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Gesammelte Werke von Guy de Maupassant. Guy de MaupassantЧитать онлайн книгу.

Gesammelte Werke von Guy de Maupassant - Guy de Maupassant


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abzugehen, indem er immerfort mechanisch wiederholte: Mut! Mut! Mut!

      Da sagte er sich: Ich werde auf alle Fälle an meine Eltern schreiben.

      Er setzte sich wieder, nahm einen Bogen Papier und schrieb:

      Lieber Papa und liebe Mama!

      Dann fand er diesen Anfang zu familiär bei einem so tragischen Anlaß. Er zerriß das erste Blatt und begann von neuem:

      Mein lieber Vater, meine liebe Mutter!

      Wenn der Morgen graut, werde ich mich schießen, und da es geschehen könnte…..

      Mehr wagte er nicht zu schreiben und stand mit einem Ruck auf.

      Der Gedanke erdrückte ihn jetzt; er mußte sich duellieren, es war nicht mehr zu vermeiden; was ging nur in ihm vor? Er sollte sich schlagen. Er hatte die Absicht, die bestimmte Absicht, und es schien ihm trotz aller Anstrengung seines Willens, daß er nicht einmal soviel Kraft zusammenraffen könnte, um bis zum Kampfplatz zu gehen.

      Ab und zu schlugen seine Zähne aufeinander mit einen kleinen knirschenden Ton, und er fragte sich: Ob mein Gegner wohl schon mal ein Duell gehabt hat? Ob er gut schießt? Ob er etwa dafür bekannt ist? Er hatte seinen Namen nie gehört, und doch, würde dieser Mann wohl so ohne weiteres, und ohne zu zucken diese gefährliche Waffe angenommen haben, wenn er nicht ein vorzüglicher Schütze war?

      Da stellte sich Duroy ihre Begegnung vor, wie er sich benehmen würde und wie sein Gegner. Er zerquälte seine Phantasie, um sich die geringsten Einzelheiten des Kampfes auszumalen. Und plötzlich sah er vor sich das kleine, schwarze, tiefe Loch des Laufs, aus dem die Kugel ihm entgegenfliegen sollte.

      Da packte ihn fürchterliches Entsetzen. Er zitterte am ganzen Leibe, er biß die Zähne aufeinander, um nicht zu schreien. Und es packte ihn eine tolle Lust, sich am Boden zu wälzen, irgend etwas zu zerreißen, zu zerbeißen.

      Aber da sah er auf dem Kaminsims plötzlich ein Glas, und es fiel ihm ein, daß er ja noch eine volle Flasche Cognac im Schranke stehen hatte; denn er hatte von der Soldatenzeit her noch die Gewohnheit, jeden Morgen ein Gläschen hinter die Binde zu gießen.

      Er nahm die Flasche und trank, indem er diese an den Mund setzte, gierig mit langen Zügen; erst als ihm der Atem ausging, stellte er sie wieder hin. Sie war ein drittel geleert. Bald fühlte er eine Hitze im Magen, sie ging in seine Glieder über, und indem sie ihn berauschte, gab sie ihm Mut.

      Er sagte sich: So nun habe ich ein gutes Mittel! Und da ihm uun die Haut brannte, öffnete er das Fenster. Ruhig, eisig brach der Tag an. Dort oben am hellen Firmament schienen die Sterne zu sterben, und an den tiefen Einschnitten der Eisenbahn erblaßten die grünen, roten und weißen Signallichter.

      Aus dem Lokomotivenhaus kamen die ersten Maschinen und fuhren pfeifend davon, um die ersten Züge abzuholen, andere pfiffen in der Ferne kurz, scharf, wie die Hähne auf dem Lande bei Tagesanbruch krähen.

      Duroy dachte: Das alles sehe ich vielleicht nicht wieder! Aber da er fühlte, wie er wieder schlapp zu werden begann, gab er sich einen Ruck. Ach was, bis es losgeht, muß ich an so was gar nicht denken, nur so kann ich wirklich schneidig sein!

      Und er begann sich anzuziehen. Während er sich rasierte hatte er nochmal eine Anwandlung von Schwäche, als er daran dachte, daß es vielleicht das letzte Mal wäre, daß er sein Gesicht vor sich sähe.

      Aber er nahm noch einen Schluck Cognac und zog sich fertig an.

      Die nächste Stunde ward ihm sauer zu überwinden. Er ging immer auf und ab und mühte sich, seine Seele zu beruhigen. Als es an der Thür klopfte, wäre er beinahe hinten über gefallen, so groß war seine Erregung. Es waren seine Zeugen. – Schon?

      Sie waren in Pelze gehüllt. Rival sagte, nachdem er seines Mandanten Hand gedrückt:

      – Es ist eine Kälte, rein wie in Sibirien.

      Dann fragte er:

      – Nun, wie geht es?

      – Gut!

      – Sind Sie ruhig?

      – Ganz ruhig!

      – Na, es wird schon alles gut ablaufen! Haben Sie schon etwas gegessen und getrunken?

      – Ja, danke, ich brauche nichts.

      Boisrenard hatte zu dieser Gelegenheit einen ausländischen Orden mit grün und gelbem Bande angelegt, den Duroy noch nie bei ihm gesehen.

      Sie gingen die Treppe hinab. Ein Herr erwartete sie im Wagen. Rival stellte vor: – Doktor Le Brument. Duroy gab ihm die Hand und stotterte etwas wie: – Ich danke Ihnen.

      Dann wollte er auf dem Rücksitz Platz nehmen und setzte sich auf etwas Hartes, sodaß er empor fuhr wie von einer Feder geschnellt. Es war der Pistolenkasten gewesen.

      Rival sprach: – Nein, bitte in den Fond. Der Duellant und der Arzt im Fond.

      Duroy begriff endlich und ließ sich an der Seite des Doktors nieder.

      Die beiden Zeugen stiegen nun auch ein, und der Kutscher fuhr fort. Er wußte wohin.

      Aber der Pistolenkasten war allen im Wege, am meisten Duroy, der ihn am liebsten gar nicht gesehen hätte. Man versuchte ihn sich in den Rücken auf den Sitz zu legen, aber er war unbequem beim Anlehnen. Dann stellte man ihn zwischen Rival und Boisrenard aufrecht, aber er kippte immer um. Endlich legte man ihn auf den Boden des Wagens.

      Die Unterhaltung war nicht sehr lebhaft, obgleich der Arzt Anekdoten erzählte. Nur Rival antwortete. Duroy hätte gern seine Geistesgegenwart bewiesen, aber er fürchtete, wenn er spräche, den Faden zu verlieren und die Erregung seiner Seele zu verraten. Dabei überfiel ihn fortwährend die Furcht, er möchte etwa zittern.

      Der Wagen fuhr bald in die freie Ebene hinaus. Es war etwa neun Uhr, einer jener Wintermorgen, wo alles glitzert, und zerbrechlich und hart aussieht, wie Kristall.

      Die bereiften Bäume machen den Eindruck, als hätten sie Eis geschwitzt, die Erde klingt bei den Tritten, die trockene Luft trägt jedes Geräusch weit hinaus. Der blaue Himmel sieht aus wie ein Spiegel und ihn durchzieht die Sonne leuchtend und auch kalt, die auf die erstarrte Welt Strahlen niedersendet, die doch nicht wärmen.

      Rival sagte zu Duroy: – Ich habe die Pistolen bei Gastine Renette geholt. Er hat selbst geladen. Der Kasten ist versiegelt, übrigens werden wir losen, ob wir unsere oder die des Gegners nehmen.

      Duroy antwortete mechanisch: – Danke sehr.

      Dann schärfte ihm Rival allerlei Dinge nochmals ein, denn ihm lag daran, daß sein Mandant nicht etwa irgend einen Fehler beginge. Er wiederholte alles mehrere Male.

      – Wenn gefragt wird: Meine Herren, sind Sie fertig? So müssen Sie laut und kräftig antworten: Jawohl! und kommt das Kommando: Feuer! so heben Sie schnell den Arm und schießen, ehe bis drei gezählt ist.

      Und Duroy wiederholte sich im stillen: Und kommt das Kommando: Feuer! so hebe ich schnell den Arm … und kommt das Kommando: Feuer! so hebe ich schnell den Arm … und kommt das Kommando: Feuer! so hebe ich schnell den Arm und schieße.

      Er lernte das auswendig, wie die Kinder ihre Lektion im Überdruß hersagen, um sie sich recht einzuprägen: Und kommt das Kommando: Feuer! so hebe ich schnell den Arm …

      Der Wagen bog in ein Gehölz ein und wandte sich in eine Allee rechts und dann links und nochmals rechts.

      Plötzlich öffnete Rival die Thür und rief dem Kutscher zu: – Da in den kleinen Weg hinein.

      Der Wagen folgte ein paar Räderspuren zwischen Unterholz rechts und links, wo welkes Laub bereift am Boden zitterte.

      Duroy wiederholte sich fortwährend: Und kommt das Kommando: Feuer! so hebe ich schnell den Arm …

      Und er dachte, die ganze Geschichte würde vielleicht erledigt werden durch irgend ein Unglück mit dem Wagen. Ach wenn sie doch umschmeißen möchten, das wäre mal ein Glück! Wenn er sich doch ein Bein bräche!

      Aber da sah


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