Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2). Hans KneifelЧитать онлайн книгу.
an, was sie hergeführt hatte? Gab es einen dunklen Punkt in ihrer Vergangenheit? Hatten sie fliehen müssen, weil sie der Gemeinschaft oder einem einzelnen Schaden zugefügt hatten?
Ihre spärliche Ausrüstung ließ darauf schließen, dass sie überhastet aufgebrochen waren, und ihre Geheimnistuerei passte in dieses Bild. Keine Ankündigung, keine Funkmeldung, und offizielle Straßen wurden gemieden, obwohl in den Wäldern Gefahren lauerten, die hauptsächlich von den Tixudkatzen ausgingen. Niemand, der klar im Kopf war, nahm ein solches Risiko auf sich – es sei denn, er hatte etwas zu verbergen.
»Ich glaube, dass die drei Gauner sind«, raunte ich meiner zierlichen Freundin zu.
»Aber ein Verbrechen wäre uns per Funk bekannt geworden«, wandte Perlmutt ein.
»Im Prinzip ja, doch in den Wirren der vergangenen Wochen waren andere Nachrichten wichtiger. Ein Raub war einfach zu kaschieren in dem Durcheinander, und ein Tötungsdelikt ließ sich leicht als Unfall oder Überfall der entfesselten Raubtiere tarnen.«
»Du hast Recht, aber es ist ein entsetzlicher Gedanke«, hauchte die Kleine. »Meinst du ... ich meine, hältst du es für möglich, dass die drei ... Mörder sind?«
»Wir sollten nicht gleich das Schlimmste annehmen«, versuchte ich zu beschwichtigen. »Jedenfalls werde ich ein wachsames Auge auf sie haben.«
»Ob Maronx und Tranoque wohl Verdacht geschöpft haben?«
»Ich weiß es nicht. Immerhin sind sie intelligent genug, um sich über den seltsamen Auftritt ihre eigenen Gedanken zu machen.«
Perlmutt schwieg und trottete nachdenklich neben mir her. Die Fragen, die mich beschäftigten, hatte sie nicht gestellt. Diese Drillinge waren, wenn sie gemeinsam auftraten so wie jetzt, sehr auffällige Erscheinungen. Wo immer sie auftauchten, würden sie bestaunt werden und Aufsehen erregen, genug immerhin, dass es eine Meldung über Funk wert war. Und so, wie sie umherzogen, waren sie darauf angewiesen, Dörfer aufzusuchen, um sich zu verköstigen. Warum hatte keine Siedlung etwas über die Ankunft oder die Abreise der Brüder verlauten lassen? Selbstversorger konnten sie nicht sein, denn die Mannanna-Felder waren abgeerntet. Ernährten sie sich von Einbrüchen in Speichern, oder trat nur jeweils einer von ihnen in den Ortschaften als einsamer Wanderer auf, während die beiden anderen in den nahen Wäldern biwakierten?
Warum zeigten sie sich aber ausgerechnet jetzt in Yutlamal zu dritt? Hofften sie, in der Großstadt – zumindest für hiesige Begriffe – nicht aufzufallen? Gewiss, wenn sie sich trennten, konnten sie unter vierzigtausend Artgenossen durchaus anonym bleiben und untertauchen, doch warum waren sie dann gemeinsam hier einmarschiert? Sie mussten nun damit rechnen, dass ihr Aufenthaltsort publik wurde. Gab es in Yutlamal etwas, was eine Tarnung überflüssig machte? Beabsichtigten sie, hier ihre Identität zu ändern? Oder sollte in dieser Stadt ein Plan zur Durchführung kommen, der sie aller Sorgen enthob?
Die Antworten, die ich mir selbst geben konnte, waren Legion, aber keine befriedigte mich, da ich mangels Fakten zu sehr auf Spekulationen angewiesen war. In einem Punkt war ich mir allerdings sicher: Die Burschen hatten etwas auf dem Kerbholz, und sie führten etwas im Schilde, jedenfalls war mein Misstrauen geweckt, und es wurde von Minute zu Minute stärker.
So entging mir beispielsweise nicht, dass sie die Häuser und Straßen musterten und versuchten, sich Abzweigungen, Gassen und markante Gebäude einzuprägen, um sich mit den Örtlichkeiten vertraut zu machen. Das geschah nicht offen, wie es jemand tat, der in eine fremde Umgebung kam und sich interessiert zeigte, sondern heimlich, wie es Galgenvögel taten, die etwas auskundschafteten. Scheinbar zufällig drehte einer der drei manchmal den Kopf und sah zurück, doch der Blick galt stets mir und nicht der biederen Architektur. Fast kam es mir so vor, als wären sie über meine Anwesenheit nicht besonders glücklich, dabei musste sich längst herumgesprochen haben, dass ich meine Zelte in dieser Stadt aufgeschlagen hatte und der einzige Roboter auf Aytab war, denn die Traykons in dem abgestürzten Schiff, die nur die Hülle mit mir gemein hatten, hatte allesamt der positronische Teufel geholt.
Ob sie mich fürchteten? Meine Taten und Erfolge waren ja um den ganzen Globus gegangen, und nur ein ausgesprochener Narr konnte meine Fähigkeiten ignorieren. War ich der Angstgegner der Drillinge, war ich derjenige, der ihnen einen Strich durch die Rechnung machen konnte? Es sah beinahe so aus – und ich würde es tun, denn das war ich mir und meinen liebenswerten Gastgebern schuldig. Ganoven konnten wir in Yutlamal nicht gebrauchen.
»Wirst du etwas gegen die drei unternehmen?«, wollte Perlmutt wissen.
»Noch haben sie nichts getan, was Anlass gibt, einzuschreiten.« Gerne hätte ich meiner Freundin ein aufmunterndes Lächeln gezeigt, doch der Traykon-Körper ließ keine Mimik zu. »Aber wenn sie beabsichtigen, hier ein Ding zu drehen, sind sie auf dem Holzweg.«
»Jetzt wirst du aber wunderlich. Warum sollten sie etwas über Stege und Brücken rollen?«
»Du hast mich missverstanden, mein kleiner Liebling. Ich habe eine Redewendung benutzt. Sie bedeutet sinngemäß, dass ich kriminelle Handlungen unterbinden werde.«
»Ich vertraue dir völlig. Wenn es einer schaffen wird, bist du es.«
Davon war ich auch überzeugt. Welche dunklen Absichten die drei auch haben mochten – ich würde ihnen auf die Schliche kommen und verhindern, dass sie Schaden anrichteten, schließlich war ich schon mit ganz anderen Schwierigkeiten fertig geworden. Zuversichtlich folgte ich Maronx, Tranoque und den Drillingen, die keine sein wollten, zum doppelstöckigen Haus, das der Oberste Flurhüter sein eigen nannte. Perlmutt schmiegte sich eng an mich, und ich ließ sie gewähren, weil ich ihre Nähe genoss. In Augenblicken wie diesem bedauerte ich es, dass ich niemals ihr wirklicher Gefährte sein konnte, weil ich weder ein organisches Geschöpf noch ein Kaytaber war. Manchmal hatte eben sogar ein robotischer Körper seine Nachteile.
*
Meine Annahme, dass die Drillinge ausgehungert waren und ordentlich zulangten, bestätigte sich nicht. Sie begnügten sich mit einigen Häppchen, die kaum mehr waren als Appetitanreger. Was da an Körnern aufgetischt wurde, verschwand fast ausschließlich in den Mägen meiner Freunde. Ein Schluck Quellwasser genügte den dreien, den Zusatz von ein paar Tropfen der Pinzfrucht mochten sie nicht und die Beigabe von vergorenem Yarmsud lehnten sie ganz ab.
Das gab mir besonders zu denken. Yarmsud war ein harmloses Stimulans, das kurzfristig zwar ein rauschähnliches Glücksgefühl hervorrief, aber keine Droge im eigentlichen Sinne war. Wann immer Kaytaber etwas zu feiern hatten oder ihre Gastfreundschaft besonders dokumentieren wollten, durfte Yarmsud ebenso wenig fehlen wie der Saft der Pinzfrucht.
Jeder Kaytaber war mit diesen Sitten und Gebräuchen vertraut, jeder wusste, dass es fast einer Beleidigung des Gastgebers gleichkam, diesen angereicherten Trank zu verweigern, und trotzdem taten Evodix und seine Brüder das. War es Absicht, wollten sie Maronx bewusst vor den Kopf stoßen? Was aber versprachen sich die drei von einer Kränkung ihres Wohltäters?
Der Oberste Flurhüter versuchte nicht, zu verbergen, dass er betroffen war.
»Ihr werdet verstehen, dass ich unter diesen Umständen meine Einladung nicht aufrechterhalten kann, die Nacht unter meinem Dach zu verbringen.« Er nahm ein Funkgerät zur Hand. »Ich werde einen Boten rufen, der euch zu einem öffentlichen Gasthaus bringt.«
»Mach dir keine Umstände, wir finden schon allein dorthin.« Evroom richtete sich auf die Hinterbeine auf. »Vielen Dank für das reichliche Mahl. Es war nett, eure Bekanntschaft zu machen.«
Auch seine Brüder richteten sich auf. Keinem war anzusehen, ob er über den Rausschmiss betroffen war, keiner hielt es für nötig, ein Wort der Entschuldigung zu sagen. Ohne sich noch einmal umzusehen, verließen sie grußlos das Haus und traten auf die Straße hinaus. Durchs Fenster konnte ich noch sehen, dass sie sich nach links wandten, einer Gasse zu, die in den Außenbezirk führte, dann verschwanden sie aus meinem Gesichtsfeld.
»Undankbares, ungehobeltes Pack«, schimpfte Tranoque. »Ich hätte nicht übel Lust, sie aus der Stadt zu jagen.«
»Sie verhalten sich wirklich sehr merkwürdig«, stellte Maronx enttäuscht fest. »Ich