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Gesammelte Werke von Guy de Maupassant. Guy de MaupassantЧитать онлайн книгу.

Gesammelte Werke von Guy de Maupassant - Guy de Maupassant


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überlegte, stellte die Thatsachen zusammen. Wie war es nur möglich gewesen, daß sie das nicht früher gemerkt hatte, daß sie gar nichts gesehen hatte? Wie hatte sie nur gar nicht verstanden, was die Abwesenheit Julius’ bedeute, die Wiederkehr seiner früheren Eleganz und seiner besseren Laune?

      Sie dachte auch wieder an die nervöse Schroffheit von Gilberta, ihre übertriebene Zärtlichkeit und diese glückliche Stimmung, in der sie sich seit einiger Zeit befand und über die sich der Graf so freute.

      Sie ließ ihr Pferd wieder in Schritt fallen, denn sie mußte ernst nachsinnen, und die schnelle Bewegung störte sie in ihren Gedanken.

      Nachdem die erste Erregung vorüber war, wurde ihr Herz fast wieder ruhig. Sie fühlte keine Eifersucht, keinen Haß, nur Verachtung. Sie dachte kaum an Julius, es wunderte sie gar nichts mehr von ihm, aber der doppelte Verrat der Gräfin, ihrer Freundin, empörte sie.

      Alle Menschen waren also niederträchtig, lügnerisch und falsch! Und Thränen traten ihr in die Augen. Verlorene Illusionen beweint man oft so sehr, wie einen Toten.

      Aber sie nahm sich trotzdem vor, so zu thun, als wüßte sie von nichts und ihr Herz aller Liebe zu verschließen, niemanden zu lieben als Paul und ihre Eltern, und der andern Menschen Gegenwart mit ruhiger Miene zu ertragen.

      Sobald sie heimgekehrt war, warf sie sich auf ihren Sohn, trug ihn in sein Zimmer und küßte ihn wütend eine Stunde lang ohne Aufhören.

      Julius kehrte zum Essen heim, lächelnd, reizend, liebenswürdig und fragte:

      – Kommen denn Papa und Mutting dieses Jahr nicht?

      Sie war ihm für diese Aufmerksamkeit so dankbar, daß sie ihm fast die Entdeckung im Walde verzieh, und der heftige Wunsch überkam sie plötzlich, so schnell als möglich die beiden Menschen wieder zu sehen, die sie nächst Paul am meisten liebte. Sie brachte den ganzen Abend damit zu, ihnen zu schreiben, damit sie nur schneller kommen sollten.

      Sie zeigten ihre Ankunft für den 20. Mai an. Es war erst der siebente des Monats, und mit immer steigender Ungeduld erwartete sie die Eltern, als ob sie außer ihrer kindlichen Zuneigung noch das Bedürfnis empfunden hätte, mit ehrlichen Seelen in Berührung zu sein, mit offenen, reinen Menschen, denen alle Niedrigkeit fern lag, deren Leben, Handlungen, Gedanken und Wünsche immer gerade und ehrlich gewesen.

      Sie fühlte sich wie vereinsamt in ihrer Anständigkeit unter all diesen angefressenen Naturen, obgleich sie schnell gelernt hatte, zu heucheln. Obgleich sie der Gräfin die Hand entgegenstreckte und lächelnd die Lippen bot, fühlte sie in sich die Leere, die Menschenverachtung wachsen und sich entwickeln, und täglich senkten ihr die Neuigkeiten der Gegend einen größeren Ekel, eine größere Verachtung ihrer Umgebung ins Herz.

      Die Tochter der Couillards hatte ein Kind gehabt und die Hochzeit sollte stattfinden.

      Die Magd von Martins – eine Waise – war in andern Umständen; eine kleine Nachbarin, nur fünfzehn Jahre alt, desgleichen; eine Witwe, ein unglückliches, schmutziges, hinkendes, schmieriges Geschöpf, das nur »Dreckschwein« genannt wurde, war sogar trotz ihrer Verkommenheit ebenso.

      Alle Augenblicke hörte man von einem neuen Vorfall dieser Art oder von irgend einem leichtsinnigen Streich, den ein Mädchen begangen, eine verheiratete Bäuerin, Familienmutter oder irgend ein reicher, angesehener Bauer.

      Dies wonnige Frühjahr schien die Säfte empor zu treiben in den Menschen, wie in den Pflanzen, und Johanna, deren erloschene Sinne schwiegen, deren gepeinigtes Herz, deren sentimentale Seele nur durch die warmen, fruchtbaren Düfte bewegt ward, die da träumte, wunschlos begeistert, die das Sehnen liebte, aber der Sinnlichkeit fremd geworden war, wunderte sich voll Widerwillen, der zum Haß wurde, über diesen tierischen Schmutz.

      Die Liebe zweier Wesen empörte sie jetzt, wie etwas Unnatürliches; wenn sie Gilberta zürnte, so war es nicht, weil sie ihr den Mann genommen, sondern weil auch sie in diesen allgemeinen Sumpf geraten war.

      Sie war doch nicht aus demselben Blut wie diese Bauern, bei denen die niedrigen Triebe herrschen, wie hatte sie sich ebenso gehen lassen können wie dieses Gesindel?

      Am Tage, als ihre Eltern ankommen sollten, fachte Julius ihren Widerwillen noch einmal an, indem er ihr lächelnd erzählte, als etwas ganz Natürliches und Komisches, daß der Bäcker am Tage vorher Lärm in seinem Backofen gehört, obgleich es nicht Backcktag gewesen sei; er hatte gemeint, eine herumwandernde Ratte darin zu finden, und entdeckte seine Frau, die nicht gerade Brot hinein that.

      Er schloß:

      – Der Bäcker hat die Öffnung zugestopft, und sie wären beinahe darin erstickt, wenn nicht der kleine Sohn der Bäckersfrau die Nachbarn alarmiert hätte, da der Junge die Mutter mit dem Schmid hatte hineinkriechen sehen.

      Und Julius lachte, indem er sagte:

      – Die Witzbolde geben uns jetzt Liebesbrode zu essen. Das ist wie eine Fabel von Lafontaine.

      Johanna mochte kein Brod mehr anrühren.

      Als die Extrapost an der Rampe hielt und das glücklich lächelnde Gesicht des Barons an der Scheibe erschien, war die junge Frau tief bewegt, und ein Durst nach Liebe kam über sie, wie sie ihn noch nie empfunden.

      Sie war erregt und erschrocken und konnte sich fast nicht mehr auf den Beinen halten, als sie Mutting erblickte. Die Baronon war in diesen sechs Wintermonaten um zehn Jahre älter geworden. Ihre gedunsenen, schlaffen, hängenden Backen hatten sich gerötet, wie mit Blut gefüllt, ihr Auge sah erloschen aus, und sie konnte sich nur noch bewegen, wenn man sie unter beide Armen faßte. Ihr kurzer Atem war pfeifend geworden und ging so schwer, daß man an ihrer Seite fast ein schmerzliches, peinliches Gefühl empfand.

      Der Baron, der sie täglich sah, hatte von diesem Verfall nichts bemerkt, und wenn sie sich über ihre Atemlosigkeit beschwerte und darüber, daß sie immer unbeweglicher würde, sagte er:

      – Aber liebes Kind, ich habe Dich ja nie anders gekannt.

      Nachdem Johanna sie auf ihr Zimmer begleitet hatte, zog sie sich auf das ihrige zurück und weinte bitterlich. Dann suchte sie ihren Vater wieder auf, warf sich an seine Brust, noch Thränen in den Augen und sagte:

      – Aber wie Mama verändert ist! Sag nur mal, was hat sie denn?

      Er war sehr erstaunt:

      – Findest Du, ich finde nicht. Weißt Du, ich habe sie doch nie verlassen, und ich finde, daß es ihr gar nicht schlechter geht, sie ist doch wie immer.

      Abends sagte Julius zu seiner Frau:

      – Hör mal, Deiner Mutter geht es aber schlecht, ich glaube, mit ihr sieht’s sehr bös aus.

      Als Johanna nun anfing, zu schluchzen, ward er ungeduldig:

      – Na, sei doch gut, ich sage doch nicht, daß sie verloren ist, Du schüttest immer das Kind mit dem Bade aus. Sie hat sich eben verändert! Das Alter macht sich bemerklich.

      Nach acht Tagen dachte sie nicht mehr daran, sie war an das veränderte Aussehen der Mutter gewöhnt, und vielleicht drängte sie ihre Besorgnis zurück, wie man immer aus instinktivem Egoismus, im natürlichen Wunsch seine Seelenruhe zu bewahren, Vorahnungen und drohendes Leid zurück zu drängen sucht.

      Die Baronin, die nicht mehr gehen konnte, schöpfte täglich nur eine halbe Stunde Luft. Ihren Weg, den sie nur ein einziges Mal halb hinunter gegangen war, war sie nicht mehr fähig, abzuschreiten; sie verlangte sofort, sich auf ihre Bank zu setzen, und wenn sie sich nicht im stande fühlte, den Weg auch nur bis dahin zurück zu legen, sagte sie:

      – Wir wollen anhalten, heute zerbricht mir meine Hypertrophie die Beine.

      Sie lachte kaum mehr und lächelte nur bei Dingen, wobei sie sich noch vor einem Jahr geschüttelt hätte.

      Da aber ihre Augen vorzüglich geblieben waren, so las sie den ganzen Tag »Corinna« oder Lamartines »Betrachtungen«, oder man mußte ihr die Schublade mit den Andenken bringen. Wenn sie dann die alten Briefe, die ihr lieb waren, auf den Schoß geschüttet hatte, ließ sie das Fach neben sich auf einen Stuhl stellen,


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