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Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke. Ida PfeifferЧитать онлайн книгу.

Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke - Ida Pfeiffer


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vorüber, zwei Obelisken von Granit, deren einer noch aufrecht steht, der andere in einer kleinen Entfernung im Sande liegt. Wir ritten durch ein elendes jämmerlich aussehendes Dorf; die Hütten waren aus Steinen zusammengefügt, aber so klein und niedrig, daß man kaum glauben sollte, ein Mensch könne darin aufrecht stehen. Die Thüren waren so niedrig, daß sich jeder bücken mußte, um hinein zu kommen. Von Fenstern konnte ich gar nichts entdecken. Und dieses elende Dorf lag in dem Stadtgebiethe, ja sogar inner den Stadtmauern, die einen so ungeheuern Kreis beschreiben, daß sie nicht nur die Stadt Alexandrien selbst, sondern noch mehrere solche kleine Dörfer, viele Landhäuser, einige Boskette und Friedhöfe umfangen.

      In diesem Dorfe sah ich eine Menge Weiber mit dunkel-gelbbraunen Gesichtern, ärmlich und schmutzig, Alle in lange blaue Hemden gekleidet, vor den Häusern sitzen und arbeiten, oder sich mit den Kindern abgeben. Die Arbeit der Weiber bestand im Flechten von Binsenkörben und in Getreide aussuchen. Männer bemerkte ich nicht, sie waren vermutlich auswärts beschäftigt.

      Ich ritt nun auf der sandigen Ebene, auf welcher ganz Alexandrien gebaut ist, fort, und befand mich plötzlich, ohne früher durch eine Gasse zu kommen, auf dem großen Platze.

      Wie mich dieser Anblick überraschte, vermag ich nicht zu beschreiben; da standen lauter große, wunderschöne Häuser mit hohen Pforten, mit regelmäßigen Fenstern und Balkonen, wie in Europa, da rollten Equipagen, so schöne und zierliche, wie man sie nur immer in großen europäischen Städten sehen kann, und dazu dieses Treiben, diese Geschäftigkeit und Verschiedenartigkeit der Menschenmenge. Da gingen die Franken in ihrer heimathlichen Tracht, während man gleich neben ihnen den Turban und Feß des Orientalen entdeckte; unter halb nackten Beduinen und Arabern sah man die langen Frauengestalten in ihre blauen Hemden gehüllt. Da lief ein Neger mit dem Argilé hinter seinem Herrn, der auf stattlichem Roße dahin trabte; dort sah man Franken oder vermummte egyptische Damen auf Eseln reiten. Auf mich, die eben aus dem langweiligen Stillleben der Quarantaine kam, machte dieß alles einen gar mächtigen Eindruck.

      Kaum im Gasthofe angelangt, eilte ich auf das österreichische Konsulat, wo mich der Herr Gubernialrath v. L. sehr gütig aufnahm. Ich ersuchte diesen Herrn, mir zu rathen, auf welche Art ich am ehesten meine Reise nach Kairo antreten könne, da ich mit dem englischen Dampfboote nicht fahren wolle, weil es für diese kleine Entfernung von ungefähr 100 Seemeilen fünf Pfund Sterling (beinahe 50 fl. C.M.) kostet. Der Herr Gubernialrath war so gütig, mir einen Platz auf einer arabischen Barke, welche noch denselben Abend nach Atfé abfahren sollte, besorgen zu lassen.

      Auf dem Konsulate erfuhr ich auch, daß der Maler Herr Sattler vor einigen Tagen mit dem englischen Paketboot von Beirut angekommen und in der alten Quarantaine abgestiegen sei. Ich ritt in Gesellschaft eines Herrn hinaus und war sehr erfreut, ihn recht wohl aussehend zu treffen. Er kehrte so eben von seiner Reise nach Palästina zurück.

      Die Anstalten der alten Quarantaine fand ich etwas besser; auch ist sie der Stadt näher, wodurch man leichter alle Bedürfnisse aus derselben erhalten kann. Auf der Rückkehr war mein Begleiter so gütig, mich durch einen bedeutenden Theil der Türkenstadt zu führen, die mir reinlicher und besser gebaut und gehalten vorkam, als alle bisher gesehenen Türkenstädte. Der Bazar ist nicht schön, und besteht aus hölzernen Buden, deren Inhalt ganz gewöhnliche Handelsartikel ausmachen.

      An demselben Tage, als ich die Quarantaine verließ, ritt ich um 5 Uhr Abends an den Kanal des Nils, der vier und zwanzig Fuß breit und zwölf Stunden lang ist. Eine Menge Barken lagen da, auf deren einer für mich die kleinere Abtheilung der Kajüte bis Atfé um den Preis von fünfzehn Piastern gemiethet war. Ich nahm gleich von meinem Kämmerchen Besitz, richtete mich für die Nacht und den folgenden Tag ein, und wartete eine Stunde um die andere auf die Abfahrt. Spät Abends hieß es endlich, es würde heute gar nicht gefahren. Meine Sachen neuerdings wieder zusammen zu packen, den weiten Weg von beinahe einer Stunde nach dem Gasthofe zu machen, und dann des andern Morgens wieder zu kommen, war mir zu lästig; ich entschloß mich daher auf dem Schiffe zu bleiben, und verzehrte unter Beduinen und Arabern mein frugales, aus kalten Speisen bestehendes Abendmahl.

      Des andern Tages sagte man mir von einer halben Stunde zur andern, es würde abgefahren, es kam aber noch immer nicht dazu.

      Herr von L. hatte mir Nahrungsmittel und Wein mitgeben wollen, ich dachte aber schon diesen Mittag in Atfé zu seyn, und dankte ihm herzlich dafür. Nun hatte ich keine Lebensmittel, nach der Stadt getraute ich mich wegen der zu großen Entfernung nicht mehr zu gehen, und den Schiffleuten konnte ich mich nicht verständlich machen, daß sie mir etwas Brot und gebackenes Fleisch vom nahen Bazar bringen sollten. Endlich zwang mich der Hunger, ganz allein dahin zu wandern, ich drang durch das Volk, das mich zwar neugierig ansah, aber ungestört meinen Weg gehen ließ, und kaufte mir einige Eßwaaren.

      In Alexandrien genoß ich seit meiner Abreise von Smyrna die erste Rindsuppe, so wie auch das erste Stückchen Rindfleisch. Das Weißbrot ist in Alexandrien und Egypten ausgezeichnet gut und schmackhaft.

      Endlich um 4 Uhr Nachmittags fuhren wir ab. Die Zeit war mir ziemlich schnell vergangen, da es an diesem Kanale sehr lebhaft zuging. Barken kamen an und fuhren ab, wurden geladen und ausgeladen, ganze Züge von Kameelen bewegten sich mit ihren Führern hin und her, um die Waaren zu holen oder zu bringen, Militär zog vorüber mit Spiel und Klang, um auf dem nahen Platze seine Übungen zu halten; — immer gab es etwas zu sehen, und so war es 4 Uhr, ohne daß ich eigentlich wußte, wohin die Zeit gekommen sei.

      Auf der Barke befand sich außer mir und den Schiffsleuten Niemand. Die Barken selbst sind lange, etwas schmale Schiffe, in deren Hintertheile sich eine Kajüte mit einem Vordache befindet. Diese Kajüte ist in zwei Kämmerchen getheilt, von denen das erstere, größere, an jeder Seite zwei Fensterchen hat. Das zweite, kleinere ist oft kaum sechs Schuh lang und fünf Schuh breit. Der Platz unter dem Vordache gehört für die ärmere Klasse und die Dienerschaft. Lebensmittel, ein Windöfchen, Holzkohlen, Kochgeschirre u. dgl., ja sogar auch Wasser muß man mitnehmen, denn das Nilwasser ist zwar, da es gar keinen Geschmack hat, äußerst gut, und wird auch in Alexandrien, Kairo und überall getrunken; es ist aber sehr trübe, bräunlich gelb, und muß erst filtrirt werden, damit man es rein und klar genießen kann. So kommt es, daß man sogar auf dem Flusse Wasser mitnehmen muß.

      Längs des Kanals liegen schöne Landhäuser mit Gärten; das schönste unter denselben gehört einem Pascha, dem Schwiegersohne Mehemed Ali's. Als wir an diesem Palaste vorüberfuhren, sah ich den ägyptischen Napoleon zum ersten Male. Er saß vorne auf einer Terrasse, welche eine kleine Rundung in den Nil-Kanal hineinbildete. Er ist ein ganz kleines altes Männchen mit einem schneeweißen langen Barte, aber äußerst lebhaften Augen und Bewegungen. Umgeben war er von mehreren Europäern und einer Anzahl Diener, deren einige griechisch, andere türkisch gekleidet waren. In der Allee stand seine Equipage, ein prächtiger zweisitziger Wagen mit vier schönen Pferden auf englische Art bespannt.

      Die Franken sind sehr für diesen Despoten eingenommen, destoweniger seine Unterthanen. Erstere werden von seiner Regierung sehr begünstigt, während letztere ihren Nacken dem Joche einer tyranischen Sklaverei beugen müssen.

      Der Anblick von Villen und Gärten währt höchstens die ersten Paar Stunden, dann geht die Fahrt bis Atfé sehr einförmig und unbefriedigend zwischen Sandebenen oder kleinen Sandhügeln fort. Rechts sieht man den Mariotischen See und an beiden Seiten höchst armselige Dörfer.

      19. August 1842.

      Um 11 Uhr Vormittags kamen wir in Atfé an, wir waren also in sechzehn Stunden an acht und vierzig Seemeilen gefahren. Atfé ist ein kleines Städtchen, oder vielmehr ein elender Steinhaufen.

      An den Landungsorten hatte ich immer meine größte Noth. Ich sah und fand selten einen Franken, und mußte oft mehrere von den umstehenden Kerls anreden, bis ich einen fand, der italienisch sprach und mir die verlangte Auskunft ertheilen konnte. Da ließ ich mir immer gleich den Weg zum österr. Konsulat zeigen, wo ich dann geborgen war. So ging es mir auch hier. Der Herr Konsul ließ sogleich eine Reisegelegenheit für mich nach Kairo suchen, und bot mir einstweilen ein Zimmer in seinem Hause. Ein Schiff war bald gefunden, indem Atfé ein Hauptstapelplatz ist. Der Kanal mündet hier in den Nil, und da auf dem Strome größere Barken fahren, so werden hier alle Waaren umgeladen und es gehen


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