Die Propeller-Insel. Jules VerneЧитать онлайн книгу.
kurz mit allem, was zur gewöhnlichen Küche gehört.
Gern wären sie schon draußen im freien Lande gewesen, um zu sehen, was dieses eigenartige Gebiet an Korn, Weizen, Hafer, Mais, Gerste, Buchweizen und anderen Körnerfrüchten hervorbrachte.
Dagegen zeigt sich eine große Werksanlage, deren eiserne Schornsteine die niedrigen, mit mattem Glas eingedeckten Dächer daneben überragen. Die von eisernen Stangen gehaltenen Schornsteine gleichen denen eines Dampfers, eines »Great Eastern«, dessen mächtige Schrauben von hunderttausend Pferdekräften bewegt werden, nur mit dem Unterschiede, dass ihnen statt des schwarzen Rauches nur dünne Wölkchen entsteigen, die die Luft nicht im mindesten verunreinigen.
Diese Anlage bedeckt eine Fläche von zehntausend Quadratyards, also fast einen Hektar. Es ist das erste industrielle Etablissement, das dem Quartett, seitdem es unter Führung des Amerikaners seine »Ausflüge macht«, hier vor Augen gekommen ist.
»Ah, was für eine Anlage ist das?« fragt Pinchinat.
»Eine Fabrik mit Petroleum-Verdampfungsapparaten«, antwortet Calistus Munbar, dessen spitziger Blick die Gläser seines Binokels zu durchbohren droht.
»Und was erzeugt man in dieser Fabrik?«
»Elektrische Energie für den Park, das Feld und überhaupt für die ganze Stadt, wo sie in Kraft umgesetzt wird. Diese Werkstätten liefern auch den Strom für unsere Telegrafen, Telautografen, Telefone, Telefote, für die Klingeln und Küchenöfen, die Arbeitsmaschinen, Bogen- und Glühlampen, für unsere Aluminiummonde und unterseeischen Kabel …«
»Ihre unterseeischen Kabel?« fällt Frascolin lebhaft ein.
»Gewiss, für die, die die Stadt mit verschiedenen Stellen der amerikanischen Küste verbinden …«
»Und dazu war es nötig, ein so ungeheures Werk zu errichten?«
»Das will ich meinen, bei unserem großen Verbrauch an elektrischer … und auch an moralischer Energie!« erwidert Calistus Munbar. »Glauben Sie mir, meine Herren, es hat einer unberechenbaren Dosis von letzterer bedurft, um diese unvergleichliche, in der Welt ohne Rivalin dastehende Stadt zu gründen!«
Weithin in der Umgebung hört man das dumpfe Getöse aus dem riesigen Werke, das mächtige Abblasen des Dampfes, das Stoßen der Maschinen, und fühlt man ein Zittern des Erdbodens als Beweis für die ungeheure Kraft, die alles übertrifft, was in der modernen Industrie bisher geleistet worden ist. Wer hätte ahnen können, dass eine solche Kraft zur Bewegung der Dynamos und zur Ladung der Akkumulatoren nötig gewesen wäre?
Der Wagen rollt weiter und hält nach etwa einer Viertelmeile Weges an der Station beim Hafen. Alle steigen aus, und ihr Führer, der wie immer von Lobpreisungen überfließt, geleitet sie nach den Kais, an denen Niederlagen und Docks errichtet sind. Der Hafen bildet ein Oval, geräumig genug, um etwa ein Dutzend Seeschiffe aufzunehmen. Es ist mehr ein Bassin als ein Hafen, das durch zwei auf Eisengerüsten ruhenden Piers gebildet und an jeder Seite mit einem kleinen Leuchtturm ausgestattet ist, um das Einlaufen von Schiffen zu jeder Zeit zu ermöglichen.
Heute liegen in dem Bassin nur ein halbes Dutzend Dampfer, wovon die einen Petroleum zuführen, die anderen Vorräte für den täglichen Bedarf gebracht haben, und außerdem einige mit elektrischen Apparaten versehene größere Boote, die zum Fischfang auf hoher See verwendet werden.
Frascolin beobachtet, dass der Eingang zum Hafen nach Norden zu liegt, und schließt daraus, dass er das nördliche Ende einer jener Landspitzen einnehmen muss, die sich von der Küste Nieder-Kaliforniens in den Stillen Ozean hinaus erstrecken. Er bemerkt auch, dass die Meeresströmung mit ziemlicher Intensität nach Osten hin verläuft, weil sie am Unterbau der Piers wie die an die Planken eines segelnden Fahrzeuges anklatschenden Wellen anschlägt – offenbar eine Wirkung der steigenden Flut, obwohl die Gezeiten an den Westküsten Amerikas nicht eben stark auftreten.
»Wo ist denn nun der Fluss, über den wir gestern mit dem Fährschiffe gekommen sind?« fragt Frascolin.
»Dem wenden wir jetzt den Rücken zu«, begnügt sich der Yankee zu antworten.
Nun gilt es aber, mit der Zeit zu geizen, wenn die Gesellschaft noch zur Stadt zurückkehren will, um den Zug nach San Diego zu benützen.
Sébastien Zorn erinnert Calistus Munbar daran, und dieser erwidert:
»Fürchten Sie nichts, liebe Freunde, wir haben Zeit genug. Die Trambahn befördert uns, nachdem wir am Ufer entlanggegangen sind, zur Stadt zurück. Sie hatten den Wunsch ausgedrückt, einen Überblick über diese Gegend zu haben, und vor Ablauf einer Stunde werden Sie den vom Turme des Observatoriums aus genießen können.«
»Sie stehen also dafür ein …«, begann der Violoncellist noch einmal.
»Ich stehe dafür ein, dass Sie morgen bei Sonnenaufgang nicht mehr da sein werden, wo Sie augenblicklich sind!«
Mit dieser etwas erkünstelten Antwort mussten sie sich wohl oder übel begnügen. Übrigens quält Frascolin die Neugier vielleicht noch mehr als die anderen. Es verlangt ihn, auf jenem Turm zu stehen, von wo aus der Blick nach Aussage des Amerikaners sich über einen Horizont von wenigstens hundert Meilen Umfang erstreckt. Erlangte man dadurch keine Klarheit über die geographische Lage dieser merkwürdigen Stadt, so musste man wohl für immer darauf verzichten.
Am hintern Teile des Hafenbassins mündet eine andere Trambahn, die längs des Meeres hin verläuft. Der abgehende Zug besteht aus sechs Wagen, in denen schon viele Fahrgäste sitzen. Diese Wagen werden von einer elektrischen Lokomotive gezogen, deren Akkumulatoren eine Kapazität von zweihundert Volt-Ampere haben, und ihre Geschwindigkeit erreicht achtzehn Kilometer in der Stunde.
Calistus Munbar nötigt das Quartett einzusteigen, und unsere Pariser konnten glauben, dass der Trambahnzug nur auf sie gewartet hätte.
Was sie von der Landschaft zu sehen bekommen, unterscheidet sich wenig von dem Parke, der sich zwischen Stadt und Hafen ausdehnt. Derselbe ebene und sorgfältig unterhaltene Erdboden. Grüne Wiesen und Felder statt der Rasenflächen, das ist alles; Gemüsepflanzungen,