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Die Goldminen von Midian. Richard Francis BurtonЧитать онлайн книгу.

Die Goldminen von Midian - Richard Francis Burton


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mehr. Darüber hinaus hat man einen etwa zwanzig Fuß hohen Berg mit einem zweistöckigen Sommer-Landhaus gekrönt, welches über eine rustikale Brücke zu erreichen ist und sich über einer Grotte erhebt, in der man Eis essen und Domino spielen kann. Zu guter Letzt gibt es noch ein französisches Restaurant, von welchem ich, seiner Weine und seiner Lammkoteletts wegen, durchaus respektvoll sprechen möchte.

      Kurz vor Sonnenuntergang werden die Drehkreuze mit weiß gekleideten Polizisten bemannt – die eigentlich braunen groben Leinenstoff tragen sollten –, welche das Eintrittsgeld verlangen. Hierbei hat man keineswegs im Sinn, die städtische Finanzkraft zu stärken. Die Steuer zielt vielmehr darauf, die schwarz bekittelten Fellachen und schweinsgesichtigen Eunuchen von der Bemächtigung der Lebensnerven des jungen Kairo abzuhalten. Nun sehen wir beide Geschlechter gemeinsam promenieren; das eine trägt einen französischen Damenhut, das andere diesen kragenlosen »Konstantinopeler Mantel«, dessen einziger Verdienst darin besteht, dass er zugleich kleidet und entkleidet.

      Das neue Kairo rings um den Ezbekiyyeh-Platz ist – wie alle solche modernen Erweiterungen oder Auswüchse – eine Stadt von enormer Ausdehnung, und darüber hinaus in hohem Maße unvollendet: eine feine neue, frisch aus der Hutschachtel stammende französisch-italienisch-griechisch-hebräischarmenische-Yankee-Doodle-negerartige Sorte von Vorort. Die modernen Durchfahrten von gewaltiger Länge und riesiger Breite werden von eigens gepflanzten Bäumen gesäumt, die man doch besser entlang der zentralen Avenuen und Bürgersteige für Fußgänger angelegt hätte. Die einzige Strecke für schattige Spaziergänge findet sich an der südöstlichen Ecke des Neuen Hotels. Gas ist noch ein Luxus am Ort. Die neuen Durchfahrten werden nicht benannt, die frei stehenden und halb frei stehenden Villen nicht nummeriert; dies macht es – wie auf dem Malabar-Hügel in Bombay – schwierig, einen Freund ausfindig zu machen.

      Die neuen Boulevards – Abidín, Abd-el-Aziz und Fawwálah (der Bohnenverkäufer) – mit ihren ordentlichen Gartenparzellen prägen die nordwestlichen und westlichen Teile des Parallelogramms. Einer indessen, der »Boulevard des Méhémet Ali«, verläuft durch die Lebensnerven der alten Stadt und ist durch ein Elendsquartier stark beeinträchtigt worden. Er mündet oberhalb der Moschee von Sultan Hasan ein, der bei Weitem größten der Kairoer Moscheen. Die edle ägyptische Architektur von Sultan Hasan mit dem gewaltigen Kranzgesims krönt die immensen ungebrochenen Mauern, welche durch die Konfrontation mit der neuen Rufá’í-Moschee zusätzliche Würde erhalten – es ist dies der große Gebäudekomplex, der sich noch im Bau befindet und in jeder Linie Spuren von europäischer Hand zeigt. Das Beste an Letzterem ist, dass es verglichen mit dem alabasternen griechisch-türkischen Horror in der Zitadelle eine Renaissance der Kunst bedeuten wird. Der Boulevard endet am Kara-Maidan (schwarzer Platz), dem klassischen Rumayleh der Mameluken, wo der Dscherid gespielt wurde und wo Verbrecher, zum Tor der Bestrafung gebracht, über einem eigens für diese Zwecke genutzten Wasserbehälter enthauptet wurden. Was würde der Abessinier Bruce zu dem kahlen Parallelogramm dieser modernen Tage sagen, der ebenfalls nach einer Pariser Mode seinen Namen in »Mohammed-Ali-Platz« geändert hat?

      In der Eingeborenenstadt hat man die Hauptverkehrsstraßen durch Abriss der Häuser, die durch »Notlösungen« ersetzt wurden, verbreitert. Die »grüne Schwelle« (Atabat el-Khazrá) aber, wo Ibrahim Pascha, der ritterliche Vater des gegenwärtigen Vizekönigs, sein bronzenes Dienstpferd reitet, gereicht noch immer zur Bestrafung der Fußgänger. Die Eseljungen, einst die einzigen Taxifahrer des Landes, sind wie die Sänftenträger von Bath über die Maßen aufdringlich, und die Wagenlenker von Ägypten lieben es, gerade an solchen Plätzen furios zu fahren, wo der Bürgersteig nichts als ein Streifen und die schmale Straße von schiebenden Menschenmassen verstopft ist. Die Fußgänger, welche den Granden in langen Schritten vorausgehen, schreien o-â! in den lautesten Tönen, wobei sie aber nicht mehr, wie früher, von ihren langen Spazierstöcken Gebrauch machen; sie sind reine Überbleibsel, insbesondere in der mit breiten Straßen versehenen neuen Stadt, und je eher diese Opfer des Raki und der Herzkrankheit von der Welt verschwinden, desto besser. Die öffentliche Ordnung wird von der neuen Polizei in leidlicher Disziplin aufrechterhalten, aber Grausamkeit gegen Tiere ist noch immer die Regel.

      Der Muski, Prototyp der verbesserten inneren Durchfahrt, lässt noch viel zu wünschen übrig. Als Pflasterung dient schmutzige schwarze Erde aus faulendem Abfall pflanzlicher und tierischer Herkunft, die infolge der Besprengung selbst im Hochsommer schlammig und rutschig ist. Es bilden sich Haufen, die mit der Hacke ausgeglichen werden müssen, und der Andrang und Gestank von Mensch und Tier sind widerlich. Was diese Pflasterung soll, weiß ich kaum zu sagen. Holz oder jedwede Form von Beton, wie auf der Pozzolana in Alexandria, würde für den sehr schwachen Verkehr allemal genügen. In den Gassen und Nebenstraßen der großen Durchfahrten ist der Dunst weniger auffallend. Staub aus zerriebenem Sandstein ersetzt den Schlamm und die Hügel sind höher, sodass die Räder der Fahrzeuge einen Neigungswinkel von dreißig Grad zu bewältigen haben. Wieder sehen wir verwundert zu, wie ein Droschkenkutscher seine klapprigen Gäule durch eine kaum sechs Fuß breite überfüllte Straße jagt und ohne die Pferde zu zügeln die schärfsten Kurven nimmt, sodass die alten Frauen mit ihren Essenskörben zur Seite springen müssen, um nicht Leib und Leben zu riskieren.

      So hat denn »der Durchfluss – eine sehr notwendige Angelegenheit«, wie der Epikuräer feststellt, den Sieg über Kairo errungen. Die Bauwut herrscht hier so stark wie in Wien; aber sie tobt sich aus an Herrenhäusern mit verputzten Lattenfassaden und braunem Bewurf an den Innenwänden. Glücklicherweise sind die Vorderfronten nicht sehr solide gebaut, sodass sie im Verlauf von einigen Jahren häufige Gelegenheit zu – im wahrsten Sinn des Wortes – Schönheitsreparaturen geben. Der Stadtplan weist 279 Hauptmoscheen von insgesamt etwa 400 aus. Die Kosten der »Kirchen-Instandhaltungen« sind dabei genauso bemerkenswert wie bei uns.

      Die altehrwürdige Hasanayn, welche wie die Ummawi in Damaskus ein Haupt des unglückseligen Enkels des Apostels von Allah birgt, ist im Stil einer griechischen Kathedrale erbaut, die zwar im Detail, aber weniger in der Gesamtheit bezaubert: Die zungenförmigen Zinnen sind abgestuft, und diese Neigungen brechen die Giebel der Stützpfeiler, lassen die äußere Ansicht verkümmern, statt sie zu unterstützen. Die Fenster bestehen aus Parallelogrammen im Erdgeschoss und zwei Lichtkarniesen im oberen Teil. Das unvollendete Minarett präsentiert sich im raffiniertesten Stil: eine kannelierte Säule, obendrein buckelig, auf einem hochragenden Giebel ruhend. Nichts kann erhabener sein als die zu alten Moscheen gehörenden campanileähnlichen quadratischen Türme; nichts ist scheußlicher als jene Kerzen, welche Löschhütchen tragen – neueste »Errungenschaften« aus Konstantinopel. Es gibt etwa ein halbes Dutzend verschiedener Modelle von Minaretten, jedes ein Ausdruck eines eigenen Zeitalters, aus welchem der Architekt es entlehnt haben könnte; doch er hat seiner persönlichen eigenwilligen Auffassung den Vorzug gegeben, und der Dragoman freut sich über die verschönerte Hasanayn, weil sie vierundfünfzig Säulen weißen Marmors enthält. Die Franzosen in Algerien restaurieren die Monumente aus früheren Tagen, und Kairo sollte den wunderschönen Mausoleen der Mameluken-Beys – welchen die Europäer fälschlich den Namen »Gräber der Kalifen« verliehen haben – nicht erlauben, zu bloßen Trümmerhaufen zu verfallen oder gar als Dschubbeh-Khánas (Schießpulvermagazine) zu enden, die überdies die Stadt mit plötzlichem Tod bedrohen.

      An den neuen Häusern sind der vorragende Teil der oberen Stockwerke und die zinnenförmige Gestaltung der Fassaden die einzigen Spuren von Lokalkolorit. Um auch jede verirrte Brise einzufangen, ist jedes Fenster in einem gewissen Winkel zum benachbarten geneigt. Die Straße der Kopten, insbesondere der südliche Abschnitt gegenüber der neuen Straße und dem Platz, wurde nahezu unberührt belassen; lediglich das kühlende, komfortable und malerische Gitterwerk, für das der Sammler so teuer bezahlt, ist entfernt worden. Dies können wir aber nicht wirklich beklagen, da es Ungeziefer beherbergte und die Feuergefahr beträchtlich vergrößerte; aber Glasfenster gelten in diesen Breiten als ebenso barbarisch wie das Trinken von Nilwasser aus einem Trinkglas statt aus einem Gulleh (Wasserspeier). Die Häuserblöcke, welche auf die Place de l’Esbekié blicken, sind wie die Rue de Rivoli mit Arkaden geschmückt: Der einzige Einspruch, der gegen diese vernünftigste aller Neuerungen erhoben werden könnte, ist die Enge des überdachten Weges. Die an Piastern so knappe Stadtverwaltung sollte einen Beschluss fassen und auf den richtigen Proportionen bestehen.

      Und nun zu den Heimstätten der Reisenden.


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