Delicious 1 - Taste me | Erotischer Roman. Alice WhiteЧитать онлайн книгу.
konnte, ohne dummes Gekicher und beiläufige Kommentare über Nagelpflege ertragen zu müssen. Ich war mit Marlons Auswahl mehr als zufrieden.
Und wie der anpacken konnte. Er sah unbeweglich wie ein Bügelbrett aus und auch genauso schlank, aber ich hatte schon lang keinen Mann mehr so Getränkekisten schleppen sehen wie Christian. Wäre er nicht schwul, hätte mich das angemacht. Manchmal reichte es mir völlig, wenn ein Mann seine körperliche Stärke unter Beweis stellen konnte. Wenn er drei Bierkästen auf einmal tragen konnte, wäre es ein Leichtes, mich anzuheben und auf ein Bett zu schmeißen.
Ich denke da rein praktisch. Die optischen Reize eines muskulösen Mannes lassen mich da total kalt. Nein, quatsch. Ich schaue gerne zu, wenn sie ihre Kräfte demonstrierten und sich ihr Bizeps anspannt. Das finde ich unglaublich heiß und kurbelte mein Kopfkino immer so schön an.
Ole wusste ganz sicher, was er an ihm hatte. Das war Christians Freund. Bei denen ging im Schlafzimmer bestimmt die Post ab. Ich würde ihn bei Gelegenheit mal danach fragen. Wenn wir uns etwas besser kannten natürlich. Morgen Abend vielleicht.
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Hendrik und Christian mit dem Ablauf vertraut zu machen, ging überraschend schnell und reibungslos vonstatten. Christian merkte man an, dass er Gastronom mit Leib und Seele war. Und auch Hendrik erwies sich als sehr nützlich. Auch wenn er nicht vom Fach war, kannte er sich nach ein paar Tagen bestens am Tresen aus und übernahm somit den allabendlichen Bar-und-Cocktail-Dienst. Dafür war ich sehr dankbar. Hinter der Theke zu stehen, empfand ich um ein Vielfaches anstrengender, als am Tisch zu bedienen. Da kam man wenigstens gut in Bewegung. Die Arbeit hinter der Bar ging ordentlich auf den Rücken.
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Nachdem ich die beiden Neuen eingearbeitet hatte und sie getrost in den Dienst entlassen konnte, ohne sie auf Schritt und Tritt kontrollieren zu müssen, konnte ich mir endlich mal wieder einen freien Abend erlauben und lud meinen Bruder André zu mir nach Hause ein. Normalerweise hätte ich für ihn gekocht, aber nach den letzten Wochen Akkordarbeit nahm er es mir nicht übel, dass ich ihn bat, auf dem Weg beim Chinesen zu halten. Als er hereinkam, stieg mir schon der herrlich vertraute Duft von Bratnudeln in die Nase und ich konnte es kaum erwarten, anzufangen. Nach einer halben Stunde saßen wir vollgefressen und alle viere von uns gestreckt auf der Couch.
»Der Fleck ist ja immer noch da. Hattest du nicht gesagt, der Hausmeister würde sich den ansehen?«, bemerkte er kritisch, als sein Blick zufällig auf die Wohnzimmerdecke fiel.
Seit der letzten feuchtfröhlichen Neujahrsfeier und einem versehentlich drinnen gezündeten Feuerwerkskörper, prangte dort oben ein schwarzer Fleck. Ich hatte den schon völlig vergessen. Um ehrlich zu sein, hatte ich den Hausmeister nicht mal angerufen. Die Verschmutzung war mir total egal. Es war eben nur ein Schönheitsmakel, der mir schon nach wenigen Tagen nicht mehr aufgefallen war. Aber im Gegensatz zu meinem Bruder, ein Ordnungsfanatiker wie er im Buche stand, war ich eher chaotisch. Ich bekam keinen Herzaussetzer, wenn ein Bild schief an der Wand hing oder schwarze Schlieren die Decke verschmutzen. Und meine Wohnung ließ daran auch keinen Zweifel: Chaos, wohin man sah.
Jeder Winkel meiner kleinen Zweizimmerwohnung war mit unnützem Zeug vollgestopft. Und an meine offene Wohnküche hatte ich mich erst mal gewöhnen müssen. Nicht nur, dass man von der Couch aus einen herrlichen Blick auf den Stapel aus dreckigem Geschirr im Waschbecken hatte, der Dunst vom Kochen setzte sich wirklich überall fest. André hatte mir sofort davon abgeraten, als ich ihm die Anzeige vorgelesen hatte. Ich glaube sogar fast, dass ich die Wohnung nur aus Trotz genommen hatte. Meine Einrichtung würde ich wohl als bunt und vielfältig beschreiben. Ich habe viele Jahre in WGs gewohnt, da hatte man einfach das übernommen, was der Vorgänger dagelassen hatte. So war ich über die Jahre an die unterschiedlichsten Möbel und Gegenstände gekommen, die von außen betrachtet nicht zusammenpassten.
Zum Beispiel mein Wohnzimmertisch. Hätte ich diese Abscheulichkeit in einem Laden gesehen, hätte ich sie wohl kaum mitgenommen. Ein türkisfarbener Elefant mit kitschig bunter Malerei als Sockel und einer Glasplatte darüber. Die Platte hatte bereits etliche Kerben und die Goldverzierung am Rand war schon ziemlich abgeblättert. Jeder Gast, der einen Blick auf dieses Etwas warf, stellte sich wahrscheinlich die gleiche Frage: Was sollte das? Ich hingegen dachte an Pascal, wenn ich ihn genauer betrachtete. Ein Biologiestudent, mit dem ich für ein paar Monate zusammengewohnt hatte, bevor er seiner großen Liebe nach Australien gefolgt war. Seine Freundin hatte wohl eine Schwäche für Elefanten gehabt. Als sie ihn besucht hatte, hatte er sie mit diesem Tisch überrascht. Sie war zwar gerührt, aber mit Schmuck wäre er sicher besser beraten gewesen. Und nach Australien hatte sie ihn ja auch nicht mitnehmen können. So war ich zu diesem Tisch gekommen. Keine Ahnung, warum ich ihn hatte haben wollen. Ich mochte gar keine Elefanten. Aber mittlerweile gehörte er einfach zu mir und auch wenn ich ihn immer noch abscheulich fand, trennen würde ich mich davon nicht.
»Ich komme nächste Woche vorbei, dann mach ich dir das wieder ordentlich«, entschied André pflichtbewusst, um mir den peinlichen Anruf beim Hausmeister zu ersparen. Ich dagegen entschied einfach, nur lächelnd zu nicken und ihm nicht zu widersprechen. Ich glaubte, das war so ein Großer-Bruder-Moment, und den wollte ich ihm nicht kaputt machen. Ich war ohnehin selten genug hilfsbedürftig, um ihm das Gefühl vermitteln zu können, ich würde ihn brauchen. Ich ließ ihm die Genugtuung und wollte mir ein Bier aus dem Kühlschrank holen.
»Mist!«, fluchte ich lautstark. Mein Bruder drehte sich zu mir um und zog eine Augenbraue hoch. »Ich dachte, ich hätte noch Bier.« Meine Laune kippte schlagartig. Ich liebe meinen Bruder, aber nicht ohne Bier. So viel Fürsorge ertrage ich nur mit Alkohol. Klingt hart, ich weiß. Aber ich war noch nie der Typ, der sich gerne bemuttern lässt. Ich habe schon immer alles alleine gemacht. Nicht, weil ich es musste, sondern weil ich es konnte.
Ich ging in den Flur und zog meine Jacke an.
»Was hast du vor?«, fragte er mich.
»Zur Tankstelle, Bier holen.«
»Ich komme mit. Zigaretten sind alle.« André stand auf und folgte mir.
»Ich kann dir doch welche mitbringen. Die paar Meter schaffe ich auch alleine.«
»Es ist dunkel draußen. Du weißt, was ich von dieser Wohngegend halte«, sagte er entschuldigend. Und damit meinte er eine ruhige Seitenstraße mit mehr als genügend Laternen und mäßigem Verkehr. Gefährlich sah anders aus. Doch André grinste. Mittlerweile wusste er, wie sehr mir seine Art manchmal auf die Nerven ging und machte sich einen Spaß daraus. Hin und wieder konnte auch André einen Witz machen.
Ich griff nach meiner Tasche und schloss die Tür hinter uns. Er legte seinen Arm um mich und wir schlenderten zur Tankstelle. Ich zog mir meine Kapuze dicht ins Gesicht. Die Temperaturen stagnierten seit Wochen. Ende Februar und immer noch gefühlte zwanzig Grad im Minusbereich. Aber immerhin war es seit einigen Tagen trocken.
»Und, Kleines? Was macht dein Liebesleben?« Ich wusste, dass die Frage nicht ernst gemeint war. Er kannte meine Einstellung zu Partnerschaft und Liebe. Ich hatte noch nie sonderlich viel für Beziehungen übrig gehabt. Und Liebe, ja, die hatte bisher einen großen Bogen um mich gemacht, und dies war mir auch sehr recht. Der Märchenprinz hoch zu Ross wäre bei mir an der völlig falschen Adresse.
André wusste das. Was er eigentlich wissen wollte, war, wie mein Sexleben lief. Mit ihm darüber zu sprechen, war mir noch nie schwergefallen. Auch diesbezüglich war ich schon immer sehr nüchtern und direkt gewesen. Und André hatte sich über die Jahre an meinen derben Umgangston gewöhnt. Jedenfalls ließ er sich nicht anmerken, ob es ihm unangenehm war. Natürlich ging ich nie ins Detail. Immerhin wollte ich ja auch nicht genau wissen, was er mit seiner Verlobten anstellte. Das war etwas, was ich mir nicht ausmalen mochte. Daher ließ ich bei meinen Schilderungen die Einzelheiten weg. Was eigentlich schade war. Gerade die waren ja das Interessante daran.
»Nichts Besonderes. War lange nicht mehr aus. Die Arbeit war ziemlich anstrengend in den letzten Wochen.« Er sagte kein Wort dazu. Es kam ihm wohl ganz gelegen, dass ich nichts zu berichten hatte. Der letzte Mann, mit dem ich ein sexuelles Verhältnis gehabt hatte, war ihm nicht geheuer gewesen. Mir ehrlich gesagt auch nicht, aber der Sex war gut gewesen. Wir gingen eine Weile schweigend nebeneinander her.