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Zwei Jahre Ferien. Jules VerneЧитать онлайн книгу.

Zwei Jahre Ferien - Jules Verne


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der Bai er­hob, ver­lief die Küs­te von Nord­os­ten nach Süd­wes­ten und be­grenz­te da einen aus­ge­dehn­ten Sumpf, der mit dem öden Vor­land im Nor­den auf­fal­lend kon­tras­tier­te.

      Bri­ant hat­te das Ob­jek­tiv sei­nes Fern­rohrs auf­merk­sam über alle Tei­le die­ses wei­ten Krei­ses hin­weg­ge­führt. Be­fand er sich auf ei­ner In­sel? War er auf ei­nem Fest­land?

      … Er hät­te es nicht sa­gen kön­nen. Wenn es eine In­sel war — so hat­te die­se we­nigs­tens einen ziem­lich be­deu­ten­den Um­fang — mehr konn­te er vor­läu­fig nicht fest­stel­len.

      Er wand­te sich jetzt der West­sei­te zu. Das Meer er­glänz­te un­ter den schrä­gen Strah­len der Son­ne, wel­che all­mäh­lich zum Ho­ri­zont hin­ab­sank.

      Plötz­lich nahm Bri­ant das Fern­rohr sehr has­tig wie­der vor das Auge und rich­te­te es nach der äu­ßers­ten Li­nie der of­fe­nen See.

      »Schif­fe!« rief er für sich. »Vor­über­se­geln­de Schif­fe!«

      In der Tat zeig­ten sich drei schwar­ze Punk­te am Ran­de der glit­zern­den Ge­wäs­ser und in ei­ner Ent­fer­nung, wel­che min­des­tens fünf­zehn Mei­len be­tra­gen moch­te.

      Wie fühl­te sich Bri­ant selt­sam er­regt! War er das Op­fer ei­ner Au­gen­täu­schung! Sah er dort wirk­lich Fahr­zeu­ge vor sich?

      Bri­ant senk­te das Fern­rohr wie­der, rei­nig­te das von sei­nem Atem an­ge­lau­fe­ne Oku­lar und blick­te wie­der hin­aus …

      In der Tat schie­nen die drei schwar­zen Punk­te Schif­fe an­zu­ge­hö­ren, von de­nen man nur den Rumpf se­hen konn­te. Von ei­ner Be­mas­tung zeig­te sich frei­lich nichts, und je­den­falls deu­te­te kei­ne Rauch­säu­le dar­auf hin, dass es Damp­fer in Fahrt wä­ren.

      So­fort kam Bri­ant der Ge­dan­ke, dass die­se Schif­fe, wenn es sol­che wa­ren, sich in viel zu großer Ent­fer­nung be­fan­den, als dass sie Si­gna­le von ihm hät­ten wahr­neh­men kön­nen. Da er auch an­neh­men muss­te, dass sei­ne Ka­me­ra­den die­se Fahr­zeu­ge nicht be­merkt hät­ten, er­schi­en es ihm als das Bes­te, schnellst­mög­lich nach dem »Sloug­hi« zu­rück­zu­keh­ren, um auf dem Strand ein großes Feu­er an­zu­zün­den und dann … wenn die Son­ne ver­sun­ken war …

      Wäh­rend die­ser Ge­dan­ken be­hielt Bri­ant die drei schwar­zen Punk­te un­aus­ge­setzt im Auge. Wie groß war aber sei­ne Ent­täu­schung, als er sich über­zeug­te, dass die­se sich nicht von der Stel­le be­weg­ten.

      Von Neu­em rich­te­te er das Fern­rohr auf die­sel­ben und be­hielt sie ei­ni­ge Mi­nu­ten in des­sen Ge­sichts­feld … Da wur­de es ihm bald klar, dass er nur drei klei­ne Ei­lan­de vor sich hat­te, die im Wes­ten vor der Küs­te la­gen und an de­nen der Scho­ner ge­wiss vor­über­ge­kom­men war, als der Sturm ihn hier­her ver­schlug, die aber bei der Dun­kel­heit nicht be­merkt wor­den wa­ren.

      Die Ent­täu­schung war eine recht schmerz­li­che.

      Jetzt war es um zwei Uhr. Das Meer be­gann wie­der sich zu­rück­zu­zie­hen und ließ den Klip­pen­gür­tel zur Sei­te des stei­len Ufers tro­cken lie­gen. Bri­ant hielt es an der Zeit, nach dem »Sloug­hi« heim­zu­keh­ren, und be­rei­te­te sich vor, nach dem Fuße des Hü­gels hin­ab­zu­stei­gen.

      In­des­sen woll­te er noch ein­mal den öst­li­chen Ho­ri­zont be­sich­ti­gen. Vi­el­leicht er­kann­te er bei dem jetzt tiefe­ren Stand der Son­ne noch einen an­de­ren Punkt des Lan­des, der ihm bis­her ent­gan­gen war.

      Er schritt also noch­mals zu ei­ner um­fäng­li­chen auf­merk­sa­men Beo­b­ach­tung in die­ser Rich­tung, und wahr­lich, er soll­te die­se Mühe nicht zu be­reu­en ha­ben.

      In der Tat un­ter­schied er am äu­ßers­ten Ge­sichts­krei­se und jen­seits der Wäl­der sehr deut­lich eine bläu­li­che Li­nie, die sich auf die Ent­fer­nung von ei­ni­gen Mei­len von Nor­den nach Sü­den hin fort­setz­te, eine Li­nie, de­ren bei­de En­den sich hin­ter der ver­streu­ten Mas­se von Bäu­men ver­bar­gen.

      »Was ist das?« frag­te er sich.

      Noch ein­mal blick­te er mög­lichst scharf hin­aus.

      »Das Meer …! Ja … das ist das Meer!«

      Fast wäre das Fern­rohr sei­nen Hän­den ent­fal­len.

      Da sich das Meer auch im Os­ten aus­dehn­te, un­ter­lag es kei­nem Zwei­fel mehr, dass es kein Fest­land war, auf dem der »Sloug­hi« schei­ter­te, son­dern eine In­sel, eine in der gren­zen­lo­sen Wei­te des Stil­len Ozeans ver­lo­re­ne In­sel, von der sie un­mög­lich wie­der fort­kom­men konn­ten!

      Alle die­se Ge­fah­ren zo­gen wie eine flüch­ti­ge Vi­si­on vor den Ge­dan­ken des jun­gen Kna­ben vor­über. Sein Herz krampf­te sich zu­sam­men, dass er es kaum noch klop­fen fühl­te; doch er ent­riss sich mit Ge­walt die­ser An­wand­lung von Schwä­che, wohl be­grei­fend, dass er sich, so be­un­ru­hi­gend die Zu­kunft auch er­schi­en, nicht nie­der­drücken las­sen durf­te.

      Eine Vier­tel­stun­de spä­ter war Bri­ant wie­der nach dem Strand hin­ab­ge­stie­gen und ge­lang­te auf dem­sel­ben Wege, den er am frü­hen Mor­gen ein­ge­schla­gen hat­te, ge­gen fünf Uhr nach dem »Sloug­hi«, wo sei­ne Ka­me­ra­den sei­ne Heim­kehr mit großer Un­ge­duld er­war­te­ten.

      Ver­hand­lung. — Ein ge­plan­ter und ver­scho­be­ner Aus­flug. — Schlech­tes Wet­ter. — Der Fisch­fang. — Das rie­sen­haf­te Meer­gras. — Co­star und Dole auf ei­nem nicht be­son­ders schnel­len Ren­ner rei­tend. — Die Vor­be­rei­tun­gen zum Auf­bruch. — Auf den Kni­en vor dem süd­li­chen Kreuz.

      ———

      Noch am sel­ben Tag nach dem Abendes­sen mach­te Bri­ant die Gro­ßen mit den Er­geb­nis­sen sei­ner Nach­for­schung be­kannt, die er wie folgt zu­sam­men­fass­te: In der Rich­tung nach Os­ten, jen­seits der Zone der Wal­dun­gen, hat­te er sehr deut­lich eine Was­ser­li­nie wahr­ge­nom­men, wel­che von Nor­den nach Sü­den zu ver­lief; dass die­sel­be dem Meer an­ge­hör­te, er­schi­en ihm nicht zwei­fel­haft. Der »Sloug­hi« hat­te also das Un­glück ge­habt, auf ei­ner In­sel und nicht auf ei­nem Fest­land zu schei­tern.

      An­fäng­lich nah­men Gor­don und die Üb­ri­gen die­se Mit­tei­lung ih­res Ge­fähr­ten mit großer Er­re­gung auf. Wie, sie be­fan­den sich auf ei­ner In­sel und ih­nen fehl­te es an je­dem Mit­tel, von der­sel­ben wie­der weg­kom­men zu kön­nen! Auf die frü­he­re Ab­sicht, nach Os­ten zu wei­ter in das an­ge­nom­me­ne Fest­land vor­zu­drin­gen, soll­ten sie ver­zich­ten! Soll­ten ver­ur­teilt sein, auf ein Schiff zu war­ten, wel­ches zu­fäl­lig an die­ser Küs­te vor­über­se­gel­te! War es denn wirk­lich an dem, dass das ih­nen die ein­zi­ge Aus­sicht auf Ret­tung bot …?

      »Doch soll­te sich Bri­ant in sei­ner Wahr­neh­mung nicht ge­täuscht ha­ben?« be­merk­te Do­ni­phan.

      »Ja, Bri­ant«, ließ sich Cross ver­neh­men, »könn­test du nicht viel­leicht eine Wol­ken­bank für das Meer an­ge­se­hen ha­ben?«

      »Nein«, ver­si­cher­te Bri­ant, »ich bin fest über­zeugt, mich nicht ge­irrt zu ha­ben. Ich habe im Os­ten be­stimmt eine Stre­cke Was­ser ge­se­hen, die sich bis zum Ho­ri­zont aus­brei­te­te.«


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