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Inseldämmerung. Bent OhleЧитать онлайн книгу.

Inseldämmerung - Bent Ohle


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und die beiden hatten ihn verraten? Unweigerlich griff Brockhaus zu seiner Waffe, die in einem Holster am Rücken steckte.

      Der Wind blies ihm so heftig entgegen, dass er kaum ein Bein vor das andere setzen konnte. Wenn er sich jetzt einfach vornüberfallen ließe, hielte der Wind ihn vermutlich aufrecht. Weiter vorn wurde ein Beamter auf ihn aufmerksam, und jetzt erkannte Brockhaus auch den Grund für ihr Hiersein: Ein Baum war umgestürzt und lag quer auf der Straße. Die Feuerwehr war dabei, ihn mit Kettensägen in kleine Teile zu zersägen.

      »Hier ist im Moment gesperrt!«, rief ihm der Polizist entgegen. Er trug seine Mütze unter dem Arm, weil sie sonst weggeflogen wäre. Seine Hosenbeine flatterten wie kaputte Segel.

      »Ich muss nur kurz runter zum Jachthafen, die Boote sichern!«, schrie Brockhaus ihm entgegen. Rechts zweigte ein Weg in Richtung des Restaurants ab. »Ich geh einfach hier entlang!«

      Der Beamte blickte zweifelnd in Richtung des mit Ausnahme einer Handvoll Boote verlassen daliegenden Jachthafens. Das Wasser war grau, und sogar hier, in dieser geschützten Bucht, prallten schaumige Wellen gegen die Uferböschung.

      »Okay!«, rief er und nickte ihm zu. »Seien Sie vorsichtig.«

      »Dauert nicht lange«, behauptete Brockhaus, während er bereits überlegte, wie er Simon und Till signalisieren konnte, dass sie vorsichtig sein mussten, wenn sie hier auftauchten. Zum Glück mussten sie vorher in den Rüschweg abbiegen.

      Er wandte sich dem kleinen Weg zu und ging am Restaurant vorbei, das heute geschlossen war. Abgesehen von den Polizisten und Feuerwehrleuten schien er der einzige Mensch zu sein, der hier im Gewerbegebiet unterwegs war. Drüben auf der anderen Kanalseite lag hinter dem Rollfeld die große Halle von Airbus. Alle Flugzeuge waren sicher im Hangar untergebracht worden. Jenseits der riesigen Anlage schob sich eine schwarze Wolkenfront heran wie eine sich auftürmende Welle. Der Sturm wütete schon den gesamten Tag in ganz Norddeutschland, doch es würde noch viel heftiger werden. Wenn sie erst draußen waren und diese Wolkenfront sie erreicht hatte, wenn die Dunkelheit vollends hereingebrochen war, würden sie mitten im schlimmsten Unwetter der letzten Jahre auf offener See navigieren müssen. Aber er war trotzdem zuversichtlich. Es war Teil seines Plans, der Sturm kam ihm gelegen. An seinen Fähigkeiten als Kapitän zweifelte er nicht. Er kannte diese Gewässer seit seiner Kindheit.

      Die Jacht lag als einziges Boot in einem der Anlegearme auf der östlichen Seite der Bucht. Die »Marlene« war die Jacht seines Vaters gewesen, ehe er sie nach dessen Tod geerbt hatte. Mit ihr waren sie all die Jahre hinausgefahren, an Wochenenden, im Urlaub, wann immer seinem Vater der Sinn danach stand. Meistens waren sie zu zweit unterwegs gewesen. Seine Mutter war nur mitgekommen, wenn sie Urlaub machten. Er hasste und liebte dieses Boot gleichermaßen. Nein, so ganz standen Hass und Liebe nicht in der Waage. Brockhaus lächelte bitter und betrat den Steg. Er musste aufpassen, dass die Böen ihn nicht ins Wasser manövrierten.

      Das kleine eiserne Tor war abgeschlossen. Er ließ es für Simon und Till offen und ging die paar Schritte, bis er vor dem Bug stand. Er hatte sie lange nicht mehr gesehen. Als Kind hatte er sie »Marlene« genannt, was seinen Vater fast zur Weißglut brachte. »›Marlen‹ wird es ausgesprochen«, hatte er ihn belehrt, »das e ist stumm.«

      Aber irgendwie war ihm dieses verdammte e immer wieder rausgeflutscht. Es war wie ein Fluch, seine Zunge machte, was sie wollte. Dieses kleine, unscheinbare e konnte seinen Vater in einen anderen Menschen verwandeln. Es war zwar da, aber es durfte nicht in den Mund genommen werden. Und wehe, wenn doch. Wehe, wenn doch.

      Brockhaus blickte über die Schulter zurück auf die Straße, wo die Baumfällarbeiten beendet waren. Die Männer räumten die zerkleinerten Stammteile und Äste von der Straße. Niemand kümmerte sich um ihn. Alle waren beschäftigt.

      Mit einem Satz sprang er an Bord und öffnete die Tür, die ins Innere des Bootes führte. Eine schmale Treppe fiel steil zur Kajüte hin ab, eine zweite führte nach oben auf die Brücke. Der Geruch, der ihm hier drin entgegenschlug, war fast betäubend vertraut. Er hatte irgendwo gehört oder gelesen, dass Gerüche von allen Sinneseindrücken Erinnerungen am unmittelbarsten heraufbeschwören konnten. Das stimmte, verflucht noch mal, wirklich. Es war fast wie eine Zeitreise.

      Das Boot begann leicht zu schwanken, und Brockhaus musste sein Gleichgewicht ausbalancieren, um nicht die Treppe hinunterzufallen. Mit beiden Händen zog er sich an den Handläufen hinauf und legte seinen Rucksack ab. Er trat hinter das Steuerrad und schaute durch die schmutzige Scheibe hinaus zu den Aufräumarbeiten. Das Blaulicht durchdrang zuckend die Dunkelheit und ließ groteske, zappelnde Schatten der umliegenden Bäume entstehen.

      Plötzlich fiel von der linken Seite ein Lichtstrahl herein, und Brockhaus fürchtete schon, den Polizisten mit einer Taschenlampe dort zu sehen, doch es war der Geldtransporter, der am Ende der kleinen Straße parkte. Brockhaus stieg wieder nach unten und ging an Deck, um die beiden zu erwarten. Mit den wasserdichten Säcken in den Händen kamen sie über den Steg auf ihn zu.

      »Hat alles geklappt?«, fragte er und nahm die Säcke von Simon entgegen. An Tills Gesicht erkannte er, dass es nicht so ganz nach Plan abgelaufen war. Er hatte eine Platzwunde an der Stirn und Schwellungen.

      »Bernd hat Schwierigkeiten gemacht«, antwortete Simon.

      »Sie sind beide tot«, ergänzte Till. »Niemand hat uns gesehen.«

      »Okay. Habt ihr noch mehr?«

      »Allerdings.« Simon machte kehrt und ging zurück zum Transporter.

      »Park ihn an der Autowerkstatt, da fällt er nicht so auf!«, rief Brockhaus ihm nach.

      Till sprang zu ihm an Deck. Sie reichten sich die Hände.

      »Gut gemacht.« Brockhaus lächelte ihn an und musterte ihn dann prüfend. »Wie viel ist es ungefähr?«

      »Kann ich nicht sagen«, entgegnete Till mit Blick auf die Feuerwehr- und Polizeiwagen auf der Straße. »’ne Million bestimmt.«

      »Okay, zählen können wir später.«

      Auf dem Steg näherten sich eilige Schritte. Simon erwartend, drehten sie sich um und sahen zunächst nur, dass die Taschen fehlten. Dann blitzte das Licht einer Taschenlampe auf, und Brockhaus begriff, dass es nicht Simon, sondern der Beamte war, der ihn auf der Straße angesprochen hatte.

      Er griff Till fest am Arm, um ihm anzuzeigen, dass er nicht überreagieren solle.

      »Ist alles in Ordnung?«, rief ihnen der Beamte zu und leuchtete sie mit der Taschenlampe an.

      »Ach, Sie sind’s«, sagte Brockhaus und lächelte. »Ja, alles gut. Die Kollegen von der Sicherheitsfirma helfen mir nur.«

      Der Lichtstrahl bewegte sich auf Tills Brust und blieb auf dem kleinen Wappen auf seiner Brust haften.

      »Da kommt noch einer«, sagte Brockhaus und deutete auf Simon, der nun ebenfalls – mit leeren Händen und sichtlich verunsichert – den Steg herunterkam. Der Beamte drehte sich um und leuchtete auch ihn an.

      »’n Abend«, grüßte er.

      »Moin«, sagte Simon nur.

      »Ich dachte, ihr Jungs macht nur Geldtransporte.«

      »Nein, wir sind auch für Gebäudesicherung und Events zuständig. Wir machen so gut wie alles.«

      Der Polizist lachte. »Dann sind wir ja fast Kollegen.«

      »Wie sieht’s auf der Straße aus?«, fragte Brockhaus nach.

      »Oh, der Baum ist in kleine Häppchen zerteilt und wird jetzt abtransportiert.«

      »Dann wünsch ich Ihnen trotz des Einsatzes noch ein schönes Fest.«

      »Danke, Ihnen auch.«

      Der Polizist hob seine Hand zum Abschied und ließ seinen Blick an der Jacht entlanggleiten. »Wer lässt sein Boot bei so einem Sturm im Hafen liegen?«, fragte er.

      »Jemand, der genug Geld hat, dass es ihm egal ist«, sagte Brockhaus, und der Polizist lachte.

      »Na dann.«


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