Perry Rhodan Neo Paket 24. Perry RhodanЧитать онлайн книгу.
der FANTASY war glaubhaft, und Sie haben ein paar tolle Reden gehalten bei Ihren letzten Auftritten. Bedaure, Systemadmiral, aber da können Sie nicht mithalten.«
»Wahrscheinlich hab ich den Mund oft zu voll, dann nuschle ich nämlich.« Bull tippte sich vielsagend an den Mundwinkel, um Ngata dazu zu bringen, sich den Milchschaum abzutupfen.
»Die Kolonien lieben Sie, Perry«, fuhr der Präsident der Solaren Union fort. »Und in der Konsequenz tun das auch Leute wie Dabrifa. Sie sind ein Held, ein Rebell, ein Freiheitskämpfer, eine Galionsfigur, suchen Sie es sich aus.«
»Ich habe mir nichts davon ausgesucht, John«, stellte Rhodan klar und meinte es auch so. »Das wissen Sie.«
Maui John Ngata tat den Einwand ab wie eine Fliege. »Ob Sie wollen oder nicht, so was kriegt man ab und wird es nie wieder los. Und sobald publik wird, dass der Obmann von Olymp Ihre Tochter ist – was meinen Sie, wird das für die politische Stabilität der Kolonien bedeuten?«
»Nathalie hat alle Möglichkeiten, damit umzugehen«, sagte Rhodan. »Sie regiert nicht, weil sie meine Tochter ist – sondern gerade weil sie sich von mir losgesagt hat.«
»Kommt ganz darauf an, wie wir es verkaufen«, widersprach Michelsen. »Der Vater hier, die Tochter dort – was für ein schöneres Symbol für das Verhältnis zwischen Erde und Kolonien kann man sich wünschen?«
»Sie beugen sich also dem öffentlichen Druck«, stichelte Bull und lehnte sich zufrieden zurück. »Ich will ja nicht sagen, dass ich's Ihnen prophezeit habe, aber: Ich habe es Ihnen prophezeit. Nur ist es ein bisschen spät, finden Sie nicht?«
»Es ist nie zu spät, einen Fehler zu korrigieren.« Michelsen sah Rhodan erwartungsvoll an.
Rhodan griff nach Thoras Hand und drückte sie kurz, damit sie sich nicht überfahren fühlte. Dann schüttelte er den Kopf.
»Reginald hat recht«, sagte er. »Der Zeitpunkt, meine neuerliche Berufung als eine Korrektur aus Einsicht zu verkaufen, ist vorbei. Die Menschen werden es Ihnen nicht abnehmen – nicht mehr. Sie werden nur sehen, dass die Terranische Union versucht, ihr Gesicht zu wahren und zur Tagesordnung zurückzukehren.«
Michelsens Gesicht verschloss sich wie eine Jalousie. »Was wollen Sie damit sagen?«
Rhodan wählte seine Worte mit Bedacht. »Ich würde vorschlagen, dass wir das gegenwärtige Arrangement beibehalten. Marcus Everson führt als Stellvertretender Systemadmiral das Tagesgeschäft bei der Terranischen Flotte – Reginald bleibt Protektor und Ihre Galionsfigur.«
»Ich übe auch brav meine Tanzschritte«, gelobte Reginald Bull.
»Nur damit ich Sie recht verstehe«, wiederholte Michelsen. »Ich biete Ihnen Ihren alten Titel wieder an – und Sie lehnen ab?«
»Ich glaube, dass es so das Beste ist«, sagte Rhodan beschwichtigend. Er wollte Michelsen nicht vor den Kopf stoßen. »Für die Erde. Die Menschen. Den politischen Prozess.«
Michelsen stellte ihren Latte macchiato ab. »Also schön. Aber bitte glauben Sie nicht, dass Sie nächste Woche zu mir kommen und Ihre Meinung ändern können!«
»Ich weiß, dass ich das nicht tun werde«, bekräftigte Rhodan. »Nicht nächste Woche, nicht übernächste und die darauf auch nicht. Und das ist genau der Punkt.«
Thora Rhodan da Zoltrals Miene verriet ihm, dass sie ihn verstand. Sie hatte damit gerechnet, dass dieser Moment irgendwann kommen und seine Entscheidung so ausfallen würde. Dafür brauchte sie keinen Logiksektor – sie empfand denselben Zwiespalt wie er. Selbst Bull blickte verständnisvoll, vielleicht sogar erleichtert.
Sie alle waren Unsterbliche. Kosmische Mächte hatten sie berührt und ihren Lebensweg verändert. Man konnte sie immer noch töten, man konnte sie täuschen; doch genauso gut mochten sie auch immer älter werden, immer wissender – und immer fremder. Eines Tages würden sie werden wie Atlan da Gonozal oder Mirona Thetin, mit all ihren Stärken und all ihren Fehlern. Sie würden sich unter gewöhnlichen Menschen wie Erwachsene unter Kindern fühlen, und genau wie Eltern, die ihre Kinder nicht ernst nahmen, würden sie auch Entscheidungen für sie treffen. Rhodan wusste nicht, ob man so jemanden – so etwas – noch in demokratische Prozesse integrieren konnte oder sollte.
Man hatte den Horizont von ihnen fortgerückt, in eine Weite, die sich sterbliche Menschen nicht vorstellen konnten, auch nicht alte Freunde wie Everson oder erfahrene Verbündete wie Ngata.
Wie ein Seefahrer auf den Weltmeeren von einst mussten Rhodan, Thora und alle, die ihr Schicksal teilten, erst ihren eigenen Weg finden, ehe sie die Geschicke anderer Menschen leiten konnten.
Der altrömische Dichter Horaz hatte einmal gesagt, dass sich für die, welche das Meer überquerten, nur der Himmel, nicht die Seele ändere. Die Menschen blieben dieselben, hatte er damit sagen wollen, wohin sie auch gingen.
Mittlerweile rätselte Perry Rhodan, ob sich Horaz vielleicht geirrt hatte.
»Treffen Sie Ihre Vorbereitungen«, sagte Stella Michelsen. Womöglich verstand sie nicht seine Gründe. Aber sie sah, dass er seine Entscheidung getroffen hatte. »Und guten Flug, Mister Rhodan.«
7.
Abschiede und Wiedersehen
Der Friedhof lag am Südende der Stadt, nicht weit von ihrem Zuhause. Selbst die Akazien und blühenden Dhrakahecken erinnerten sie an ihren Garten, in dem sie viele Stunden mit Conrad verbracht hatte.
Die Kreuze dagegen ... Sie hoffte, sie würde in ihrem Garten die nächsten Jahre nicht nur an Kreuze denken. Vielleicht würde sie wegziehen.
So viele Kreuze, dachte Gabrielle Montoya und blickte über die gräberbedeckten Hügel zur Stadt und ihren Türmen, deren höchster, der Stardust Tower, bis in den Himmel reichte. Der Himmel, das All ... für Conrad Deringhouse und sie war beides stets dasselbe gewesen.
Sie senkte den Blick. Dieses eine Grab, direkt vor ihren Füßen, war das einzige, das für sie wichtig war.
Rückblickend kam es ihr vor, als hätte sie ihr ganzes Leben mit Deringhouse verbracht. Zumindest die Zeit, die zählte. Sie hatte mit ihm gedient: Zuerst auf der CREST, später in LESLY POUNDER unbenannt, auf der sie mit gerade mal 35 Jahren den Posten der Zweiten Offizierin ergattert hatte. Dann mehrfach auf der MAGELLAN und der FERNAO. Sie hatten gemeinsam Andromeda bereist, und sie hatten gemeinsam die FANTASY gestohlen – in bester Abendgarderobe. Irgendwo auf diesem Weg waren sie sich nähergekommen, hatten sich ineinander verliebt. Geheiratet. Zweiunddreißig Jahre lang waren sie Mann und Frau gewesen.
Dann war er in ihren Armen gestorben. Auf der Krankenstation der CREST II, nachdem er sich von ihr und seinen Freunden verabschiedet hatte. Natürlich war er den Heldentod gestorben – kleiner hatte es Conrad Deringhouse nie gemacht. Er hatte das Raumschiff gerettet, als Theta, die abgesetzte Imperatrice, es in ihrer Verblendung hatte zerstören wollen – und die Wahnsinnige hatte ihn dafür erschossen. Nun saß sie irgendwo im Imperium in Verbannung und wartete, was die Zukunft ihr brachte.
Und Montoya saß vor Conrads Grab.
Und wartete.
Inzwischen hatte sie fast niemanden mehr: ihre Nachbarn im Stadtteil Ocean View, überwiegend Flottenpensionäre wie sie selbst; ihre achtzigjährige Schwester in Pamplona, deren Leben sich fast nur noch um das Gemeindezentrum drehte und deren Baskisch sie an schlechten Tagen kaum noch verstand. Davon abgesehen war sie auf sich allein gestellt.
Gabrielle Montoya war keine unselbstständige Frau. Sie neigte auch nicht dazu, ihre Fähigkeiten zu unterschätzen. Selbstverständlich kam sie irgendwie zurecht. Das Problem war, dass sie zum ersten Mal seit vielen, vielen Jahrzehnten – vielleicht das erste Mal überhaupt in ihrem Leben – kein Ziel mehr hatte.
Sie hatte immer alles erreicht, was sie sich vorgenommen hatte, und mehr. Nun war alles, was sie sich noch vornahm, ihr Haus zu putzen, das ihr irrsinnig groß vorkam, seit sie allein darin wohnte.
Mit sorgfältigen Griffen richtete sie die Blumen auf dem Grab.