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Du bist es vielleicht. Felix ScharlauЧитать онлайн книгу.

Du bist es vielleicht - Felix Scharlau


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bleiben, immerhin konnte er nicht jeden Tag Kreise malen, um die Menschen für sich einzunehmen. Auch wenn er das gerne wollte.

      Noch einmal tief durchatmen und dann ging wieder alles von vorne los.

      Hausboot minus fünf Tage.

      

      Bevor Timo Tripke zu Beginn jeder neuen Schulstunde die Klasse anschwieg, griff er häufig zu einem weiteren Verfahren. Er hatte es sich bei alten Western abgeschaut. Die guten begannen mit einem Kameraschwenk, der den Handlungsort, die Figuren, ihr Milieu und die Stimmung einfing.

      Der gleiche Schwenk bescherte Timo Tripke beim Betreten eines Klassenzimmers eine erste Idee, wohin die Reise in den kommenden 45 Minuten gehen würde.

      Die Gesichter sagten ihm, mit wie viel Unruhe, Hormonen, Liebe, Wut, Langeweile er würde rechnen müssen. Und die Technik funktionierte. Sie brachte Sicherheit.

      Doch so ein seltsames Ergebnis wie heute hatte selten vorgelegen. Die Mienen der 10a sendeten Nervosität, Spannung, Neugierde und Begeisterung. Vielleicht sogar Furcht. Diese Schüler platzten gleich.

      Clever, wie er war, sah Tripke zur Decke hoch. Bestimmt stand ein Streich an. Der gute alte Wassereimer? Nein, keiner zu sehen. Oder etwas mit seinem Stuhl? Eine Reißzwecke? Sekundenkleber? Ein angesägtes Stuhlbein? Oder ein Penis an der Tafel? Nein. Da war nichts. Das übliche Anschweigen musste heute ausfallen, so viel war klar.

      »Ist irgendwas?«

      Kurz dachte er, sie hätten vielleicht an seinen Geburtstag gedacht und nachträglich etwas vorbereitet. Das war zwar noch nie passiert. Aber das hier war immerhin seine Kreis-Klasse.

      »Nein? Gut … okay … dann fangen wir mal an. Die Adenauer-Jahre … Konrad Adenauer war von …«

      »Herr Tripke!«

      »Levi, was ist denn?«

      »Haben Sie schon gesehen?«

      Levi Eismann, der mit Klassenkameraden in einer Band spielte, so viel wusste Tripke, klang wie ein stolzer Vierjähriger, der ein Bild gemalt hatte.

      »WAS gesehen?«

      »Das Video.«

      Ein Raunen schwappte durch die Klasse. Einige Schüler lachten erwartungsfroh. Andere schirmten ihre Augen mit der Hand ab und blickten unsicher zur Seite.

      »Was für ein Video? Muss man dir denn alles aus der Nase ziehen?«

      »Das hier.«

      Levi Eismann hatte sein Handy, das viel größer und moderner war als Tripkes eigenes, zur Hand genommen und starrte auf das Display. Tripke ging zu ihm.

      Levi drückte in die Mitte des Bildschirms und drehte das Handy zur Seite. Das Video kippte ins Querformat und füllte nun den gesamten Bildschirm aus.

      Die Szene, die ablief, begann verwackelt, unscharf und übersteuert. Man hörte Jugendliche durcheinander reden, ein Mann stand vor einer Wand und sah ungefähr in Richtung Kamera.

      »Ja, noch mal!« und »Das schaffen Sie nicht!«, quäkte es übersteuert aus dem Gerät. Die Stimmen kamen Tripke dabei diffus bekannt vor. »Los, Herr Tripke!«

      Der Mann in dem Video, der hieß wie er und auch so aussah wie er, nur dass er das Hemd trug, dass Tripke gestern in den Wäschekorb geworfen hatte, stellte sich seitlich an die linke Hälfte der Tafel. Dann vollführte er eine schnelle Handbewegung gegen den Uhrzeigersinn. Er hatte einen perfekten Kreis neben einen anderen perfekten Kreis gesetzt, der schon an der Tafel war. Einem kurzen Moment Stille folgte tosender Applaus. Dann brach das Video ab.

      »Levi, wer hat das gemacht?«, presste Tripke hervor.

      Handys waren im Unterricht natürlich strikt verboten. Bei der Arbeit von den Schülern gefilmt zu werden, war der Anfang vom Ende. Andererseits, schoss ihm kurz durch den Kopf, eigentlich ganz schön, dass es ein Video von seinem Kreis gab.

      »Herr Tripke, Sie sind viral.«

      »Was heißt das?«

      »1,5 Millionen bei Youtube. Es gibt auch ein megaerfolgreiches GIF bei LOL-Headquarters.«

      »Ein was bei wem?«

      »Hier, ich zeig’s Ihnen.«

      Levi klickte sich durch die Nutzerebenen seines Mobiltelefons, als würde er eine Raumfähre navigieren. Dann starrte er mit hochrotem Kopf erneut konzentriert in die Bildschirmmitte.

      Tripke folgte seinem Blick und spürte, wie die anderen Schüler immer näher von hinten an sie heranrückten.

      Wieder sah er sich selbst in dem braunen Hemd, das ihm Bernadette im Sardinienurlaub ausgesucht hatte. Das Video war diesmal gekürzt worden, der Bildausschnitt quadratisch gestaltet. Es zeigte ohne Ton nur die wenigen Sekunden, in denen er den Kreis malte. Außerdem hatte es jetzt zwei beschriftete schwarze Balken. In dem oberen Balken stand »GERMAN TEACHER«. Und im unteren »NAILS PERFECT CIRCLE«.

      »Ist das im Internet?«, fragte Tripke tonlos, obwohl er die Antwort schon kannte.

      »Ich sag doch: viral!«, freute sich Levi Eismann.

      »Wer hat das gedreht?«

      »Na, ich!«, freute sich Levi Eismann noch mehr.

      »Und wer hat es ins Internet getan?«

      »Na, auch ich!«

      Levi platzte fast vor Stolz.

      »Der Rest verhält sich still, bis wir wieder da sind. Komm. Steh auf!«

      Der Gang vor dem Klassenraum war menschenleer und dunkel. So ausgeklügelt Sherlocks computergesteuertes Jahreszeiten-Lichtschaltsystem war, auch im Mai konnte es so düsteres Weltuntergangswetter geben wie heute. Ein bisschen Neonröhre hätte nicht geschadet. Nur noch wenige Momente, und der Himmel tat sich auf.

      »Was fällt dir ein, mich zu filmen, Levi?«

      »Das war doch lustig, ich wusste nicht … ich dachte …«

      »Nichts weißt du. Das wird Konsequenzen haben, ich sag’s dir. Ich sorg dafür, dass du fliegst.«

      »Was? Das dürfen sie nicht!«

      Tripke hätte schwören können, dass im gleichen Moment, in dem die ersten Tropfen gegen die Scheibe hinter ihm platschten, auch die ersten aus Levis Augenwinkeln liefen.

      »Wo ist denn das Problem?«, schluchzte er.

      »Du hast eine Lehrkraft gefilmt und öffentlich bloßgestellt. Du weißt genau, wie die Handyregeln am Riesenhuber sind! Hast du irgendeine Ahnung, was das mit mir machen kann? Wenn ich zur Lachnummer werde?«

      »Seien Sie doch nicht so!«, rief Levi. »Sie checken das doch gar nicht. Das Internet liebt sie. Sie sind berühmt, Mann!«

      »Ich bin Lehrer. Kein Mitglied von Green Space oder was du immer für T-Shirts trägst.«

      »Green Day! Mensch, Herr Tripke, seien Sie doch froh. So cool rüberzukommen. Wo Ihren Unterricht doch sonst alle kacke finden!«

      Timo Tripke zuckte wütend. Ein Moment verging. Er blickte auf seine Handfläche. Die Tränen-Spritzer waren in dem Dämmerlicht zwar nicht zu sehen, aber er spürte, dass sie da waren.

      Irgendwo auf seiner pulsierenden Hautoberfläche.

      Zwischen ihm und Levi war es nun ganz still, während auf der anderen Seite der Scheibe der Gewittersturm endlich losbrach, der sich schon so lange angekündigt hatte.

      Tripke sah Levi ins verheulte Gesicht.

      »Es … das tut mir leid, Levi. Das wollte ich nicht«, hörte Tripke sich gegen den Sturm anreden.

      »Ich … ich mache Sie fertig.«

      Levi öffnete,


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