Perry Rhodan 2940: Der Putsch. Uwe AntonЧитать онлайн книгу.
»Zugegeben, das ist eine schlagkräftige Armada, die selbst der RAS TSCHUBAI gefährlich werden kann.«
Oberst Cascard Holonder, der glatzköpfige ertrusische Kommandant der RAS TSCHUBAI, erhob sich aus seinem Sessel und baute sich förmlich vor Rhodan auf. »Glaubst du das wirklich, Expeditionsleiter?«
»Vor allem, wenn man davon ausgeht, dass die Thoogondu nicht alle waffentechnischen Karten auf den Tisch gelegt haben.« Aber das spielte eigentlich keine Rolle. Worauf wollte der Kommandant eigentlich hinaus?
Rhodan erhielt umgehend die Antwort.
»Ich bitte dich, in dieser prekären Situation aufgrund deiner höheren Erfahrung bei kritischen Kampfeinsätzen das Kommando in der Zentrale zu übernehmen.«
Überrascht musterte der Unsterbliche den Oberst.
Holonder bemerkte sein Zögern. »Das ist keine Feigheit vor dem Feind«, fuhr er fort, »sondern eine optimale Ausnutzung unserer Ressourcen. So können wir beide unsere Stärken am besten ins Spiel bringen.« Er grinste. »Ich freue mich schon darauf, meine unvergleichliche und nach wie vor unerreichte Beherrschung der RAS TSCHUBAI wieder unter der SERT-Haube unter Beweis stellen zu können.«
Der Terraner lächelte. Holonder entschärfte seine ungewöhnliche Bitte, indem er in seinen Worten eine beträchtliche Ironie mitschwingen ließ.
»Wenn du es so möchtest.« Rhodan nickte. Der Ertruser hatte seine Tugenden längst bewiesen und war dank seiner engen Verbindung mit dem Schiff unangefochten zum Kommandanten aufgestiegen. »Bitte gewährt.«
Er warf wieder einen Blick auf die Holos. Immer mehr Raumschiffe des Zweiten Solaren Imperiums trafen ein. Rhodan sah Schlachtschiffe wie die BOUNT TERHERA unter Admiralin Shanina Sivathassam, die ja die BJO BREISKOLL ins Neo-Solsystem eskortiert hatte. Auch die ARTEMIS war darunter, Dannans Flaggschiff und damit gleichzeitig das des ZSI.
»Eingehender Funkspruch!«, meldete Oberstleutnant Lit Olwar, der Leiter der Funk- und Ortungsabteilung. Dank seines tonnenförmig aufgewölbten Brustkorbs und der stark vergrößerten Lungen konnte der birkenblattgrüne Imarter sich ohne technische Hilfsmittel im weiten Rund der Zentrale gut verständlich machen und auf Lautsprecherfelder verzichten. »Stannisan Hedreen, der Kommandant der ARTEMIS, verlangt den Expeditionsleiter zu sprechen.«
»Er verlangt?«, wiederholte Rhodan.
Die Wortwahl klang nicht vielversprechend. Hedreen war Dannans Vertrauter, dessen militärische Hand. Diplomatie gehörte offensichtlich nicht zu seinen hervorstechenden Tugenden, und er nutzte schon den ersten Kontakt, um zu zeigen, dass er aus einer Position der Stärke agierte.
Sollte Rhodan sich auf dieses Spiel einlassen? Sollte Olwar dem Kommandanten mitteilen, dass er einer Bitte gerne nachkommen, einem Verlangen aber nicht nachgeben würde?
Oder würde er Hedreen mit solchen diplomatischen Feinheiten einfach überfordern?
So oder so, sie hatten keine Zeit für derartige Ränkespielchen.
»Bitte.« Rhodan nickte.
Vor ihm bildete sich ein Holo. Es zeigte den Kopf und die Schultern eines selbstbewusst wirkenden Mannes mit schwarzen Haaren, hellblauen Augen und einem scharf geschnittenen Gesicht. Er hielt sich zweifellos für einen harten Kerl und strotzte vor Selbstbewusstsein.
»Perry Rhodan.« Er nickte knapp.
»Stannisan Hedreen.« Rhodan erwiderte das Nicken.
»Ich muss dich auffordern, uns die RAS TSCHUBAI zu übergeben.«
»Oh.« Rhodan runzelte die Stirn. »Da habe ich offensichtlich etwas nicht verstanden. Wie ich es sehe, ist deine oberste Vorgesetzte noch immer Cassandra Somerset, die gewählte Solastratorin des Zweiten Solaren Imperiums.«
Hedreen schüttelte leicht den Kopf. »Nein. Die ARTEMIS steht weiterhin einzig und allein unter dem Befehl von Sternenadmiral Dannan. Die Solastratorin wurde beeinflusst und ist nicht regierungsfähig. Sie wurde abgesetzt, bis sie wieder bei klarem Verstand und vom Einfluss der Terroristen befreit ist.«
»Der Terroristen?«
»Der Nachtherolde ...«
Rhodan wurde klar, dass er auf verlorenem Posten stand. Er konnte tun oder lassen, was er wollte, Hedreens Meinung war nicht zu erschüttern. Ganz gleich, was er sagte, der Kommandant würde ihm die Worte im Mund herumdrehen. So kam er nicht weiter.
»Das hatten wir schon einmal«, antwortete er ruhig. »Ich habe die Aufforderung, die RAS TSCHUBAI zu übergeben, bereits abschlägig beschieden. So kommen wir nicht weiter.«
»Dann werden die Waffen sprechen!«, drohte Hedreen.
»Auch das habe ich in den letzten Stunden oft zu hören bekommen.«
Der Kommandant der ARTEMIS betrachtete ihn kalt aus seinen hellblauen Augen. Auch er schien zu erkennen, dass seine diplomatischen Mittel vorerst ausgeschöpft waren.
»Wie du willst«, sagte er, und das Holo löste sich auf.
Rhodan wusste, was nun kommen würde. »Schirm aktivieren!«
Kommandant Holonder hatte nur auf den Befehl gewartet. Im nächsten Augenblick hüllte sich die RAS TSCHUBAI in einen Paratronschirm.
Zwanzig Sekunden später begann der Beschuss.
*
Als der Paratronschirm blau aufleuchtete und die ersten Salven der gäonischen Flotte über den Kontinuum-Strukturriss in den Hyperraum ableitete, ließ Rhodan die RAS TSCHUBAI beschleunigen, um im Notfall umgehend auf Überlichtgeschwindigkeit wechseln zu können.
»Auslastung des Paratrons bei siebzehn Prozent ... zweiundzwanzig ... schnell steigend!«, meldete Holonder.
»Wir erwidern das Feuer nicht«, entschied Rhodan. »Die Treffer nehmen wir hin.«
»Sie bleiben nicht ganz ohne Wirkung«, gab der Kommandant zu bedenken. »Die Offensivkraft der ZSI-Schiffe ist nicht zu unterschätzen.«
Rhodan warf einen Blick auf die Ortungsholos. Die BOUNT TERHERA hatte die Rolle der Speerspitze übernommen, die RAS TSCHUBAI passiert und dabei gefeuert. In ihrem Fahrwasser folgten mehrere kleinere Einheiten, die ebenfalls Salven auf das Expeditionsraumschiff abgaben. Unmittelbar darauf folgten die ARTEMIS und weitere kleine Einheiten, die ähnlich vorgingen. Es war jedoch kein klassischer Angriffsflug, der irgendwelche Aussichten auf Erfolg haben konnte.
Der Terraner verstand die Aktion als Drohgebärde.
»Auslastung bei zweiundvierzig Prozent!«, bellte der Ertruser.
»Die Einschläge werden aber auch nicht tatsächlich gefährlich«, stellte Rhodan fest. »Trotzdem ...« Er musste handeln, zumindest ein Zeichen setzen. »Also gut.«
Rhodan kommandierte knapp, kühl und überlegt. Sein Ziel war es nicht, ein Schiff der Gäonen zu beschädigen und damit die Lage endgültig eskalieren zu lassen. Er wollte das Feld aber auch nicht kampflos räumen. Und er wollte die Gäonen nicht sinnlos demütigen.
»Wir manövrieren die ZSI-Raumer aus«, befahl er. »Librotron-Antrieb, wir gehen in den Linearraum, fliegen eine Kurve von zwanzig Millionen Kilometern um Gäon herum und tauchen hinter den Angreifern wieder auf.«
»Verstanden.« Holonder gab den Befehl weiter.
Ein Zeichen, dachte Rhodan, mehr nicht.
Der Antrieb erzeugte dreifach gestaffelte Halbraumfelder, von denen das äußere Feld quasi-statisch war und der Gesamtverstärkung der vom System bewirkten Halbraumeffekte diente. Die beiden inneren Feldschalen wurden in Feldstärke, Orientierung und Rotationsgeschwindigkeit variiert. Dabei wurden Umstände erzielt, die eine Bewegung im Normalraum, den Übertritt in den Halbraum und die Bewegung im Halbraum ermöglichten. Ein Konturprojektor schuf eine winzige, trichterförmige Halbraumzone in der normalen Raumzeit. Die Wechselwirkung der Zone mit der umgebenden Raumzeit erzeugte einen Kraftvektor, der den Projektor von der Zone abstieß.
Und