Potsdam MM-City Reiseführer Michael Müller Verlag. Michael BussmannЧитать онлайн книгу.
Schau- und Lehrgarten mit zigtausenden von Blütenstauden, Seerosenbecken, Rosenbüschen und hohen Gräsern an - bis heute das Highlight der Insel. Zahlreiche Skulpturen, Überbleibsel der Ausstellungen „Plastik im Freien“ aus den Jahren 1963-1969, kamen als zusätzlicher Schmuck hinzu.
Staudenfans aufgepasst: Karl Foerster wohnte im Vorort Bornim. Dort sorgte er mit mehreren 100 Sorten Neuzüchtungen (darunter viele winterharte Blütenstauden) dafür, dass die Welt auch in der kalten Jahreszeit bunter wird. Der Foerster-Garten kann tägl. von 9 Uhr bis Sonnenuntergang besichtigt werden. Eintritt frei. Am Raubfang 6, www.foerster-stauden.de. Bus 614, 692, 698 bis Amundsenstraße/Potsdamer Straße.
Kunst bietet auch der gläserne Pavillon des Brandenburgischen Kunstvereins Potsdam, der zeitgenössische Künstler aus der Region und den Dialog zwischen Kunst und Naturwissenschaften fördern will. 100 m weiter liegt, ebenfalls zur Alten Fahrt hin, das nette Inselcafé samt Terrasse.
Übrigens: Von der Liegewiese auf der Freundschaftsinsel blickt man auf einen Turm, der wie ein Sendemast aussieht. Er gehört zur Seniorenresidenz Heilig Geist Park. An gleicher Stelle stand früher die barocke Heilig-Geist-Kirche, deren Kriegsruine 1974 gesprengt wurde. Die stählerne Spitze des heutigen Turms ahmt die Konturen der verschwundenen Kirchturmspitze nach.
Park: Mai-Aug. tägl. 8-22 Uhr, März/April und Sept./Okt. 8-20 Uhr, Nov.-Feb. 8-17 Uhr. Radfahren ist nur auf gekennzeichneten Wegen erlaubt. Pavillon des Kunstvereins: Mi-So 13-17 Uhr. Eintritt frei. www.freundschaftsinsel-potsdam.de und www.bkv-potsdam.de. Tram 91, 92, 93, 94, 96, 98, 99 bis Lange Brücke.
Nach Minsk und zum Kreml
Brauhausberg
Das Eck südlich des Potsdamer Hauptbahnhofs wird Teltower Vorstadt genannt. Ein für Potsdamer Verhältnisse fast schon mächtiges Gebirge tut sich dort auf, bestehend aus dem Brauhausberg (88 m) und dem Telegrafenberg.
Zum Brauhausberg gelangt man, wenn man gegenüber dem Hauptbahnhof am Schwimmbad Blu vorbei der Brauhausbergstraße (= B 2) bergauf folgt. Dabei passiert man 100 m oberhalb des Schwimmbads das ehemalige Terrassenrestaurant Minsk, einen Flachdachbau aus den 1970er-Jahren, an dessen Errichtung Handwerker aus Minsk beteiligt waren. In Minsk entstand als Gegenleistung das Restaurant Potsdam. Das Minsk war ein sog. Nationalitätenrestaurant, das die Küche des sozialistischen Bruderlandes Weißrussland servierte. Mit Jeans kam man hier nicht rein. Anfangs wurde gar von weißrussischen Tellern gegessen, später verwendete man herkömmliches Interhotel-Gaststätten-Geschirr (zu viele Gäste hatten Teller mitgehen lassen). Seit 2000 steht der asbestbelastete Bau, unter dem sich ein Bunker befindet, leer. Im Herbst 2021 soll er, frisch saniert, als Museum für zeitgenössische Kunst wiedereröffnen. So zumindest die Ankündigung der Hasso-Plattner-Stiftung. Auch wenn es ein halbes Jahr später wird: Potsdam wird in jedem Fall um einen großen Kultur-Hotspot reicher sein.
Oberhalb des Minsk steht ein eklektizistischer Monumentalbau aus rotem Klinker, einst der Potsdamer „Kreml“. Der Volksmund nannte das Gebäude so, weil zu DDR-Zeiten die SED darin saß, sozusagen der verlängerte Arm des Kremls. Die Umrisse des einstigen SED-Emblems samt Händedruck sind am Turm noch heute auszumachen. Erbaut wurde das Riesending um die vorletzte Jahrhundertwende als preußische Reichskriegsschule. Zur letzten Jahrhundertwende saß noch der Brandenburger Landtag darin. Zwischen 2015 und 2018 kamen hier Flüchtlinge unter. Seitdem steht das Gebäude leer und wird langsam zum spooky Lost Place. Ein Umbau ist jedoch geplant, 200 Privatwohnungen soll der Komplex mal beherbergen.
Minsk: Brauhausberg 24. Kreml: Am Havelblick 4. Tram 92, 93, 99 bis Hauptbahnhof/Heinrich-Mann-Allee.
Über den Dächern Potsdams
Forschungscampus in Traumlage
Telegrafenberg
Auf dem Telegrafenberg (96 m) steht der Einsteinturm, eine Ikone der Architektur des 20. Jh., weltberühmt. Man kann um ihn herumspazieren, mehr aber i. d. R. nicht (für Führungen s. u.). Doch alles der Reihe nach.
Der Telegrafenberg hat seinen Namen von einer Signalstation obenauf, einer von 62 Signalstationen, die es in der ersten Hälfte des 19. Jh. zwischen Berlin und Koblenz gab. Etwa 10 Min. dauerte es, bis ein optisches Signalzeichen auf der 550 km langen Strecke übermittelt war. Mitte des 19. Jh. machte die elektrische Telegrafie die Signalstation überflüssig.
In der zweiten Hälfte des 19. Jh. wurde der Telegrafenberg zum Wissenschaftsstandort erkoren. Institute, Laboratorien und Beobachtungsstationen richteten sich in schmucken Klinkerbauten ein. Darunter das erste astrophysikalische Observatorium der Welt (heute das Michelsonhaus an höchster Stelle), ein geodätisch-astronomisches Observatorium (dazu gehören auch die sog. Meridianhäuser und der vom Verfall bedrohte Helmerturm), ein Magnetisches und ein Meteorologisches Observatorium, der Große Refraktor (ein Linsenteleskop, Durchmesser der Linsen 50-80 cm) und natürlich der Einsteinturm, erbaut 1919-1924 für den Physiker Albert Einstein und den Astronomen Erwin Finlay-Freundlich. Entworfen wurde der Turm mit einem Sonnenteleskop (Brennweite 14,5 m) von Erich Mendelsohn. Der Bau des Turmes sollte die Einstein-Theorie der Verschiebung der Spektrallinien im Schwerefeld der Sonne experimentell bestätigen. Klappte aber nicht.
Dafür wurde auf dem Telegrafenberg die Seismologie begründet (1889) und der „Potsdamer Schwerewert“ ermittelt, der von 1909-1971 weltweit der Referenzwert für die Erdanziehungskraft war.
Heute trägt der Wissenschaftspark den Namen Albert Einsteins. Ihm angeschlossen sind das Deutsche GeoForschungsZentrum, das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, das Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (Hauptsitz in Babelsberg) und der Deutsche Wetterdienst. Über 1000 Leute arbeiten hier.
Am Eingang zum Wissenschaftspark gibt es zwar einen Pförtner und eine Schranke, tagsüber darf aber jedermann das Areal betreten. Kopfsteingepflasterte Sträßlein führen zwischen Buchen, Kastanien und Ahornbäumen zu den Forschungseinrichtungen. Infotafeln vor den Gebäuden klären auf. Es gibt auch einen Rundgang mit 14 Stationen, ausführliche und spannende Infos dazu auf geschichte.telegrafenberg.de.
Einsteinturm: von Sept.-April finden jeden ersten Sa im Monat um 10 Uhr Führungen durch den Turm statt, 8 €, erm. 6 €, eine Anmeldung unter Tel. 0331-291741 ist erforderlich. www.urania-potsdam.de. Vom Hbf. fährt Bus 691 alle 20 Min. auf den Telegrafenberg. Zu Fuß sind es vom Hbf. 1,3 km bis zum Einsteinturm, einfach der Albert-Einstein-Str. bergauf folgen.
Architekturikone: der Einsteinturm auf dem Telegrafenberg
Essen & Trinken