Feigling oder Führungskraft?. Nicole PathéЧитать онлайн книгу.
darin sah, ihrem Vorgesetzten diese Frage zu stellen – und das Unternehmen verließ. Denn sie wusste, dass Feiglinge niemals klare Antworten geben.
Das ist leider typisch: Für Feiglinge gibt es einfach keinen richtigen Zeitpunkt, aus ihrer Sicht Unangenehmes anzusprechen. Daher schieben sie wichtige Themen vor sich her, bis sie sich entweder von selbst erledigt haben oder andere sie für sie erledigen. Angemessenes Führungsverhalten bewirkt Klarheit, Feiglinge produzieren Nebel und dicke Luft. Feiges Verhalten zu identifizieren und zu kritisieren ist im Übrigen die Aufgabe des nächsthöheren Vorgesetzten, nicht die der Mitarbeiter.
Von vorgesetzter Führung und führenden Vorgesetzten
Oft erlebe ich, dass die Begriffe »Vorgesetzter« und »Führungskraft« gleichbedeutend verwendet werden. Wenn wir uns die Worte genau anschauen, meinen sie aber keinesfalls das Gleiche.
Vorgesetzte sind nicht automatisch Führungskräfte
Stellen Sie sich vor, Sie übernehmen morgen eine neue Abteilung. Dieser werden Sie also buchstäblich vorgesetzt, es sei denn, die Mitarbeiter hätten sich Sie als Chef ausgesucht. Trotz allen Fortschritts in der Personalarbeit ist das sicherlich unwahrscheinlich. Viel wahrscheinlicher und üblich ist es, dass die Mitarbeiter irgendwann im Vorwege Ihrer Stellenübernahme die Information erhalten, dass sie ab Datum X einen neuen Vorgesetzten bekommen werden. Ab diesem Tag prägen Sie mit Ihrem Verhalten die Arbeitsbeziehung zu Ihren Mitarbeitern und das Miteinander wird darüber entscheiden, ob Sie als Vorgesetzter oder als Führungskraft gesehen werden.
Die Führungskraft – emotional akzeptierter Leitwolf
Führen impliziert, dass Ihre Mitarbeiter Ihnen folgen. Tun sie das? Und woran erkennen Sie, dass Ihre Mitarbeiter Ihnen tatsächlich folgen? Sich führen zu lassen ist zum großen Teil ein Sich-Einlassen auf einen Menschen, nicht zuletzt emotional. Es bedingt das Vertrauen in die Kompetenz und Verlässlichkeit der Person, die den Führungsanspruch erhebt.
Aus dem Vertrauen erwächst die Bereitschaft, manchmal sogar die Freude, mit diesem Menschen zusammenzuarbeiten und sich für dessen Ziele zu engagieren. Eine Führungskraft, die in das Vertrauen ihrer Mitarbeiter investiert, zeigt immer auch Mut und Ehrlichkeit in der eigenen Positionierung. Wenn die Arbeitsbeziehung endet, zum Beispiel, weil die Führungskraft sich beruflich verändert, reagieren die Mitarbeiter betroffen, oft sogar mit Traurigkeit und Bedauern.
Der Vorgesetzte – kognitiv akzeptiertes Schaf im Wolfspelz
Wenn die Entwicklung vom Vorgesetzten zur Führungskraft nicht gelingt, arbeitet das Team lediglich mit dem Vorgesetzten zusammen, weil ihm nichts anderes übrig bleibt, weil es eine von außen angewiesene, vorgeschriebene Ordnung so erfordert. Wenn das Verhalten des Vorgesetzten zu belastend wird, bleibt Mitarbeitern häufig nur noch die Kündigung. Wir alle kennen den Spruch: »Mitarbeiter trennen sich nicht vom Unternehmen, sondern von ihrem Chef.«
Interessanterweise, nach einigem Nachdenken jedoch wenig überraschend, finden sich viele Feiglinge unter den Vorgesetzten. Sicherlich kennen Sie das Phänomen in Unternehmen, dass es Abteilungsleiter, Bereichsleiter oder Vorstände gibt, mit denen kaum jemand zusammenarbeiten möchte. Dort gehen einfach keine internen Bewerbungen ein, obwohl die ausgeschriebenen Stellen grundsätzlich attraktiv sind. Gott sei Dank gibt es aber auch den umgekehrten Fall: Da nehmen Mitarbeiter durchaus längere Anfahrtswege in Kauf, um mit einem bestimmten Abteilungsleiter zusammenzuarbeiten. Die Positionen in der Abteilung sind sehr beliebt und es hagelt Bewerbungen, wenn Vakanzen ausgeschrieben werden.
Wirkliche Führungskräfte haben Follower, manche sogar regelrechte Fans. Die Mitarbeiter folgen ihnen, indem sie sich für das gemeinsame Ziel engagieren.
Emotional akzeptiert werden – warum gelingt das nicht allen Stelleninhabern mit Führungsverantwortung? Weil nicht alle über ein ausreichendes Maß an Wollen (Motivation) und Können (Fähigkeit) verfügen.
Wollen und Können
Das Wollen beschreibt die Motivation von Menschen, Führungsfunktionen zu übernehmen. Es gibt einige, die nicht Führungskraft sein wollen. Sie werden nicht primär von dem Wunsch zu führen getrieben, sondern es liegen andere Motive hinter der Entscheidung: Vielleicht konnten sie nicht Nein sagen, als man ihnen die Stelle als Abteilungsleiter anbot. Oder es geht ihnen um den Status der Leitungsfunktion und der Posten als Abteilungs- oder gar Bereichsleiter ist für sie eine Prestigefrage. Dann definieren sie sich über die Streifen auf der Schulter und investieren eher in die Beziehungen nach oben als in die Beziehungen zu ihren Mitarbeitern. Letztere sind für sie in erster Linie Funktionsträger, die im Bedarfsfall austauschbar sind. Zwischenmenschliche Aspekte sind weniger wichtig.
Führungskräfte wollen und können führen
Der zweite Aspekt ist der des Könnens: Es fehlt an Führungskompetenz oder an der nötigen Erfahrung, um die Arbeitsbeziehungen zu den Mitarbeitern positiv zu gestalten.
Wenn Sie feststellen, dass die Anfangszeit in Ihrer neuen Führungsaufgabe, aus welchen Gründen auch immer, holperig verläuft, holen Sie sich Unterstützung oder Rat – bei erfahrenen Führungskräften oder externen Experten. Es ist keine Schande, sich einzugestehen, in seiner neuen Führungsrolle noch nicht hundertprozentig sicher zu sein.
»Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne« – das gilt auch für neue Führungsbeziehungen. Sobald Sie Ihre Mitarbeiter von Ihrem Wollen und Können überzeugen, folgen sie Ihnen und erkennen Sie als Führungskraft an. Sie werden es an den Leistungen feststellen!
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