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Apokalypse Pallantau. Arno EndlerЧитать онлайн книгу.

Apokalypse Pallantau - Arno Endler


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ist gleich fertig.“

      „Danke. Ich muss kurz raus, um mal nach der LR-Antenne auf dem Dach zu schauen. Die Kommunikation ist eingeschränkt.“

      „Gut. Mach nicht so lange.“

      Parrer nickte und folgte Gira nach draußen.

      Dort wartete Genba, die natürlich ihre Brille trug. Ein Anachronismus, selbst auf einer neubesiedelten Heimat. Doch sie weigerte sich, die Augenkorrektur vornehmen zu lassen.

      Parrer wusste nicht weshalb.

      Genba stand neben Ichmach, dem Pallantaurier. Dessen massige, stiergroße Gestalt wirkte seltsam deplatziert zwischen den drei schlanken, beinahe zierlichen Farmgirls. Dabei war er der einzige Ureinwohner. Bis zur Ankunft der Menschen auf Rannuiemmi mussten sich diese Lebewesen den Planeten mit niemandem teilen.

      Inzwischen hatte sich Parrer an den Anblick des halbintelligenten Pallantauriers gewöhnt. An das sich weich anfühlende, himmelblaue Fell, typisch für die Männchen der Spezies, und an den fünfzig Zentimeter langen Rüssel, mit dessen Hilfe die Kreaturen das Gras ausrissen, um sich davon zu ernähren.

      Pallantaurier hatten keine Fressfeinde auf Rannuiemmi und lebten streng vegetarisch. Sie waren sehr friedliebend. Einigen Exemplaren hatte man einen Übersetzungs-Chip implantiert, der es ermöglichte, die unverständlichen Lautäußerungen mittels einer App wiederzugeben. Ichmach trug einen Chip in seinem Nacken.

      Aus einem unbekannten Grund schienen die Pallantaurier problemlos die Sprache der Kolonisten zu verstehen. Zumindest einfache Sätze. Zu höheren Leistungen war das Gehirn nicht fähig.

      Genba war stets diejenige, die sich mit Ichmach unterhielt. Es hatte sich so ergeben. Die beiden ungleichen Lebewesen lagen offenbar auf einer Wellenlänge.

      Doch das übliche Lächeln auf dem Gesicht des Farmgirls war verschwunden. Sie strich sich nervös durch das raspelkurze blonde Haar, tätschelte dem Pallantaurier die Flanke und winkte Parrer herbei.

      „Was ist denn?“, fragte der Farmer ungeduldiger, als er es gewollt hatte.

      „Ichmach hat eine sehr merkwürdige Aussage gemacht. Ich habe sie gespeichert.“

      Genba drehte das Tablet in ihren Händen, so dass Parrer das Display erkennen konnte.

      „Wir waren draußen beim Ostfeld sieben und pflügten mit Ichmach. Dann kam das Erdbeben. Wir waren überrascht. Und da habe ich Ichmach gefragt, ob er so ein Erdbeben schon mal gespürt hat.“

      „Und?“, hakte Parrer nach und machte dabei eine beschleunigende Handgeste.

      „Er verstand zunächst nicht, was ich mit Erdbeben meinte. Also musste ich es umschreiben, bis er kapierte, wovon ich sprach. Und er gab mir diese Antwort.“

      Genba drückte auf einen virtuellen Knopf und eine Nachricht in fetten Buchstaben flashte auf.

      MUTTER WIRD STERBEN

      „Mutter wird sterben? Welche Mutter? Seine?“, fragte Parrer.

      Genba zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Ich habe ihn mehrfach aufgefordert, mehr zu sagen. Aber es kommt nur das.“

      „Ichmach?“, wandte sich Parrer an den Pallantaurier.

      Dessen traurig dunklen Augen sahen den Farmer an. „Sind wir in Gefahr? Müssen wir hier weg?“

      Aus dem massigen Leib brummte es heraus. Die Lautäußerungen der Pallantaurier bildeten Vibrationssegel nahe der Lungen. Es klang stets wie ein summender Bienenschwarm. Nicht unterscheidbar für menschliche Ohren.

      Doch der Chip übersetzte die wenig stringenten Gedankenimpulse der Tiere. Das Vokabular wuchs langsam mit der Zahl der Implantierten und dem steigenden Interesse der Forscher.

      Das Brummen endete abrupt.

      Auf dem Display las Parrer die bereits bekannte Botschaft. MUTTER WIRD STERBEN

      „Wir müssen das an die Leitgruppe in Mount Elias melden“, meinte Genba und schob sich die Brille zurecht.

      „Müssen – ja, können – nein. Die Loqui-Rete-Kommunikation ist ausgefallen. Jemand muss aufs Dach“, entgegnete Parrer.

      „Das mache ich“, bestimmte Gira, die technisch begabt war.

      „Okay. Aber nach dem Essen“, sagte Parrer. „Wir sollten uns stärken.“

      „Was gibt es?“, fragte Genba.

      „Kartoffeln“, antwortete Gira. „Schon wieder.“

      Für das Essen setzten sich alle in der üblichen Sitzfolge an den großen Tisch im Raum neben der Küche. Parrer hörte mit halbem Ohr der Diskussion zwischen Genba und Nahita zu, die verschiedene Aspekte der Lautäußerungen Ichmachs besprachen. Er verstand nur die Hälfte, da die beiden Frauen Fachbegriffe der Exobiologie benutzten, die ihm wenig bis gar nichts sagten.

      Er wusste, dass Nahita neben der Hausarbeit weiter an den Merkwürdigkeiten des Lebenszyklus der Pallantaurier forschte. Dies befriedigte sie in einem Maße wie ihn die Feldarbeit. Allerdings kam er sich regelmäßig dumm vor, wenn sie ihm über ihre Arbeit berichtete.

      Genba steckte noch am Anfang des Studiums, saugte jedes Wort ihrer Mentorin auf, antwortete mit vollem Mund, sobald es aus ihr heraus musste, und scherte sich nicht um die umherfliegenden Bröckchen.

      Scala und Gira aßen schweigend. So ähnlich wie sie in Haarfarbe und Statur wirkten, so unterschiedlich waren ihre Essmanieren. Gira schaufelte nahezu wütend die Kartoffelbratlinge in sich hinein, nutzte Messer und Gabel wie Werkzeuge, mit denen sie sonst Maschinen reparierte. Scala schien gedankenverloren, sprach immer ein leises Gebet vorweg, was alle anderen am Tisch ignorierten.

      Mehrfach stockte Scala heute die Hand mit der Gabel auf halbem Weg zum Mund. Das Farmgirl hypnotisierte einen Punkt irgendwo im Nichts, bis ein kleiner Ruck durch den schlanken Körper fuhr und sie weiteraß.

      Parrer fragte sich erneut, weshalb sie sich dem dreijährigen Freiwilligendienst auf einer frischen Heimat gestellt hatte. Es wollte einfach nicht zu der in sich gekehrten Frau passen.

      Gira leerte ihren Teller in Rekordzeit. Man merkte ihr die mangelnde Begeisterung für Kartoffelgerichte nicht an. Sie tippte Scala in die Seite, als diese wieder mitten in der Bewegung eingefroren war. „Komm, iss auf. Du kannst mir bei der Antenne helfen.“

      Scala schenkte ihr ein Lächeln und widmete sich intensiver dem Essen.

      Parrer registrierte eine Bewegung jenseits des einzigen, aber sehr breiten Fensters. Dort sah man nicht nur den Ozean, sondern auch den massigen Leib Ichmachs, der in die Stube starrte. Der Rüssel pendelte im Takt eines unsichtbaren Metronoms. Seine Augen suchten nach Genba, die der halbintelligente Einheimische ins Herz geschlossen hatte. Gelegentlich schliefen die beiden Seite an Seite im Freien, was bei Temperaturen ganzjährig um die zwanzig Grad problemlos möglich war.

      Er ist der einzige Mann außer mir im Umkreis von fünfzig Kilometern, dachte Parrer und musste gleichzeitig schmunzeln. Kein Wunder, dass Nahita ein Mädchen erwartete, bei der geballten Frauenpower der Farm.

      „Wir kümmern uns um die LR-Kommunikation“, verkündete Gira und zerrte Scala mit sich.

      Parrer sah den beiden jungen Frauen nach. Giras nackte Beine und Arme irritierten ihn stets aufs Neue. Das Farmgirl stammte von Permes, der 201. Heimat des Menschenraums, eine Welt voller gewaltiger Gletscher und eisbedeckter Kontinente, auf der nur ein schmaler Streifen rund um den Äquator bewohnt war. Aber auch in diesem grünen Vegetationsgürtel stiegen die Temperaturen selten über zehn Grad. So war das erste, was Gira auf Rannuiemmi getan hatte, die übliche Siedlermontur, ein multifunktionaler Stoff, der wenig körperformbetonend und mausgrau gefertigt worden war, mit einer Schere zu bearbeiten. Herausgekommen waren eine Shorts, die knapp den halben Oberschenkel bedeckte, und als Oberteil ein Unterhemd in Form eines ärmellosen Shirts. Gira zog viele Blicke auf sich, wenn sie mit zum Raumhafen oder nach Marketplace reiste, um dort die Ernte zu verkaufen und Ersatzteile zu besorgen. Die gaffenden Männer interessierten


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