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Die Goldminen von Midian. Richard Francis BurtonЧитать онлайн книгу.

Die Goldminen von Midian - Richard Francis Burton


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Fortschritts im Niltal reichlich unterbewerten. Wohingegen wir, die gewissermaßen aus dem Jahr 1850 stammen, sehr genau einzuschätzen wissen, wie sich das gegenwärtige Ägypten zu dem früherer Jahre verhält. Unserer Überzeugung nach verläuft der Fortschritt zur vollsten Zufriedenheit. Der Gesamtumfang der kultivierten Fläche belief sich 1870 auf 3 218 715 Feddán, und 1877 können wir ihn ohne Weiteres auf 5 000 000 Feddán, also 21 000 Quadratkilometer schätzen. Dabei umfasst die überhaupt mögliche Nutzfläche 7 000 000 Feddán, also 29 400 Quadratkilometer, und entspricht der Fläche von Belgien, dem kleinsten Staat in Europa. Auf diesen 29 400 Quadratkilometern leben nach der gängigen Schätzung 5 250 000 Seelen, d. h. 178 Menschen pro Quadratkilometer; im Vergleich dazu haben wir 173 in Belgien, 101 in England, 58 in Österreich und 33 in Spanien.

      Da sich das Land vollständig selbst ernährt und statt Auswanderung zu begünstigen Immigranten anzieht, hat sich die Bevölkerung der Niltals in vierundsiebzig Jahren verdoppelt, und sie kann sich beim gegenwärtigen Entwicklungstempo in sechzig weiteren Jahren abermals verdoppeln. Dies ist eine ausreichende Antwort für alle, die auf die Ägypter als ein altersschwaches Volk herabschauen.

      Die Hauptprodukte – Baumwolle, Zucker und Getreide – werden immer einen Markt finden. Meiner Überzeugung nach wird die Bergbauindustrie – die bisher auf das Natron der Buhayrah-Provinz, auf das Salpeter und Kaliumnitrat aus Fayyum und Oberägypten sowie auf die Salinen des Mittelmeeres und des Roten Meeres beschränkt ist – künftig gigantische Ausmaße annehmen, oder diese Seiten werden vergebens geschrieben worden sein. Tatsächlich muss Ägypten, allen Unkenrufen zum Trotz, als eines der erfolgreichsten unter den modernen Königreichen betrachtet werden. Es hat seine Grenzen bis hinter die Einflusszonen der Pharaonen und Ptolemäer ausgedehnt, und als »Großägypten« ist es dazu bestimmt, Handel und Zivilisation im Herzen Afrikas zu entfalten. Es ist in der Tat kaum eine Schranke auszumachen, die seinen Aufstieg behindern könnte. Wenn es zehn Millionen zählt, wird es sich bis zum Äquator ausdehnen sowie das nördliche Becken des Kongos und die Gewässer des Victoria-Sees umfassen und den Handel dieses afrikanischen Amazonas’ und Kaspischen Meeres kontrollieren.

      2Der Feddán, ein Agrar- und Flächenmaß, entspricht 0,42 Hektar. Der Kantár oder Quintar (100 Ratl oder 36 Okes) entspricht 44,55 Kilogramm.

      KAPITEL II

       Die Veränderungen in Kairo

      Mein kurzer Aufenthalt in der Hauptstadt begann äußerst traurig. Ich besuchte sie in der Absicht, einen Vortrag vor der Société Khédiviale de Géographie zu halten. Ich bestellte eine Kutsche und wies den Dragoman an, zur Wohnung des Marquis Alphonse-Victor de Compiègne zu fahren, dessen letzter Brief noch unbeantwortet in meiner Jackentasche steckte. »Ach, Sie wissen wohl nicht, dass er gestorben ist?«, war die Antwort, gefolgt von einem Bericht über den nutzlosen, vorzeitigen Tod in einem Duell am 28. Februar. Es erübrigt sich, bei der eigenartigen Kombination unheilvoller Zufälle länger zu verweilen, dem totalen Fehlverhalten von »Freunden«, die es nicht hätten dulden dürfen, dass die Affäre eine solche Wendung nahm, der geschwächten Gesundheit, die eine Schulterwunde tödlich werden ließ, und dem Unvermögen des aufrechten Mannes, sich die ihm gemäße Stellung zu verschaffen. Es ist nur angemessen zu bemerken, dass diejenigen im Irrtum waren, die dem Ereignis einen politischen Anstrich verleihen wollten – nur weil sich die Angelegenheit zwischen einem Franzosen und einem Deutschen abspielte. Die am besten Informierten können nichts Schuldhaftes am Verhalten von Herrn Meyer entdecken, der seinerseits zu drei Monaten Haft in Preußen verurteilt wurde und mit uns auf der Flora des Österreichischen Lloyds nach Hause zurückkehrte, um seine Strafe abzubüßen. Doch die Tatsache, dass sich beide Kontrahenten so untadelig dem Ehrenkodex unterwarfen, vermag nicht über das unglückliche Ende eines jungen und vielversprechenden Lebens hinwegzutrösten, das so herrlich mit Entdeckungsreisen begann und im Alter von dreißig Jahren, gewissermaßen durch einen dummen Zufall, so plötzlich endete. Es war ein Abgang, den er durchaus nicht verdient hatte.

      Herr Frederick Smart teilte Seiner Hoheit freundlicherweise meine Ankunft mit, und schon am nächsten Tag wurde ich mit einer Einladung in den Abidín-Palast geehrt. Mein Empfang durch den Vizekönig fiel besonders wohlwollend aus; bereits die erste Audienz lehrte mich, dass dieser Fürst ein Meister des Details ist, da er gelernt hat, bei der Förderung des Aufschwungs in seinem Lande äußerste Wachsamkeit und Diskretion zu üben. Der Khedive hat kaum die angemessene Anerkennung von Europa erhalten, die sein hoher moralischer Mut verdient. Es erfordert nicht wenig Geisteskraft, so unvermittelt alle Traditionen absoluter Herrschaft aufzugeben, um sie gegen die Fesseln des Konstitutionalismus einzutauschen und obendrein die Hilfe von Fremden anderer Rasse und anderen Glaubensbekenntnisses zu erbitten, wenn sich die Verwaltung des Landes als unfähig und ineffizient erweist.

      Das liebe alte Kairo! Und erst sein Nilwasser! Süß, leicht und schmackhaft unterscheidet es sich nicht nur teilweise, sondern ganz und gar von dem anderer Flüsse. Kein Wunder, dass die Hebräer murrten, als sie darauf verzichten mussten. Der erste Schluck ist eine ganz neue Erfahrung, jede Wiederholung der reine Genuss.

      Wir haben Anfang März, der Khamsín oder Fünfzig-Tage-Abschnitt des Schirokko hat noch nicht eingesetzt, das Wasser ist morgens wie abends klar und kühl. Im April, dem Frühlingshöhepunkt, und im Mai, der ägyptischen Erntezeit, werden wir Kairo bei Weitem nicht so angenehm vorfinden. Noch ein Schluck, dann brechen wir auf, um erste Eindrücke aus der Stadt des Khediven zu sammeln und die Veränderungen zu erkunden, mit welchen das letzte Vierteljahrhundert die Hauptstadt von Mohammed Ali heimgesucht hat.

      Als nach dem Ende der großen napoleonischen Kriege und der fürchterlichen Schlachten der Dragoman-Heerscharen – angeführt von Salt, dem Briten, und Rosetti, dem Franzosen – stillschweigend ein Modus Vivendi geschaffen wurde, hätten die kühnsten Propheten nicht vorauszusagen gewagt, dass ein Stückchen Paris, eine brandneue blitzsaubere gallische Stadt mit ihren Plätzen, ihren Boulevards und ihren Verkehrsinseln, ihrer Oper, ihren französischen Theatern und zwei Pferde-Rennbahnen, ihren Rues Castiglionis und ihrem Grand Hôtel nördlich des kompakten und soliden Parallelogramms entstehen würde, welche hier die Stadt des Mars begrenzt. Und niemals hätten sich die nüchternen Muslime träumen lassen, dass sie ein französisches Viertel in ihrer Hauptstadt erdulden müssten, das sogar bald schon das Ganze zu verschlingen drohte. Ein Blick auf die Verschönerungen, die zwischen dem westlichen Ende des alten Muski oder der halbeuropäischen Basar-Straße und dem Beginn der Schubra-Straße getätigt wurden, lässt erahnen, was auf unsere Nachkommen im Lauf der nächsten fünfzig Jahre zukommen wird.

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       Der Nil bei Kairo

      Der Kern und Brennpunkt der modernen Umgestaltungen ist der Ezbekiyyeh-Platz, das alte sumpfige Zeltlager der Uzbegs, den der gegenwärtige Suleyman Pascha auf Befehl von Mohammed Ali dem Großen in einen öffentlichen Garten umwandeln ließ, welcher für die verschiedensten Zwecke genutzt wird. Fünfundzwanzig Jahre zuvor war er ein nicht eingefriedeter englischer Garten: wild, malerisch und besonders levantinisch in seinen Accessoires. Hier fanden Ausstellungen statt, und über die Rücken der Betenden wurde einfach hinweggeschritten. Unter Grand-Bey hat er seinen familiären Charakter verloren: Wir erkennen nichts außer dem alten Herrensitz des verstorbenen Kyámil Pascha und den stets auf den Bänken verkehrenden Flöhen wieder. Es ist hier ausgesprochen zivilisiert geworden; der reinste Pariser Gaffer würde sich hier leicht in seine Rolle finden.

      Die herrlichen Lebek-Bäume – Akazien, deren weißgelbe Blütensträuße und große goldene Schoten ihnen den Namen Dakn el-Bascha, »Bart des Paschas«, einbrachten und deren parfümierter Auszug seinen ätherischen Wirkungen nach nicht grundlos »fitneh« oder »Plage« genannt wurde – haben den Weg für eine Hyksos-Invasion von auswärtigen, unkultivierten Pflanzen bereitet. Der Birket (Wasserbehälter) ist jetzt um die Hälfte zusammengeschrumpft, umgewandelt in ein birnenförmiges Schwimmbad und von einem umzäunten achteckigen Garten umgeben.

      Dieses Vergnügungsgewässer ist mit Kanus und Tretbooten ausgestattet; der Rasen wird mithilfe von Metallleitungen bewässert und die Flächen erfreuen sich abwechslungsreicher Gestaltung durch


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