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Faust. Der Tragödie erster Teil. Johann Wolfgang von GoetheЧитать онлайн книгу.

Faust. Der Tragödie erster Teil - Johann Wolfgang von Goethe


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ich mich niemals gern befangen.

      Am meisten lieb ich mir die vollen, frischen Wangen.

      Für einen Leichnam bin ich nicht zu Haus:

      Mir geht es wie der Katze mit der Maus.

      der herr. Nun gut, es sei dir überlassen!

      Zieh diesen Geist von seinem Urquell ab

      Und führ ihn, kannst Du ihn erfassen,

      Auf deinem Wege mit herab –

      Und steh beschämt, wenn du bekennen musst:

      Ein guter Mensch, in seinem dunklen Drange,

      Ist sich des rechten Weges wohl bewusst.

      mephistopheles . Schon gut! nur dauert es nicht lange.

      Mir ist für meine Wette gar nicht bange.

      Wenn ich zu meinem Zweck gelange,

      Erlaubt Ihr mir Triumph aus voller Brust.

      Staub soll er fressen, und mit Lust,

      Wie meine Muhme, die berühmte Schlange!

      der herr. Du darfst auch da nur frei erscheinen;

      Ich habe deinesgleichen nie gehasst:

      Von allen Geistern, die verneinen,

      Ist mir der Schalk am wenigsten zur Last.

      Des Menschen Tätigkeit kann allzu leicht erschlaffen,

      Er liebt sich bald die unbedingte Ruh;

      Drum geb ich gern ihm den Gesellen zu,

      Der reizt und wirkt und muss als Teufel schaffen. –

      Doch ihr, die echten Göttersöhne,

      Erfreut euch der lebendig-reichen Schöne!

      Das Werdende, das ewig wirkt und lebt,

      Umfass euch mit der Liebe holden Schranken,

      Und was in schwankender Erscheinung schwebt,

      Befestiget mit dauernden Gedanken!

       Der Himmel schliesst, die Erzengel verteilen sich

      mephistopheles allein. Von Zeit zu Zeit seh ich den Alten gern,

      Und hüte mich, mit ihm zu brechen.

      Es ist gar hübsch von einem grossen Herrn,

      So menschlich mit dem Teufel selbst zu sprechen.

Der Tragödie erster Teil

      Nacht

      In einem bochgewölbten, engen gotischen Zimmer Faust unruhig auf seinem Sessel am Pulte

      faust . Habe nun, ach! Philosophie,

      Juristerei und Medizin

      Und leider auch Theologie

      Durchaus studiert, mit heissem Bemühn.

      Da steh ich nun, ich armer Tor,

      Und bin so klug als wie zuvor!

      Heisse Magister, heisse Doktor gar,

      Und ziehe schon an die zehen Jahr

      Herauf, herab und quer und krumm

      Meine Schüler an der Nase herum –

      Und sehe, dass wir nichts wissen können!

      Das will mir schier das Herz verbrennen.

      Zwar bin ich gescheiter als alle die Laffen,

      Doktoren, Magister, Schreiber und Pfaffen;

      Mich plagen keine Skrupel noch Zweifel,

      Fürchte mich weder vor Hölle noch Teufel –

      Dafür ist mir auch alle Freud entrissen,

      Bilde mir nicht ein, was Rechts zu wissen,

      Die Menschen zu bessern und zu bekehren.

      Auch hab ich weder Gut noch Geld,

      Noch Ehr und Herrlichkeit der Welt:

      Es möchte kein Hund so länger leben!

      Drum hab ich mich der Magie ergeben,

      Ob mir durch Geistes Kraft und Mund

      Nicht manch Geheimnis würde kund,

      Dass ich nicht mehr mit sauerm Schweiss,

      Zu sagen brauche, was ich nicht weiss,

      Dass ich erkenne, was die Welt

      Im Innersten zusammenhält,

      Schau alle Wirkenskraft und Samen

      Und tu nicht mehr in Worten kramen.

      O sähst du, voller Mondenschein,

      Zum letztenmal auf meine Pein,

      Den ich so manche Mitternacht

      An diesem Pult herangewacht:

      Dann über Büchern und Papier,

      Trübselger Freund, erschienst du mir!

      Ach! könnt ich doch auf Bergeshöhn

      In deinem lieben Lichte gehn,

      Um Bergeshöhle mit Geistern schweben,

      Auf Wiesen in deinem Dämmer weben,

      Von allem Wissensqualm entladen,

      In deinem Tau gesund mich baden!

      Weh! steck ich in dem Kerker noch?

      Verfluchtes dumpfes Mauerloch,

      Wo selbst das liebe Himmelslicht

      Trüb durch gemalte Scheiben bricht’

      Beschränkt von diesem Bücherhauf,

      Den Würme nagen, Staub bedeckt,

      Den bis ans hohe Gewölb hinauf

      Ein angeraucht Papier umsteckt;

      Mit Gläsern, Büchsen rings umstellt,

      Mit Instrumenten vollgepfropft

      Urväterhausrat drein gestopft –

      Das ist Deine Welt! das heisst eine Welt!

      Und fragst du noch, warum dein Herz

      Sich bang in deinem Busen klemmt?

      Warum ein unerklärter Schmerz

      Dir alle Lebensregung hemmt?

      Statt der lebendigen Natur,

      Da Gott die Menschen schuf hinein,

      Umgibt in Rauch und Moder nur

      Dich Tiergeripp und Totenbein!

      Flieh! auf! hinaus ins weite Land!

      Und dies geheimnisvolle Buch,

      Von Nostradamus’ eigner Hand,

      Ist dir es nicht Geleit genug?

      Erkennest dann der Sterne Lauf,

      Und wenn Natur dich unterweist,

      Dann geht die Seelenkraft dir auf,

      Wie spricht ein Geist zum andern Geist.

      Umsonst, dass trocknes Sinnen hier

      Die heilgen Zeichen dir erklärt!

      Ihr schwebt, ihr Geister, neben mir:

      Antwortet mir, wenn ihr mich hört!

       Er schlägt das Buch auf und erblickt das Zeichen des Makrokosmus

      Ha! welche Wonne fliesst in diesem Blick

      Auf einmal mir durch alle meine Sinnen!


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