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Perry Rhodan 809: Mensch aus dem Nichts. Hans KneifelЧитать онлайн книгу.

Perry Rhodan 809: Mensch aus dem Nichts - Hans Kneifel


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zuckte ein bohrender, scharfer Schmerz durch seinen Schädel. Er machte ihn halbblind. Seine Identität begann – besser konnte er sich in Gedanken nicht ausdrücken – zu flimmern. Eben noch hatte er die Kontrolle über seinen Verstand und seinen Körper besessen und sich gefreut, dass er nicht wahnsinnig geworden war in diesem Einsamkeitsschock, jetzt fühlte er, wie die Identität Chung Lo bedeutungslos wurde. Etwas anderes schob sich blitzschnell vor alle seine Sinne und ersetzte dann jenen Chung Lo. Nein, in Wirklichkeit wurde Chung Lo ausradiert.

      Chung Lo merkte nicht, was ihm passierte.

      Er wusste auch nicht, dass dieser Vorgang innerhalb von Sekundenbruchteilen oder gar noch schneller erfolgte.

      Jedenfalls schien derjenige, der schwankend und halbblind um den Sessel herumtaumelte und sich schwer in die Polster fallen ließ, ein anderer Mensch zu sein.

      *

       Ein faszinierendes Halbpanorama! Ich könnte mir vorstellen, dass diese Versammlung von Sternen grob gesehen der Eastside zuzurechnen sein könnte; dieser senkrechte milchstraßenartige Ast, sicher nur eine lokale Erscheinung, aber immerhin charakteristisch. Ich muss einmal nachdenken, denn ich kenne dieses Bild, wenn auch nur aus Photos und entsprechenden Studienaufnahmen, ebenfalls mehrfarbig und stereoskopisch.

       Keiner soll sagen, dass Abd el Pumán nicht in jedem Teil der Milchstraße zumindest nicht ganz fremd ist. Ich kenne nicht gerade jeden Stern, aber schließlich hat ein professioneller Astronom einen sechsten Sinn dafür, wo er sich gerade befindet – ich erinnere mich der spielerischen Tests, die wir während der Ausbildung zu Tausenden über uns ergehen lassen mussten. Ein holografisches Bild, zehn Sekunden Zeit, dann eine schnelle Antwort. Von hundert möglichen Treffern erzielte ich stets Zahlen zwischen einundneunzig und neunundneunzig. Natürlich, ich bin in der Eastside der heimischen Milchstraße, in dem Gebiet der Blues.

       So weit, so gut. Aber ... wie bin ich hierhergekommen?

       Ruhe, Abd el Pumán! Keine Panik. Du spürst deinen Körper, hast auf der Zunge den widerlichen Geschmack von dunklem Bier, befindest dich in einem mäßig hellen Schaltraum in einem Sessel sitzend, und du bist ratlos, weil dir ein gewaltiger Abschnitt deiner Erinnerungen fehlt.

       Wo bin ich?

       »Keine Ahnung!«, muss ich zugeben. Irgendeine Raumstation. Eastside? Blues? Eine gewisse Ruhe und Stille?

       Merkwürdig. Ich kann mich nicht erinnern, vor kurzer Zeit gegessen und ausgerechnet dunkles Bier getrunken zu haben! Ich habe irgendwann das Bewusstsein verloren und bin von jemandem oder von etwas in eine ziemlich leer scheinende Raumstation im Einflussbereich des Reiches der Gataser-Abkömmlinge mit ihren tellerförmigen Köpfen gebracht worden. Darüber hinaus glaube ich zu wissen, dass mein Körper irgendwie anders ausgesehen hat. Oder anders war. Der Körper, den ich jetzt spüre, ist schlanker als meiner, den ich in Erinnerung habe. Ich glaube, ich werde noch einmal diese faszinierenden Sternanhäufungen studieren und dann versuchen, in diesem Observatorium jemanden zu finden, der meine Fragen beantwortet. Hoffentlich gibt es hier einschlägige Beobachtungsinstrumente; ich glaube zu wissen, dass ich inzwischen viel verlernt habe.

       Wo ist der Kollege, der die Bildschirme eingeschaltet hat?

      *

      Abd el Pumán sah sich zwanzig Minuten später in einem großen Spiegel. Eben noch war sein Gesicht anders gewesen; jetzt waren die Augen auf rätselhafte Weise dunkler geworden, die Mundwinkel zogen sich leicht nach unten, die Haltung der Schultern war die eines Mannes, der große Teile seines Lebens vor Instrumente, Tabellen und Rechnern verbracht hatte, dessen Liebe nicht Tieren, Maschinen oder Raumschiffen gehörte, sondern den Vorgängen in den Chromosphären und Kernen der Sterne aller Klassen und Größen.

      In einem brausenden Luftstrom trocknete sich Abd el Pumán die schlanken Hände ab und drückte auf einen Schalter, der sein Gesicht mit einem feinen Nebel wohlriechenden Gesichtswassers einsprühte.

      »Das ist wieder ein solches Observatorium der Selbstgespräche«, sagte er laut. In dem strahlend sauberen Toilettenraum hallten seine Worte wider. »Niemand da. Eine merkwürdige Stimmung. Na ja, immerhin stört mich keiner.«

      Noch hatte er kein Identitätsproblem. Bisher war er überzeugt, dass er er war, nicht ein anderer. Aber ein deutliches Gefühl der Unsicherheit verließ ihn nicht, als er anfing, das Observatorium in dieser Sternenstation zu suchen und sich überhaupt einen Überblick zu verschaffen. Vielleicht, so dachte Abd el Pumán skeptisch, fand er denjenigen, der ihn hierher gebracht hatte? Alle anderen Probleme, die mit seiner nicht vorhandenen Erinnerung, mit jener gewaltigen Lücke zu tun hatten, vergaß er zwar nicht, aber er verschob ihre Klärung auf später.

      *

      Fünfhundert Minuten vergingen, ehe der Astronom müde wurde und mutlos zu werden begann. Er war endlose Gänge, Korridore und Rampen entlanggewandert. Er hatte in mehr als zweihundert verschiedene Räume hineingeblickt und hatte folgendes festgestellt:

      Alle Räume und Verbindungsgänge, die so eingerichtet waren, dass sie Menschen zum Aufenthaltsraum dienen konnten, waren klimatisiert, an eine »südpolar« orientierte Schwerkraftanlage angeschlossen, beleuchtet oder beleuchtbar, für mehr als hundertfünfzig Menschen berechnet, hervorragend ausgestattet und für eine kleine Ewigkeit verproviantiert.

      Er hatte große Magazine gesehen, in denen Ausrüstungsteile gelagert waren, benutzte und neue Raumanzüge, Wassertanks, Aufbereitungsanlagen und winzige, abgekapselte Systeme, die Grundsubstanzen herstellten, aus denen eine sinnreiche Automatik Proteine, Fette und Zucker herstellte. Ein Schwimmbad war ebenso vorhanden wie ein Solarium, ein Sportraum von phantastischen Ausmaßen konkurrierte mit einem Auditorium. Es gab auch ein Observatorium, aber die Geräte waren integriert in die Zentrale Kybernetik der Station.

      Die Station selbst wies einen von ihm geschätzten Durchmesser von etwa hundertfünfzig Metern auf und war sicherlich kugelförmig. Es gab kein einziges Raumfahrzeug – die Hangars für Space-Jets und andere Beiboote waren leer. Die Besatzung schien mit ihnen geflohen zu sein.

      Abd el Pumán stöhnte auf: »Und es gibt keinen einzigen Menschen außer mir! Nicht einmal Spuren!«

      Er korrigierte sich. Es gab Spuren. Hier ein Bildwürfel, der eine junge Familie zeigte, dort einige Buchspulen, die einem Besatzungsmitglied gehört haben mochten und beim Aufbruch zurückgelassen worden waren. Dort ein großes Bild eines lachenden jungen Mannes oder eines lächelnden Mädchens. Seltsam. Warum lachen auf Photos die Personen immer? Warum waren sie nicht ernst? Warum weinten sie nicht, da sie doch ahnen müssten, dass sie denjenigen Menschen, der ihr Photo aufstellte oder an die Wand heftete, niemals wiedersehen würden?

      »Vielleicht lachen sie gerade deswegen!«, murmelte der Astronom und sah sich um. Er befand sich jetzt im eigentlichen Wohnbezirk; es war abseits des absoluten Zentrums ein zylinderförmiger Hohlraum, ausgefüllt von robotgepflegten Pflanzen und Blüten. Übereinander verliefen einzelne Rampen, hinter denen die Eingänge in kleinere und größere Apartments lagen. Hervorragend gebaut, aus einem verwirrenden, aber sinnvollen System von Fertigteilen, genormt und dennoch abwechslungsreich.

      Er blieb auf halber Höhe des zylinderförmigen Hohlraums stehen und blickte nach oben, dann nach unten, bewunderte die wuchernden Pflanzen und die makellose Ordnung, dann reckte er seinen Körper und gähnte.

      »Vielleicht bringt der Schlaf die Erleuchtung«, murmelte er und öffnete die nächste Tür. Er ließ sie geöffnet, schaltete sämtliche Lichter in dem mittelgroßen Apartment ein und fand das Bett. Er machte alle jene Handgriffe, mit denen sich die Bettnische in eine Zone der reinen Gemütlichkeit verwandelte.

      Er gähnte und zog sich die Stiefel aus.

      Dann erinnerte er sich an den Bildschirm, tippte einige Tasten und projizierte das Verzeichnis der Musikbänder auf den Schirm. Es waren Tausende von verschiedenen Programmen. Er suchte die Musikstücke, deren Namen und Bezeichnungen ihm etwas sagten, schaltete die Raumlautsprecher auf Maximalstärke und zog sich aus. Dann verschwand er in der Hygienezelle


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