Perry Rhodan Neo Paket 24. Perry RhodanЧитать онлайн книгу.
ist dunkel. Dir ist klar, so wird es nicht bleiben. Es scheint, als würdest du nicht von der Stelle kommen, doch das stimmt nicht. Du kannst es spüren. Immer weiter entfernst du dich von deinem Leben. Es ist wie eine Art Heimweh, das mit wachsender Distanz größer wird.
Aber das kennst du und hast zumeist keine Angst davor. Im Gegenteil. Solange du dieses Gefühl hast, wirst du dich nicht verirren. Und derzeit ist das Gefühl nur sehr schwach, allzu weit bist du also noch nicht fort.
Du verstehst, wozu du fähig bist, wenngleich du nicht erklären kannst, auf welche Weise. Du kannst willentlich in die Chronophasen des Quantenraums vorstoßen. Dies geschieht manchmal real, weil du dich verletzen kannst, und manchmal wie in einem Traum. So muss es auch derzeit sein, du träumst. Hattest du diese Wanderung beabsichtigt? Du kannst dich nicht erinnern.
Du bist irgendwo in der Schwebe zwischen Wachen und Träumen. Manche würden es Vision nennen. Doch du gehst sehr viel weiter, stößt in den Quantenraum vor, um die Zukunft zu erkennen. Eine Zukunft wie in einem Paralleluniversum, nicht mehr als potenziell, denn fortwährend ändert sich alles. Eine winzige Fluktuation – die gibt es ständig –, und alles ist neu aufgesetzt. Dieselbe Reise könntest du folglich nie zweimal unternehmen.
Übergangslos ist es hell.
Beim Parallelwandern musst du manchmal erst eine Tür öffnen, um dorthin zu gelangen. Doch diesmal ist es anders. Kein Zug, kein Bahnhof, keine Tür.
Du gehst durchs Nichts, und dann bist du da.
Und du weißt sofort, dass du das nicht sehen möchtest.
Die Welt, die du nun wahrnimmst, ist dir nicht vertraut, trotz des blauen Himmels und der gelblichen Sonne. Das ist nicht das erste Mal, du hast schon viele düstere Zukünfte durchwandert. Und doch ... Auf solche Weise hat dich das noch nie erschreckt.
Es ist keine trockene, verlassene Welt – im Gegenteil. Das Leben wuchert nur so auf ihr. Kaum ein Platz, der nicht besetzt ist. Dicke Stränge, die wie Muskelfasern aussehen, krümmen sich, in sich selbst verschlungen, und streben nach oben. Aus ihnen wachsen weitere Fasern heraus, nicht minder verzweigt und gebogen, und lange, schleimige Blätter in verschiedenen Grün- und Rotschattierungen sprießen daraus.
Büsche und größere Gewächse, die den Begriff »Baum« nicht verdienen, Myzelflechten, Pilzschwämme, Pilzkappen, die ihre Lamellen nach außen stülpen. Das meiste ist so sehr ineinander verschlungen, dass du nicht einschätzen kannst, wo die eine Pflanze aufhört und die andere beginnt. Aus dem schleimigen Fadengewirr ragen riesige, häufig sechsstrahlige Blüten in knalligen Farben hervor, zumeist gelb und rot, die klebrigen, eitrig-gelben Saft absondern. Andere Blüten erweisen sich als fleischfressende Pflanzen, die blitzschnell aufklappen, sich über die Beute stülpen und sie auflösen. Auf und zwischen den großen Luftwurzeln sammeln sich makabre Haufen sauberer Knochen in allen Größen, aber auch schillernde Chitinpanzer.
Die Insekten sind um ein Vielfaches größer, als du sie kennst: achtbeinige Käferartige, geflügelte Raupen, Gottesanbeterinnen und Libellen, auch räuberische Schmeißfliegen mit langen Greifarmen und Mandibeln, die jeder Soldatenameise Ehre machen würden.
Es gibt Tiere höherer Ordnung, zu Lande wie in der Luft und wahrscheinlich auch im Wasser. Aber sie sind nicht mehr als Säugetiere oder als Eierlegende erkennbar. Selbst die Vögel sind zu warzigen, verbogen wirkenden, teils mehrköpfigen Kreaturen mutiert, die kaum noch Federn besitzen, dafür aber Schnäbel mit Zähnen und enorme Fänge.
Du beobachtest, wie eine vierbeinige Kreatur mit langen Stacheln sich plötzlich aufrichtet. Ihr Bauch platzt auf, und in einem Schwall Fruchtwasser purzelt die Brut heraus, klatscht zu Boden und ergreift sofort die Flucht. Was Insekten und Blüten nicht erwischen, frisst die Mutter. Gerade mal eine Handvoll entkommt zwischen Schleimfäden und Schlingen. Herausstiebende Flugwesen und spitze Schreie zeigen an, dass die Jungtiere sich sofort erfolgreich an die Nahrungsaufnahme gemacht haben.
Ein Blinzeln. Es ist Nacht. Du erkennst, dass du diesmal nicht in einer Wildnis herausgekommen bist, sondern in einer ehemaligen Metropole. Du hast keine Ahnung, welche – du kannst nicht mal den Kontinent benennen, auf dem du dich befindest. An vereinzelten Stellen sind noch Überreste von Häusern erkennbar, Stahlplastik und Glassit. Und du begreifst, dass einige der sehr hohen Bäume gar keine sind, sondern vollständig überwucherte Türme, teilweise durch kilometerlange Schlingpflanzen verbunden, von denen Efeu und Mooshaare und Algenschlieren herabhängen.
Du rätselst, warum du das alles wahrnehmen kannst, obwohl über dir nur blasse Sterne blinken. Sterne, wie du begreifst, die du kennst. Es sind vertraute Konstellationen, die Namen haben, wie der Große Wagen, der Orion, und da ist ... die Venus. Es ist der nördliche Sternenhimmel, und du stehst auf der Erde.
Du bist geschockt.
Du konzentrierst dich auf die Umgebung. Welche Metropole ist es? Gibt es markante Punkte, an denen du schon einmal gewesen bist?
Es ist so hell wie in der Abenddämmerung. Denn nahezu alles ringsum, siehst du nun, leuchtet oder schimmert. Künstliche Beleuchtung gibt es nicht mehr, Flora und Fauna sorgen selbst dafür, ihren Pfad zu finden. Oder sie locken damit Beute an.
Das Leuchten ist kränklich und fahl, es ist von glühender Schwärze umrandet. Nichts daran wirkt einladend oder schön.
Wahrscheinlich wäre es gar nicht möglich, dieses Leben zu katalogisieren, denn nicht ein Tier, nicht eine Pflanze sieht wie die andere aus. Die Mutationen finden nicht in Jahrhunderten, sondern in Tagen statt. Bei jeder Reproduktion ist das Ergebnis unbekannt.
Du weißt, dies ist – war – dein Heimatplanet.
Er hat offenbar ein ähnliches Schicksal erlitten wie Xot.
Ob es überall so ist?
Ein Blinzeln. Du gehst schneller, als du Schreie hörst. Und da siehst du das Wesen.
Eine ... Frau?
Sie ist von demselben dunklen Leuchten umgeben wie alles andere, steckt in wucherndem Gebüsch fest, nur ihr Kopf ragt noch heraus. Als solle sie verschlungen werden!
Phosphoreszierend grünes Haar hängt herunter. Bleiche Haut mit Sprengseln darin, übergroße, aus sich heraus neongrün strahlende Augen. Aber unverkennbar menschlichen Ursprungs, auch die Stimme klingt noch so. Nur ihre Sprache verstehst du nicht. Falls es eine Sprache ist.
Du möchtest zu ihr laufen, sie retten, doch du kannst nicht materialisieren. Du bist nur ein Geist auf Wanderschaft.
Sie streckt einen Arm aus, spreizt die Finger. Der Arm wirkt extrem verdickt und ein wenig krumm, doch die Finger sind fünf und sehen vertraut aus.
Sie schreit um Hilfe, daran zweifelst du nicht. Aber was kannst du tun?
Da registrierst du auf deiner linken Seite zwei Kreaturen, die einer Mischung aus Wolf und Eber ähneln, die eine mehr Wolf, die andere mehr Eber, und die sich rasch nähern.
Sei still, Frau!, willst du rufen. Du machst es nur noch schlimmer!
Aber kein Ton dringt über deine Geisterlippen. Du bist verzweifelt. Ein Teil in dir rät dazu, wegzulaufen, um es nicht mit ansehen zu müssen. Der andere Teil überlegt fieberhaft, welche Möglichkeiten es gibt, um das Unvermeidliche zu verhindern.
Doch da sind sie schon heran, grunzend und heulend zugleich, und steuern auf die hilflose Frau zu.
Es geht so schnell, du bekommst es kaum mit.
Fassungslos beobachtest du, wie die beiden Kreaturen, in Erwartung der leichten Beute bereits sabbernd, zum Sprung abheben – und verschwunden sind.
Du brauchst ein paar Sekunden, um zu begreifen.
Der seltsam verdickte Arm der Frau entfaltet sich, die Hand klappt nach unten, als wäre sie ein nutzloser Fortsatz. Der Arm spreizt eine Vielzahl langer, beweglicher Glieder, fächert weit auf, schlägt meterlange Stacheln in die beiden Angreifer und reißt sie an sich, hinein ins Buschwerk, verschwindet mit ihnen.
Du hörst noch ein leises Kichern und ein verzweifeltes Quieken und