Эротические рассказы

Black*Out. Andreas EschbachЧитать онлайн книгу.

Black*Out - Andreas Eschbach


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legte sie lahm, schaltete sie aus, gab verheerende Kommandos. Ein peripherer Teil seiner Aufmerksamkeit registrierte, dass es sich bei einigen dieser Steuereinheiten um Menschen handelte, doch das spielte in diesem Moment keine Rolle: Die Maschinen stürzten vom Himmel. Zerstörung. Tod.

      Und Stille.

      Nun, da das Vorhaben verwirklicht war, hatte die Jagd auf ihn aufgehört, galt er nicht länger als Feind. Warum? Er wusste es nicht. Er hätte zurückkehren können, doch er begann zu vergessen, wohin eigentlich. Das, was sein Bewusstsein war, seine Identität, veränderte sich…

      … franste an den Rändern aus…

      … vergaß.

      Zurückkehren? Wozu? Um wieder allein zu sein? Einsam? In einem sinnlosen, hoffnungslosen Leben gefangen?

      Es gab keine Feindseligkeiten mehr gegen ihn. Eigentlich hatte es sie nie gegeben, er hatte das nur falsch verstanden. Da war nur Akzeptanz. Er gehörte zu ihnen, war willkommen. Er musste nicht länger flüchten. Alles war ihm verziehen. Er würde nicht mehr länger allein sein und unter seiner Einsamkeit leiden müssen. Es gab hunderttausend Arme, in die er sich werfen durfte, die ihn willkommen hießen, in denen er sich auflösen konnte…

      Jemand schüttelte ihn, riss ihn roh von der Schwelle zum Paradies zum Nirvana zurück. So dicht vor der Erlösung war er gewesen, doch vergebens, vergebens, vergebens…!

      Das Feld schrie, als er gezwungen war, es zu verlassen.

      6

      Ein Gesicht nahm vor seinen Augen Gestalt an, das sommersprossige Gesicht eines Mädchens mit einer löwenartigen sandfarbenen Lockenmähne. Der Name fiel ihm wieder ein. Serenity Jones.

      Christopher hustete, sein Hals war trocken. »Das waren mehr als dreißig Sekunden«, stieß er hervor, immer noch erfüllt von bleischwerer Trauer und schmerzender Sehnsucht, die sich einerseits wie Gift in seinen Adern, in jeder Zelle seines Körpers anfühlten – andererseits auch wieder nicht…

      »Was… was war das?«, flüsterte sie, die Augen vor Entsetzen weit geöffnet.

      Er konnte einfach zurückkehren. Er musste nur die Augen schließen, sie einfach zumachen…

      Christopher stemmte sich hoch, riss ihr die Armbanduhr aus der Hand. Natürlich. Er war mehr als eine volle Minute weg gewesen, vielleicht sogar noch länger! Hinter seiner Stirn pochte es, ein Schmerz, als renne eine Armee mit einem Rammbock gegen ein Burgtor an.

      »Hat es wenigstens funktioniert?«, fragte er.

      »Funktioniert?« Sie klang wie ein Echo.

      Er hob den Kopf und spähte aus den Fenstern. In jeder Himmelsrichtung lag ein rauchender Trümmerhaufen zwischen Felsen und Geröll.

      »Warst du das?«, wollte Kyle wissen.

      Christopher nickte. »In gewisser Weise.«

      »Sie sind von allen Seiten gekommen«, brach es aus Serenity heraus. »Ich dachte wirklich, jetzt ist es aus, jetzt bringen sie uns um… Und dann haben sie auf einmal alle abgedreht, angefangen zu taumeln und sind abgestürzt! Wie ist das möglich? Was hast du gemacht?«

      Christopher sah die Angst in ihrem Blick und fragte sich auf einmal, ob die Hubschrauberpiloten wirklich vorgehabt hatten, sie zu töten. Ob das alles nicht vielmehr ein Manöver gewesen war, das ihn dazu hatte verleiten sollen, das Feld zu betreten. Es hätte ja beinahe geklappt: Noch ein wenig länger, und er wäre nicht mehr zurückgekommen, wäre der Verlockung erlegen.

      »Das ist eine lange Geschichte«, sagte Christopher.

      Kyle musterte ihn skeptisch. »Die Frage ist, was uns das nützt. Wahrscheinlich dauert es nicht lange, bis die Nächsten auftauchen, oder? Und dann? Wie oft kannst du das machen, was immer du gemacht hast?«

      Christopher dachte an den Weg, den er durch das Feld zurückgelegt hatte, an die ungeheure Fülle an Informationen, die er dabei durchquert hatte. Er erinnerte sich vage an etwas…

      »Erst mal kommen keine mehr«, sagte er. »Heute jedenfalls nicht.«

      »Bist du sicher?«

      Eine vage, verblassende Erinnerung an Diagramme, Landkarten, Punkte, die sich bewegten. »Ziemlich.«

      Kyle drehte sich herum, stieß die Wagentür auf. »Okay. Das nützt uns aber auch nichts, wenn das Auto nicht mehr fährt.«

      Er stieg aus, öffnete die Motorhaube und machte sich darunter zu schaffen. Das Auto stand in Richtung der Sonne, sodass die Motorhaube einen Schatten warf. Die Einschusslöcher darin leuchteten wie dicke Sterne. Ein heißer Wind kam durch die offen stehende Tür. Ohne Klimaanlage fühlte sich das Innere des Wagens wie ein Backofen an.

      Kyle kehrte zurück. Seine Schritte knirschten im Sand. »Mit viel Glück ist es nur ein Leck in der Benzinleitung«, sagte er, beugte sich zum Handschuhfach hinüber, holte eine Rolle Klebeband und ein Messer heraus und verschwand wieder hinter der Motorhaube.

      »Du hast uns nicht alles erzählt«, sagte Serenity nach einer Weile.

      »Nein«, sagte Christopher. »Ich hab euch nicht alles erzählt.«

      »Dann solltest du das vielleicht allmählich nachholen.«

      Kyle ließ die Motorhaube zuknallen, warf die Klebebandrolle und das Messer achtlos auf den Beifahrersitz und schwang sich wieder hinters Steuer.

      »Wie gesagt«, meinte Christopher, »das ist eine sehr lange Geschichte.«

      »Wir haben Zeit«, sagte Kyle. Er betätigte den Anlasser. Seine Reparatur schien erfolgreich gewesen zu sein, der Motor sprang an, spuckend und unrund, aber er lief. Das Auto setzte sich in Bewegung, rollte langsam und bedächtig in Richtung der Asphaltstraße, und es fühlte sich an, als würden sie auch so langsam und bedächtig weiterfahren müssen. »Viel Zeit, wie es aussieht«, setzte Kyle hinzu.

      Christopher seufzte. »Also gut. Ich erzähl’s euch.«

      7

      »Mein Großvater – der Vater meiner Mutter – war Prothesenmacher«, begann Christopher zu erzählen.

      Er spürte Traurigkeit in sich aufsteigen bei diesen Worten, nein, eigentlich eher bei den Erinnerungen, die sie in ihm auslösten. Es war erst ein Jahr her, dass seine Großeltern gestorben waren, und er hatte sich immer noch nicht daran gewöhnt, dass sie nicht mehr da waren.

      Ihm kam es immer noch so vor, als könne er jederzeit wieder zu seinem Großvater in die Werkstatt gehen. Dort würden dann all die künstlichen Gliedmaßen in den verschiedensten Stadien der Herstellung hängen oder liegen – Arme, Beine, Hände, Teile von Gesichtern mit Glasaugen oder Ohren oder beidem.

      Die Prothesen begannen ihre Existenz als Gerüste aus Metallröhren, Scharnieren und Anschlüssen, die nach und nach um weitere mechanische Elemente, um Hydraulikzylinder und Motoren ergänzt wurden, als ginge es darum, ein Teil eines Roboters zu bauen. Irgendwann wurde die Technik unter immer mehr Schichten verschiedener Kunststoffe verborgen, bis sie die genau richtige Form hatten, abgestimmt auf denjenigen, der die Prothese benötigte, und schließlich wurde sie mit dem letzten, dem teuersten und aufwendigsten Überzug versehen, der künstlichen Haut, die so gefärbt und mit Haaren aus Plastik versehen wurde, dass die Prothese aussah wie ein richtiger, bloß eben abnehmbarer Körperteil.

      Erst dann, wenn die Prothesen fertig waren, fand Christopher ihren Anblick gruselig. Wie sie in großen, mit Stoff ausgelegten Schachteln lagen und aussahen, als könnten sie jeden Augenblick anfangen, sich zu bewegen. Als Kind hatte Christopher manchmal einfach dagestanden, reglos, mucksmäuschenstill, und gewartet: Vielleicht, so hatte er gedacht, würden sie seine Anwesenheit irgendwann vergessen und aufhören, sich tot zu stellen. Dann würden die Finger sich bewegen, die Zehenspitzen wippen, die Glasaugen umherblicken und die Münder – ja, sogar Münder hatte sein Großvater machen müssen, ganze Unterkiefer manchmal – anfangen, zu reden und ihr Leid zu klagen.

      Auch wenn das nie geschehen war, hatte Christopher nie wirklich aufgehört, darauf gefasst zu sein.


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