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Faust. Der Tragödie erster Teil. Johann Wolfgang von GoetheЧитать онлайн книгу.

Faust. Der Tragödie erster Teil - Johann Wolfgang von Goethe


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      Neuglühend mir durch Nerv und Adern rinnen.

      War es ein Gott, der diese Zeichen schrieb,

      Die mir das innre Toben stillen,

      Das arme Herz mit Freude füllen.

      Und mit geheimnisvollem Trieb

      Die Kräfte der Natur rings um mich her enthüllen?

      Bin ich ein Gott? mir wird so licht!

      Ich schau in diesen reinen Zügen

      Die wirkende Natur vor meiner Seele liegen.

      Jetzt erst erkenn ich, was der Weise spricht:

      „Die Geisterwelt ist nicht verschlossen;

      Dein Sinn ist zu, dein Herz ist tot!

      Auf! bade, Schüler, unverdrossen

      Die irdsche Brust im Morgenrot!“

       Er beschaut das Zeichen

      Wie alles sich zum Ganzen webt,

      Eins in dem andern wirkt und lebt!

      Wie Himmelskräfte auf- und niedersteigen

      Und sich die goldnen Eimer reichen!

      Mit segenduftenden Schwingen

      Vom Himmel durch die Erde dringen,

      Harmonisch all das All durchklingen!

      Welch Schauspiel! Aber ach! ein Schauspiel nur!

      Wo fass ich dich, unendliche Natur?

      Euch Brüste, wo? ihr Quellen alles Lebens,

      An denen Himmel und Erde hängt,

      Dahin die welke Brust sich drängt –

      Ihr quellt, ihr tränkt, und schmacht ich so vergebens?

       Er schlägt unwillig das Buch um und erblickt das Zeichen des Erdgeistes

      Wie anders wirkt dies Zeichen auf mich ein!

      Du, Geist der Erde, bist mir näher;

      Schon fühl ich meine Kräfte höher,

      Schon glüh ich wie von neuem Wein.

      Ich fühle Mut, mich in die Welt zu wagen,

      Der Erde Weh, der Erde Glück zu tragen,

      Mit Stürmen mich herumzuschlagen

      Und in des Schiffbruchs Knirschen nicht zu zagen!

      Es wölkt sich über mit –

      Der Mond verbirgt sein Licht –

      Die Lampe schwindet –

      Es dampft – Es zucken rote Strahlen

      Mir um das Haupt – Es weht

      Ein Schauer vom Gewölb herab

      Und fasst mich an!

      Ich fühls, du schwebst um mich, erflehter Geist:

      Enthülle dich!

      Ha! wies in meinem Herzen reisst!

      Zu neuen Gefühlen

      All meine Sinnen sich erwühlen!

      Ich fühle ganz mein Herz dir hingegeben!

      Du musst! du musst! und kostet’ es mein Leben!

       Er fasst das Buch und spricht das Zeichen des Geistes geheimnisvoll aus.

       Es zuckt eine rötliche Flamme, der Geist erscheint in der Flamme

      geist . Wer ruft mir?

      faust abgewendet. Schreckliches Gesicht!

      geist . Du hast mich mächtig angezogen,

      An meiner Sphäre lang gesogen,

      Und nun –

      faust . Weh! ich ertrag dich nicht!

      geist . Du flehst eratmend, mich zu schauen,

      Meine Stimme zu hören, mein Antlitz zu sehn;

      Mich neigt dein mächtig Seelenflehn:

      Da bin ich! – Welch erbärmlich Grauen

      Fasst Übermenschen dich! Wo ist der Seele Ruf?

      Wo ist die Brust, die eine Welt in sich erschuf

      Und trug und hegte? die mit Freudebeben

      Erschwoll, sich uns, den Geistern, gleichzuheben?

      Wo bist du, Faust, des Stimme mir erklang,

      Der sich an mich mit allen Kräften drang?

      Bist du es, der, von meinem Hauch umwittert,

      In allen Lebenstiefen zittert,

      Ein furchtsam weggekrümmter Wurm?

      faust . Soll ich dir, Flammenbildung, weichen?

      Ich bins, bin Faust, bin deinesgleichen!

      geist . In Lebensfluten, im Tatensturm

      Wall ich auf und ab,

      Webe hin und her!

      Geburt und Grab,

      Ein ewiges Meer,

      Ein wechselnd Weben,

      Ein glühend Leben:

      So schaff ich am sausenden Webstuhl der Zeit

      Und wirke der Gottheit lebendiges Kleid.

      faust . Der du die weite Welt umschweifft,

      Geschäftiger Geist, wie nah fühl ich mich dir!

      geist . Du gleichst dem Geist, den du begreifst

      Nicht mir!

       Verschwindet

      faust zusammenstürzend. Nicht dir?

      Wem denn?

      Ich Ebenbild der Gottheit!

      Und nicht einmal dir!

       Es klopft

      O Tod! ich kenns – das ist mein Famulus!

      Es wird mein schönstes Glück zunichte!

      Dass diese Fülle der Gesichte

      Der trockne Schleicher stören muss!

      wagner im Schlafrocke und der Nachtmütze, eine Lampe in der Hand. Faust wendet sich unwillig

      wagner . Verzeiht! ich hör Euch deklamieren;

      Ihr last gewiss ein griechisch Trauerspiel?

      In dieser Kunst möcht ich was profitieren;

      Denn heutzutage wirkt das viel.

      Ich hab es öfters rühmen hören,

      Ein Komödiant könnt einen Pfarrer lehren.

      faust . Ja, wenn der Pfarrer ein Komödiant ist;

      Wie das denn wohl zuzeiten kommen mag.

      wagner . Ach! wenn man so in sein Museum gebannt ist

      Und sieht die Welt kaum einen Feiertag,

      Kaum durch ein Fernglas, nur von weiten

      Wie soll man sie durch Überredung leiten?

      faust . Wenn ihrs nicht fühlt, ihr werdets nicht erjagen,

      Wenn es nicht aus der Seele dringt

      Und mit urkräftigem Behagen

      Die Herzen aller Hörer zwingt.

      Sitzt ihr nur immer! leimt zusammen,

      Braut


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