Fürstenkrone Staffel 10 – Adelsroman. Marisa FrankЧитать онлайн книгу.
wenn er daran dachte, zu was für Schwierigkeiten und Aufregungen das wieder führen sollte, dann verging ihm die Lust. Und einige Dinge hatte er ja auch seinen Enkeln geschenkt – nein, die wollte er unter keinen Umständen wiederhaben.
Es klopfte, und während er noch überlegte, ob er überhaupt antworten sollte, ging langsam die Tür auf, und Ursula schob sich herein, gefolgt von dem gleichfalls sehr unglücklich aussehenden Jakob.
»Opa – stören wir?« fragte sie weinerlich.
»Nein!« erwiderte er und lächelte sie an. »Ihr zwei nicht!«
»Was ist denn jetzt los?« fragte Jakob. Sie blieben beide in der Türe stehen.
»Kommt ganz herein, machte die Tür hinter euch zu und setzt euch«, gab er zur Antwort. Sie gehorchten und sahen unglücklich und verlegen vor sich hin. »Hat man euch gesagt, daß – ich ausziehe?«
Sie nickten betreten, und Ursula platzte heraus:
»Wir wollen das nicht, Opa!« Und sie heulte los.
»Das weiß ich doch, mein Kleines. Aber ihr wißt selbst, daß die Stimmung in letzter Zeit…«
»Aber das Haus gehört doch eigentlich dir…«, fand Jakob und sah ihn fragend an.
»Nicht mehr. Ich habe es deinem Vater überschrieben. Aus Steuergründen.« Die zwei nickten verständig.
Dann druckste Ursula wieder herum, bis sie auf seine belustigte Aufforderung, endlich damit herauszurücken, sagte:
»Und die Gräfin Sturmeck?«
»Tja, der geht es ähnlich wie mir«, erwiderte er mit einem Seufzer.
»Soll die auch ausziehen?«
»Glücklicherweise – nein! Das Haus gehört ihr!«
»Gott sei Dank!« Ursula atmete auf, und Jakob fragte schnell, bevor ihn der Mut verließ:
»Könntest du nicht bei ihr wohnen? Dann wärest du nicht so weit weg und könntest mir auch weiter bei Latein und so helfen!«
Obgleich ihm alles andere als nach Lachen zumute war, mußte Andreas Wenden lachen.
»Tja, das wäre natürlich praktisch«, stimmte er zu.
»Aber – wir dürfen uns nicht mehr sehen.« Wie idiotisch das klang!
»Waaas?« schrien prompt auch beide Kinder. »Warum denn nicht?«
»Weil – die Verlobung ihrer Enkelin sonst gelöst wird. Die fürstliche Familie und sehr wahrscheinlich auch die gräfliche finden mich als Familienmitglied – unpassend.«
Jakob und Ursula starrten erst ihn und dann sich an.
»Das glaube ich nicht!« erklärte Jakob dann.
»Nie und niemals!« setzte Ursula drauf.
»Sollen wir es ihm erzählen?« fragte Jakob dann seine Schwester.
»Wieso? Was wißt ihr?« Andreas wurde aufmerksam.
»Klar!« fand Ursula. »Wir müssen Opa doch helfen!« Und sie berichteten, sich ständig unterbrechend, von ihrem Zusammenstoß mit Aribo Sturmeck.
»Die sind nicht so, Opa, ehrlich!« versicherte Ursula aufgeregt.
Gerührt betrachtete Andreas Wenden seine Enkel. Sie hatten sich sogar für ihn geprügelt! Wie schön, daß auch Auguste wenigstens an ihren Enkeln eine Stütze hatte. Aber…
»Aber«, sagte er, »in diesen Familien gibt es gewisse Erbgesetze, wißt ihr. Vielleicht hätten die Enkel der Gräfin Sturmeck gar nichts gegen mich als Großvater einzuwenden. Oder zumindest nichts gegen mich als Ehemann ihrer Großmutter – aber wenn die Schönhausens die Verlobung des einen Mädchens dann lösen – wißt ihr: das möchte die Gräfin natürlich nicht.«
Ursula nickte weise.
»Sie ist eine ebenso liebe Oma, wie du ein Opa bist!« fand sie.
»Ja.« Andreas mußte sich räuspern.
»Aribo wollte mit seinen Schwestern sprechen, und dann wollen wir alle uns treffen und dann…«
»Kinder, ihr meint es gut! Aber seid vorsichtig! Womöglich wird alles nur noch schlimmer!« versuchte Andreas Wenden den Tatendrang seiner Enkel zu bremsen.
»Schlimmer kann es nicht mehr werden!« erwiderte Jakob ernst. »Hoffentlich ruft der arme Aribo bald an.«
»Hoffentlich!« sagte auch Ursula.
»Warum ist er denn arm?« wunderte sich Wenden.
»Hat er womöglich auch eine Freundin, die seinen Eltern nicht paßt?«
»Keine Ahnung«, gab ihm Jakob zur Antwort.
»Aber möchtest du ›Aribo‹ heißen?«
*
Aribo stürzte in das Zimmer, in welchem seine Schwestern saßen und, wie langweilig! immer dasselbe!, über die bevorstehende offizielle Verlobung sprachen.
»Herrje! Was ist denn schon wieder?« stöhnte Ekatarina beim Anblick ihres zornschnaubenden Bruders.
»Ihr wißt das Schlimmste noch nicht!« verkündete er. »Ich habe eben mit den Wenden-Enkeln gesprochen.«
»Und? Haben sie es sich anders überlegt?« fragte Elena amüsiert.
»Quatsch! Sie sind außer sich: ihr Großvater soll von hier wegziehen!«
»Waaas?! Aber das ist doch wirklich… Was sagt denn unsere arme Omama dazu?« regte sich Ekatarina auf.
»Wartet nur! Das ist das Allerschlimmste: Unsere Eltern haben ihr gegenüber behauptet, daß die Schönhausens verlangen, daß sie sich von dem netten, alten Arzt trennt: Standesrücksichten etcetera – ihr kennt das ja!«
»Quatsch«, brummte Elena.
»Ja! Aber wenn sie es nicht tut, dann löst Alexander seine Verlobung mit dir!«
Den beiden Mädchen blieb der Mund offen.
»Jawohl!« Aribo sah sie herausfordernd an.
Weil sie noch immer nichts sagten, wurde ihm plötzlich mulmig. »Ist es vielleicht wahr?«
»Glaubst du, daß dein Alexander so ein Trottel ist?« fragte Elena, die sich als erste fing.
Ekatarina schluckte.
»Ich hoffe nicht«, erwiderte sie.
»Und seine Eltern?« drängte Aribo.
»Du liebe Zeit! Keine Ahnung, ob sie auch so dämlich sind wie unsere! Sie wirkten immer ganz normal«, antwortete seine Schwester.
»Los! Ruf’ ihn an! Er soll herkommen, damit wir alles besprechen können! Die zwei Wenden-Fratzen kommen auch. Wir treffen uns im Pavillon, habe ich zu ihnen gesagt, damit unsere Eltern nicht wieder Zustände kriegen.«
Ekatarina sprang auf, um ihren Verlobten herzuordern. Und Elena sah kopfschüttelnd ihren Bruder an.
»Irgendwie kann ich das alles nicht begreifen«, meinte sie. »Es kann ihnen doch wirklich und wahrhaftig schnuppegal sein. Omama ist schließlich seit geraumer Zeit bereits mündig. Und Kinder wird sie auch keine mehr haben! Warum soll sie nicht die letzten Jahre ihres Lebens möglichst vergnügt verbringen?«
»Frage mich nicht«, brummte Aribo.
»Ich finde es nur erstaunlich, daß jemand so alt wie Omama weit moderner ist als die nachfolgende Generation!«
»Er ist im Kommen!« Ekatarina lachte, als sie wieder hereinkam.
»Was findest du komisch?« fragte Elena mißtrauisch.
»Ich sagte, daß seine Eltern unsere Verlobung lösen wollten!« Sie lachte wieder. »Er sitzt sicher schon im Auto! Zuerst behauptete er nämlich, keine Zeit zu haben.«