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Die Abenteuer des Huckleberry Finn. Mark TwainЧитать онлайн книгу.

Die Abenteuer des Huckleberry Finn - Mark Twain


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Geld bekam, hat er sich besoffen; und jedesmal, wenn er besoffen war, machte er nen Riesenkrach im Dorf; und jedesmal, wenn er Krach machte, haben sie ihn eingesperrt. Das war ihm grade recht – so ein Leben gefiel ihm.

      Er ist jetzt gar zu viel ums Haus von der Witwe rumgelungert, und irgendwann hat sie ihm gedroht, wenn er’s nicht sein ließe, mach sie ihm Ärger. Also, war der wütend! Er würd ihr zeigen, schimpfte er, wer hier der Herr von Huck Finn ist. Und eines Tags im Frühling lauert er mir auf, packt mich, nimmt mich in nem Boot drei Meilen flussauf und setzt über ans Illinois-Ufer, wo’s waldig war und wo’s keine Häuser gab bis auf ne alte Blockhütte; und die war an ner Stelle, wo der Wald so dicht stand, dass man sie nicht finden konnte, wenn man nicht wusste, wo sie lag.

      Die ganze Zeit behielt er mich bei sich, und nie fand ich ne Gelegenheit, abzuhauen. Wir wohnten in der alten Hütte, und nachts schloss er immer die Tür ab und legte den Schlüssel unter seinen Kopf. Er hatte ne Flinte, die er vermutlich gestohlen hatte, und wir fischten und jagten, und davon haben wir gelebt. Ab und zu hat er mich eingesperrt, fuhr drei Meilen flussab zu dem Laden an der Fähre, tauschte Fisch und Wild gegen Whisky, brachte ihn nach Haus, soff sich genüsslich nen Rausch an, und dann hat er mich versohlt. Die Witwe, die hat dann doch noch rausgefunden, wo ich steckte; sie schickte einen Mann rüber, der mich ergreifen sollte, aber Pap hat ihn mit der Flinte verjagt. Nicht lange, da war ich an mein Leben hier gewöhnt und hatte Spaß dran – bis auf die Sache mit den Prügeln.

      Das war schon lustig und bequem, den ganzen Tag rumzufaulenzen, zu rauchen und zu fischen – ohne Bücher und Büffeln. Zwei Monate oder noch mehr gingen rum, meine Kleider waren jetzt ganz zerlumpt und verdreckt, und ich verstand gar nicht mehr, wie mir’s bei der Witwe jemals so gut gefallen konnte, wo man sich waschen und vom Teller essen musste, sich kämmen und pünktlich ins Bett gehn und aufstehn und sich ewig über nem Buch plagen; und dabei hackte die alte Miss Watson noch ständig auf einem rum. Ich wollte nicht wieder hin. Ich hatte das Fluchen gesteckt, weil die Witwe es nicht gern hörte, aber jetzt hab ich’s mir wieder angewöhnt, weil Pap nichts dagegen hatte. Im ganzen war es ne recht schöne Zeit da oben im Wald.

      Aber allmählich war Pap immer schneller mit dem Hickorystock bei der Hand, und ich konnt’s nicht mehr aushalten. Ich war voller Striemen. Er ging auch immer öfter weg und schloss mich ein. Einmal hat er mich eingeschlossen und blieb drei Tage weg. Es war schrecklich einsam. Ich dachte schon, er wär ertrunken und ich käm nie wieder hier raus. Ich hatte Angst. Ich beschloss, ne Methode auszutüfteln, wie ich hier rauskam. Ich hatte schon oft versucht, aus der Hütte rauszukommen, aber keinen Weg gefunden. Ein Fenster, das groß genug für nen Hund zum Durchkommen war, gab’s nicht. Den Kamin raufklettern ging nicht, der war zu eng. Und die Tür war aus dicken, massiven Eichenbohlen. Pap hat sehr drauf geachtet, dass er kein Messer oder so was in der Hütte liegen ließ, wenn er weg war; bestimmt hab ich sie über hundertmal durchsucht; ja, ich war fast die ganze Zeit am Suchen, weil das so gut wie die einzige Möglichkeit war, die Zeit rumzubringen. Aber diesmal hab ich doch noch was gefunden; es war ne alte, rostige Holzsäge ohne Griff; sie lag zwischen einem Dachsparren und den Schindeln. Ich hab sie eingefettet und ging dann an die Arbeit. Hinterm Tisch, an der Rückwand der Hütte, war ne alte Pferdedecke an die Balken genagelt, damit der Wind nicht durch die Ritzen blies und die Kerze auslöschte. Ich kroch untern Tisch, schob die Decke nach oben und fing an, aus dem dicken untern Balken ein Stück auszusägen, groß genug, damit ich durchkam. Also, das war ne ziemlich langwierige Angelegenheit, aber ich war schon fast fertig damit, als ich Paps Flinte im Wald hörte. Ich ließ die Spuren meiner Arbeit verschwinden, zog die Decke runter und versteckte meine Säge, und bald danach kam Pap rein.

      Pap war nicht gut gelaunt – so wie er normalerweise immer war. Er wär im Dorf unten gewesen, sagte er, und alles ginge schief. Sein Anwalt hätte zu ihm gesagt, seinen Prozess würd er vermutlich gewinnen und das Geld kriegen, wenn sie nur mal mit der Verhandlung anfingen; aber es gäbe Mittel und Wege, sie auf die lange Bank zu schieben, und der Richter Thatcher wüsst, wie man so was macht. Und die Leute meinten sogar, es würd noch ne zweite Verhandlung geben, um mich von ihm wegzuholen und mich zur Witwe als mein Vormund zu bringen, und sie meinten, diesmal würd die andre Seite gewinnen. Das hat mir nen Schreck eingejagt, weil ich nicht wieder zur Witwe zurück und mich so einzwängen und tsiwilisieren lassen wollte, wie sie’s nannte. Dann fing der Alte an zu fluchen und fluchte auf alles und jeden, der ihm grad einfiel, und dann hat er sie alle nochmal von vorn verflucht, um auch sicherzugehn, dass er keinen ausgelassen hatte, und danach hat er alle zusammen mit so ner Art von Generalfluch weggeputzt, mitsamt nem Haufen von Leuten, von denen er die Namen nicht wusste, und so hat er sie den Dingsbums genannt, wenn er zu ihnen kam, und dann hat er grad so weitergeflucht.

      Das wollt er doch mal sehn, wie die Witwe mich kriegte, hat er geschrien. Und er war auf der Hut, wenn sie versuchten, ihm mit Tricks zu kommen, er wüsst nämlich sechs, sieben Meilen weit von hier ein Versteck, wo sie mich bis zum Umfallen suchen könnten und nie im Leben finden würden. Das hat mich wieder ziemlich unruhig gemacht, aber nur für nen Moment; ich dacht mir, solang bleib ich nicht da, bis er die Gelegenheit kriegt.

      Der Alte schickte mich zum Boot, die Sachen holen, die er bekommen hatte. Es war ein Fünfpfundsack mit Maismehl, eine Speckseite, Munition, ein Viergallonenkrug voll Whisky, ein altes Buch und zwei Zeitungen zum Zusammenrollen für Ladepfropfen, und außerdem etwas Werg. Ich schleppte ne Ladung rauf, bin dann wieder runter und hab mich in den Bug vom Boot gesetzt, um auszuruhn. Ich ließ mir alles durch den Kopf gehn und hab beschlossen, wenn ich abhaue, die Flinte und ein paar Angelleinen mitgehn zu lassen und mich dann in den Wald zu verdrücken. An einem Ort, dacht ich mir, will ich nicht bleiben, sondern ich zieh durchs Land, meistens bei Nacht, halt mich mit Jagen und Fischen am Leben und versuch so weit wegzukommen, dass mich weder der Alte noch die Witwe jemals wiederfinden. Und ich beschloss, mich noch diese Nacht rauszusägen und abzuhauen, wenn Pap genug besoffen war, und ich hab fest damit gerechnet, dass er’s sein wird. Mein Kopf war so voll von all dem, dass ich gar nicht gemerkt hab, wie lang ich so dasaß, bis der Alte mich angebrüllt hat und fragte, ob ich eingeschlafen oder ersoffen bin.

      Ich brachte die Sachen alle in die Hütte rauf, und da war’s auch fast dunkel. Während ich uns Abendessen kochte, hat der Alte ein, zwei Schluck runtergekippt und kam dabei so in Stimmung, dass er wieder losgeflucht hat. Er war schon drüben im Dorf besoffen gewesen und hatte die ganze Nacht in der Gosse gelegen – und der hat verboten ausgesehn! Wie wenn er Adam wär, wirklich, so war der mit Dreck vollgeschmiert! Und jedesmal wenn sein Schnaps zu wirken anfing, hat er beinah immer auf die Regierung losgeschimpft. Und diesmal auch:

      »Das nennt sich ne Regierung! – Also, sieh dir man bloß an, was das für ne Regierung ist! Bringt’s dies Gericht doch glatt fertig, nem Mann seinen Sohn wegzunehmen, sein einzigen Sohn, den er mit all der Mühe, all den Sorgen und Ängsten und Kosten großgezogen hat. Und wenn der Mann endlich sein Sohn mal großgezogen hat und der soweit ist, dass er was arbeiten kann und für sein Vater was tun, damit der ’n bisschen Ruhe kriegt, da kommt doch das Gericht und will ihm ans Leder. Und das nennen die Regierung! Aber das is noch nichmal alles! Hat doch der alte Richter Thatcher das Gericht auch noch auf seiner Seite, das ihm hilft, dass ich nicht an mein Eigentum rankomm. Zu dem ist das Gericht imstande! Behandelt nen mehr als sechstausend Dollar schweren Mann so, dass es ihn in ’n Rattenloch von Hütte reinquetscht und noch dazu in Kleidern rumrennen lässt, die man nichmal nem Schwein nachwerfen würd! Das nennen die Regierung! Wie soll man bei so ner Regierung zu seim Recht kommen, he? Manchmal hab ich verdammt Lust, dies Land da ein für allemal im Stich zu lassen. Jawoll, und ich hab’s denen gesagt; mitten ins Gesicht hab ich’s dem alten Thatcher gesagt, ’n Haufen von denen hat’s gehört und könn’s bezeugen, was ich gesagt hab. Für zwei Cent, sag ich, hau ich ab aus diesem beschissnen Land und komm nie mehr in seine Näh. Das sin meine Worte gewesen, genau! Seht euch mein Hut an, sag ich – wenn ihr das noch ’n Hut nennt – aber der Deckel steht schon nach oben, und der Rest hängt runter, dass er mir unters Kinn reicht, und dann ist’s eigentlich überhaupt kein Hut mehr, sondern grad wie wenn mein Kopf durch ’n Stück Ofenrohr raufgeschoben ist. Seht euch den Hut an, sag ich, – dass ich so ’n Hut tragen muss – ich, einer vonnen reichsten Männern hier im Ort, wenn ich bloß mal zu meim Recht kam!

      Oho! – ne wundervolle Regierung ist das, wirklich! Also


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