite und ließ ihn gegen die Schleusenwand prallen. Ein stechender Schmerz im Brustkorb raubte ihm beinahe die Besinnung.

      »Wilson!« Swenssons Aufschrei vermischte sich mit dem Poltern wuchtiger Schritte. Der Fremde eilte quer durch die große Schleusenkammer.

      Übergangslos hielt der Erste Offizier den Laser in der Hand. Der blitzschnellen Reaktion des Fremden hatte er jedoch nichts entgegenzusetzen. Ein Hieb traf ihn, bevor er die Waffe einsetzen konnte.

      Ohnmächtiger Zorn begleitete Swensson hinüber ins Reich der Träume.

      *

      


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