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Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke. Ida PfeifferЧитать онлайн книгу.

Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke - Ida Pfeiffer


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Unser Trinkwasser wurde täglich schlechter und von den ledernen Schläuchen, in welchen wir es bei uns führten, täglich übelriechender. Die armen Thiere bekamen bis Suez keinen Tropfen zu trinken; zur Nahrung gab man ihnen nur einmal des Tages eine Gattung schlechter Hülsenfrüchte.

      Von 8 Uhr Morgens zogen wir wieder fort, bis ungefähr 5 Uhr Nachmittags. Eine Stunde früher erblickte ich auf einmal das rothe Meer und dessen Umgebung. Ich war über diesen Anblick sehr erfreut, denn in höchstens einer Stunde, schien es mir, könnten wir es erreichen, und da wäre denn die beschwerliche Reise nach Suez geendet. Ich rief meinen Diener, wies ihm das Meer, und äußerte meine Verwunderung, daß wir schon so schnell in die Nähe von Suez gekommen seyen. Er behauptete, dieß sei nicht das Meer, sondern eine Fata Morgana. Ich wollte ihm nicht glauben, weil ich es gar zu natürlich und zu nahe sah. Aber nach einer Stunde waren wir noch eben so weit davon entfernt, und endlich verschwand dieses Trugbild ganz und ich sah erst des folgenden Tages gegen 6 Uhr früh das wirkliche Meer, gerade so und mit denselben Umgebungen, wie ich es Abends zuvor gesehen hatte.

      Um 5 Uhr Nachmittags machten wir endlich Halt. Ich legte mich beinahe ganz erschöpft auf den Sand, wo ich über drei Stunden herrlich schlief. Da weckte mich mein Diener und sagte, es sei eine Karavane vor uns, an welche wir uns anschließen müßten, da die noch folgende Wegesstrecke nicht so sicher sei, wie jene, die wir die vorige Nacht durchzogen hätten. Ich war gleich bereit, bestieg mein Kameel, und um 8 Uhr Abends ging es wieder weiter.

      In kurzer Zeit hatten wir die Karavane eingeholt, und unsere Thiere wurden den vorangehenden angereiht, so daß jedes an seinen Vorgänger mit einem Stricke gebunden war. Es war schon ganz dunkel, und ich konnte von den Leuten, die vor mir auf einigen Kameelen saßen, nur so viel erkennen, daß es eine arabische Familie war. Sie reisten in Verschlagen, die gleich Hühnersteigen ungefähr 1½ Fuß hoch, 4 Fuß breit und eben so lang waren. In einem solchen Kasten saßen zwei, drei Menschen mit kreuzweis unterschlagenen Beinen. Manche hatten sogar ein leichtes Zelt über den Verschlag gespannt. Plötzlich rief eine Weiberstimme meinen Namen.

      Ich stutzte und meinte nicht recht gehört zu haben, denn wer in der Welt sollte hier mit mir zusammentreffen, der noch dazu meinen Taufnamen wußte? Doch abermals rief es sehr verständlich „Ida! Ida!" Da kam ein Diener herbei und sagte mir, auf dem vordern Kameele säßen einige Araberinnen, welche mit mir die Reise auf der Nilbarke von Atfé nach Kairo gemacht hätten. Sie ließen mir sagen, sie seien jetzt auf dem Wege nach Mekka, und hätten eine große Freude mich nochmals zu sehen. Ich war wirklich äußerst überrascht, so fest im Gedächtniß dieser guten Menschen zu leben, daß sie sogar meinen Namen noch nicht vergessen hatten.

      In dieser Nacht sah ich eine herrliche Naturerscheinung, die mich so überraschte, daß ich im ersten Augenblick unwillkührlich einen leisen Schrei ausstieß. Es mochte ungefähr gegen eilf Uhr gewesen seyn, da erhellte sich plötzlich links vor mir der Himmel, als ob Alles in Feuer stünde; eine große feurige Kugel durchfuhr mit Blitzesschnelle die Luft, senkte sich zur Erde, im selben Augenblicke erlosch das Leuchten der Atmosphäre und das vorige Nachtdunkel war wieder über die Gegend gebreitet. — Ich ritt heute abermals die ganze Nacht durch.

      28. August 1842.

      Um 6 Uhr Morgens erblickte ich das rothe Meer. Schon früher zeigt sich rechts die Gebirgskette des Mokkatam. Ungefähr anderthalb Stunden vor Suez kamen wir an einen Brunnen, der schlechtes, salzig schmeckendes Wasser enthält. Dessen ungeachtet ging es hier äußerst lebhaft zu. Die Leute lärmten und schrien, zankten und balgten sich; Kameele, Esel, Pferde und Menschen drängten und stürmten zu den Brunnen, und wer ein Bischen Wasser erobert hatte, fühlte sich überglücklich.

      Gleich neben diesem Brunnen liegt eine Kaserne, an dem Brunnen selbst ist beständig Militär aufgestellt, um mit dem Stocke Frieden zu stiften.

      Das Städtchen Suez sieht man von hier aus sehr deutlich am Meere ausgebreitet liegen. Die bedauernswürdigen Städter müssen ihren Wasserbedarf entweder hier, oder zwei Stunden unterhalb Suez an der Meeresküste holen lassen. Ersterer Transport geschieht durch Kameele, Pferde und Esel, letzterer zu Meer aus Booten und kleinen Schiffen.

      Das Meer zeigt sich hier ziemlich schmal und eingerahmt in gelbbräunlichen Sand, dann gleich über der Meerenge selbst ist die Fortsetzung der großen lybischen Flugsandwüste. Der Gebirgszug des Mokkatam zieht auf der rechten Seite der Wüste von Kairo an das rothe Meer. Man verliert diese Kette ganz aus dem Gesichte, bis auf die letzten zehn, zwölf Stunden, bevor man Suez erreicht Dieses Gebirg ist nicht hoch und ganz kahl, ober dennoch ruht der Blick mit Vergnügen auf den verschiedenartigen Formen seiner Felsen.

      Nachdem wir über eine Stunde am Brunnen geruht hatte, ohne für unsere armen Thiere Wasser erlangen zu können, beeilten wir uns, die Stadt zu erreichen. Um 9 Uhr früh befanden wir uns bereits in ihren Mauern. Über Stadt und Gegend ist nichts zu sagen, als daß beide einen höchst traurigen Anblick gewähren. Von einem Garten oder auch nur von einigen Bäumen ist nirgends etwas zu sehen.

      Ich machte dem Herrn Konsul meine Aufwartung und stellte mich ihm als österreichische Unterthanin vor. Er war so gütig, mir in seinem Hause ein Zimmer anzuweisen, und ließ mich durchaus in keinem Gasthofe absteigen. Schade, daß ich nur durch einen Dragoman mit ihm sprechen konnte. Als geborner Grieche sprach er nur seine Muttersprache und arabisch. Er ist der reichste Kaufmann in Suez (man schätzt ihn auf 150,000 Collonati), was viel sagen will, und bekleidet die Stelle eines Konsuls von Oesterreich und Frankreich nur als Ehrenposten.

      In dem Städtchen selbst ist gar nichts Merkwürdiges zu sehen. Am Meere zeigte man mir die Stelle, wo Moses die Israeliten hindurch führte. Das Zurücktreten des Meeres zur Ebbezeit ist hier so außerordentlich, daß ganze Inseln zum Vorschein kommen, und daß zu dieser Zeit auch heutigen Tages noch immer ganze Karavanen durchziehen, weil dann das Wasser den Kameelen nicht einmal bis an den Bauch reicht. Die Beduinen und Araber gehen sogar durch. Da es gerade Ebbezeit war, so ritt auch ich durch, um wenigstens sagen zu können: ich habe es den Israeliten gleich gethan. Am Ufer fand ich einige hübsche Muscheln, doch fischt man die wahren Schätze dieser Art erst einige Tagesreisen höher hinauf bei Ton. Von Perlmuttermuscheln sah ich ganze Ladungen transportiren.

      Ich blieb bis vier Uhr Nachmittags in Suez, wo ich durch eine herrliche Mahlzeit und ziemlich gutes Wasser meine Kräfte wieder vollkommen hergestellt hatte. Der Konsul läßt den Bedarf des Trinkwassers sechs Stunden weit herbringen, denn alles nähere Wasser schmeckt salzig. Er war so gütig, mir eine Flasche Wasser mit auf dem Weg zu geben. Im Gasthofe zu Suez kostet eine Flasche Wasser zwei Piaster.

      Die erste Nacht meiner Rückreise brachte ich theils in einem Beduinen-Lager, theils auf dem Wege in Gesellschaft der einen oder andern Karavane zu. Die Beduinen lernte ich als gute, gefällige Menschen kennen, ich konnte mich ungestört hinbegeben wo ich wollte, und wurde von ihnen nie im Geringsten beleidigt. Im Gegentheile brachten sie mir, als ich mich in ihrem Lager befand, eine Kiste und eine Strohmatte, um mir einen guten Sitz zu bereiten.

      Die Rückreise war eben so einförmig, langweilig und ermüdend wie die Hinreise, mit dem einzigen Unterschiede, daß ich am letzten Tage noch einen Zank mit meinen Leuten hatte. Ich war nämlich durch einen sehr anhaltenden Ritt äußerst ermüdet und befahl meinem Diener die Kameele einzuhalten, weil ich einige Stunden schlafen wolle. Allein der Spitzbube wollte nicht gehorchen und gab vor, die Gegend sei unsicher, und wir müßten trachten, eine Karavane zu erreichen. Dieß war jedoch nichts als eine Ausrede, um so schnell als möglich nach Hause zu kommen. Ich ließ mich aber nicht abschrecken, und bestand auf meinem Begehren. Ich gab vor, mich neuerdings beim Konsul in Suez wegen der Sicherheit erkundigt und erfahren zu haben, daß durchaus nichts zu fürchten wäre. Dessen ungeachtet gehorchten sie nicht und zogen fort. Nun wurde ich böse und befahl dem Diener abermals, mein Kameel stehen zu lassen, indem ich fest entschlossen sei, keinen Schritt weiter zu gehen.

      Kameele und Leute, sagte ich ihm, hätte ich gemiethet, folglich hätte ich auch zu befehlen; wolle er nicht gehorchen, so möge er nur sammt dem Kameeltreiber weiter ziehen. Ich würde mich dann an die erste Karavane, die käme, anschließen, und ihn, sollte mich die Klage noch so hoch kommen, schon vor Gericht zu finden wissen. Der Kerl ließ nun mein Kameel stehen und zog mit den Andern und mit dem Treiber fort. Vermuthlich dachte er, mich auf diese Art zu


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