Ulysses. James JoyceЧитать онлайн книгу.
weiss?» sagte er. «Wer lernen will, muss demütig sein. Aber der grosse Lehrer ist das Leben.»
Wieder raschelten die Blätter in Stephans Hand. «Um hierauf nochmal zurückzukommen», fing er an.
«Ja», sagte Deasy. «Sie haben da zwei Abschriften. Wenn Sie die beide zu gleicher Zeit erscheinen lassen könnten.»
Telegraph. Irish Homestead.
«Ich will’s versuchen», sagte Stephan. «Morgen gebe ich Ihnen Bescheid. Ich kenne oberflächlich zwei Redakteure.»
«Das wird genügen», sagte Deasy munter. «Gestern abend schrieb ich an Herrn Field, M. P. Im City Arms Hotel ist heute eine Versammlung des Viehhändlervereins. Ich habe ihn gebeten, der Versammlung meinen Brief vorzulegen. Versuchen Sie, ihn in beiden Zeitungen unterzubringen. Welche sind es denn? » «The Evening Telegraph. . . .»
«Sehr schön», sagte Deasy. «Es eilt aber. Jetzt muss ich noch den Brief meines Vetters beantworten.»
«Guten Morgen, Herr», sagte Stephan und steckte die Blätter in die Tasche. «Vielen Dank.»
«Keine Ursache», sagte Deasy und suchte in den Blättern auf seinem Tische.« Trotz meines Alters breche ich gern mit Ihnen eine Lanze.» «Guten Morgen, Herr», sagte Stephan und verbeugte sich vor seinem gebeugten Rücken.
Er ging hinaus durch den offenen Torbogen, über den Kiespfad unter den Bäumen, hörte vom Spielplatz her schreiende Stimmen und Krachen der Schlaghölzer. Als er durch das Tor ging, sah er die auf Pfeilern liegenden Löwen; zahnlose Schrecken. Doch will ich ihm in seinem Kampfe helfen. Mulligan wird mir zwar einen neuen Namen geben: der ochsenfreundliche Barde. «Herr Dädalus!»
Er läuft hinter mir her. Hoffentlich nicht noch andere Briefe. «Noch einen Augenblick.»
«Ja, Herr», sagte Stephan und ging ans Tor zurück.
Deasy blieb stehen; er atmete schwer und japste. «Ich wollte Ihnen nur noch was sagen», meinte er. «Irland hat bekanntlich die Ehre, das einzige Land zu sein, das nie die Juden verfolgte. Ist Ihnen das bekannt? Nein. Und wissen Sie warum?» Er sah mit gerunzeltem Gesicht in die frohe Helle.
«Und warum denn?» fragte Stephan, der anfing zu lächeln. «Weil es sie nie ins Land liess», sagte Deasy feierlich.
Ein hustenbelliges Lachen sprang ihm aus dem Halse, löste eine rasselnde Schleimkette. Er wandte sich schnell um, hustete, lachte, seine erhobenen Arme flatterten in der Luft.
«Liess sie nie rein», rief er wieder durch sein Gelächter, als er jetzt mit den Gamaschenbeinen über den Kiesweg stapste.«Deswegen.» Und durch das bunte Gewimmel der Blätter warf die Sonne auf seine weisen Schultern Goldflimmer, tanzende Geldstücke.
Unentrinnbare Modalität des Sichtbaren: das mindestens, wenn nicht mehr, durch meine Augen gedacht. Signaturen von allerlei Dingen muss ich hier lesen: Seelaich und Seetang, die sich nähernde Flut, dieser rostfarbene Stiefel. Rotzgrün, silberblau, rost: gefärbte Zeichen. Grenzen des Diaphanen. Aber er fügt hinzu: in Körpern. Dann erkannte er ihre Körperlichkeit, bevor er ihre Farbe erkannte. Wie? Dass er sich den Schädel dagegen stiess, gewiss. Langsam. Kahl war er und Millionär, maestro di color che sanno. Grenze des Diaphanen in. Warum in? Diaphan, adiaphan. Kann man die fünf Finger hindurchstrecken, ist es ein Tor, wenn nicht, eine Tür. Schliesse die Augen und sieh.
Stephan schloss seine Augen, wollte hören, wie seine Stiefel krachend Muscheln und Tang zermalmten. Irgendwieso gehst du hindurch. Ich tue es, ein Schritt auf einmal. Ein sehr kurzer Raum der Zeit durch sehr kurze Zeiten des Raumes. Fünf, sechs: das nacheinander. Genau: und das ist die unentrinnbare Modalität des Hörbaren. Öffne deine Augen. Nein. Jesus! Fiele ich über eine Klippe, die beetles o’er his base, fiele ich unentrinnbar durch das nebeneinander. Ich finde mich im Dunkeln ganz gut zurecht. Mein Eschenschwert hängt mir an der Seite. Tappe mit ihm: sie tun es. Meine zwei Füsse in seinen Stiefeln sind am Ende seiner Beine, nebeneinander. Klingt feste: geschaffen durch den Holzhammer des Los Demiurgos. Gehe ich den Sandymount-Strand entlang in die Ewigkeit? Krach, krich, krach. Geld der wilden See. Schulmeister Deasy kennt die all’.
Kommst du mit nach Sandymount,
Madeline, die Stute?
Rhythmus beginnt, siehst du. Ich höre. Ein katalektischer Tetrameter aus marschierenden Jamben. Nein, Imgalopp, deline die Stute.
Öffne jetzt deine Augen. Ich will. Einen Augenblick. Ist seitdem alles verschwunden? Wenn ich sie öffne und mich für immer in dem dunklen Adiaphanen befinde. Basta! Ich will sehen, ob ich sehen kann.
Sieh jetzt. Dort die ganze Zeit über ohne dich: und ewig soll sein endlose Welt.
Vorsichtig kamen sie die Stufen von Leahy’s terrace hinunter, Frauenzimmer: und den abschüssigen Strand hinunter, schlapp, ihre verrenkten Füsse sinken in den schlammigen Sand. Wie ich, wie Algy, auf dem Wege zu unserer mächtigen Mutter. Nummer eins schwang schwer ihre Hebammentasche, die Musspritze der anderen stiess in den Strand; aus der Stadtfreiheit, auf Urlaub. Frau Florence MacCabe, Hinterbliebene des verstorbenen Patk MacCabe, tief betrauert, aus der Bride Street. Eine aus ihrer Schwesterschaft zerrte mich quietschend ins Leben. Schöpfung aus dem Nichts. Was hat sie in der Tasche? Eine Missgeburt mit schlappender Nabelschnur, in rötliche, beruhigende Wolle verpackt. Die Schnüre aller sind rückwärts vergliedert, geflochtenes Kabel allen Fleisches. Deshalb mystische Mönche. Wollt ihr sein wie Götter? Blickt in euren Omphalos. Hallo! Hier Kinch. Verbinden Sie mich mit Edenville. Aleph, Alpha: null, null, eins.
Gattin und Gefährtin des Adam Kadmon: Heva, nackte Eva. Sie hatte keinen Nabel. Sieh. Unbefleckter Bauch, schwellend dick, ein Schild aus strammem Pergament, nein, weissgehäuftes Korn, östlich und unsterblich, von Ewigkeit zu Ewigkeit. Leib der Sünde. In sündiger Dunkelheit wurde auch ich ausgetragen, gemacht und nicht gezeugt. Von ihnen, dem Mann mit meiner Stimme und meinen Augen und einem Geisterweib, dessen Atem nach Asche riecht. Sie umschlangen sich, trennten sich, taten des Kupplers Willen. Von Ewigkeit her wollte Er mich und kann mich jetzt nicht für alle Ewigkeit wieder vernichten wollen. Eine lex eterna steht um Ihn. Ist das denn die göttliche Substanz, in der Vater und Sohn consubstantiell sind? Wo ist der arme gute Arius, um Schlüsse zu versuchen? Sein Leben lang kämpfte er herrlich gegen die Lehre von der Contransmagnificenzjudebangtantialität. Häresiarch, über dem ein böser Stern steht. Auf einem griechischen Wasserklosett hauchte er sein Leben aus: euthanasia. Mit perlengeschmückter Mitra und Krummstab, auf seinem Thron sicher sitzend, Witwer eines verwitweten Bischofssitzes, mit hochgestreiftem Omophorion, mit beschmiertem Hintern.
Wind umtobte ihn, schneidender, scharfer Wind. Sie kommen, Wogen. Die weissmähnigen Seehengste, beissend, hellwindgezäumt, die Renner des Mananaan.
Ich darf seinen Brief für die Zeitungen nicht vergessen. Und dann? Das Ship, halb eins. Sei nebenbei vorsichtig mit dem Geld wie so’n richtiger Treuendorf. Ja, das muss ich.
Sein Schritt wurde langsamer. Hier. Gehe ich nun zu Tante Sara oder nicht? Meines consubstantiellen Vaters Stimme. Hörtest du nicht kürzlich von deinem Künstler Bruder Stephan? Nein? Sicher, dass er nicht unten in Strasburg terrace bei seiner Tante Sally ist? Konnte er denn nicht ein wenig höher fliegen, was? Und und und und, Stephan, erzähle uns doch, wie es Onkel Si geht. O, drucksender Herrgott, wohin bin ich geraten? Die Jungens oben auf dem Heuboden. Der betrunkene, kleine Bureauvorsteher und sein Bruder, der Cornetbläser. Sehr feine Herren. Und der schielende Walter, der seinen Vater immer nur herrzt, immer nur so. Herr. Ja, Herr. Nein, Herr. Jesus weinte: und kein Wunder, bei Christus.
Ich ziehe die schnaubende Glocke an ihrer fensterladigen Hütte: und warte. Sie halten mich für einen Gerichtsboten, äugeln vorsichtig, ohne dass ich sie sehen kann.
«Es ist Stephan, Herr.»
«Lass ihn rein. Lass Stephan rein.»
Ein Riegel wird zurückgeschoben, und Walter bewillkommnet mich.
«Wir dachten, du wärest jemand anders.»
In seinem breiten Bett liegt