Perry Rhodan 3062: Zeut. Susan SchwartzЧитать онлайн книгу.
die Forschungsstation, einem einzelnen, weitläufigen Flachbau, der an eine schmucklose Halle für Robotfabrikation erinnerte. Alles andere als ein wohnlicher Ort. An einem uralten, im Eis konservierten Baumriesen nur wenige Meter vom Rand der Kuppel entfernt öffnete sich eine Knospe. Es kam Adams vor, als würde das Lila aus sich heraus leuchten.
Im Gleiter saßen nur sie beide als Passagiere, das einzige Besatzungsmitglied war die Pilotin, angestellt bei der privaten Firma Far Cry, die auch die Station betrieb. Adams hatte sie beim Start vom Raumhafen Terrania nur kurz gesehen – eine trotz ihrer langen, blau-silbrig gefärbten Haare erstaunlich unauffällige Frau.
Far Cry war eine Mixtur aus Architekturbüro, Stadtplanungs-Konsortium und exogeologischem Forschungsinstitut. Es gingen Gerüchte, dass ein Nachkomme des genialen Robotikers Whistler seine Finger in der Finanzierung hatte und als graue Eminenz im Hintergrund die Fäden zog, doch das hielt Adams für eine Verschwörungstheorie. Der TLD hatte in dieser Hinsicht ermittelt, um möglichen künftigen Problemen vorzubeugen, aber nie etwas gefunden, das über bloßes Hörensagen hinausging.
Tonyor diente seit Jahrzehnten als offizieller Sprecher für Far Cry und kommunizierte in dieser Funktion häufiger mit der Regierung der Liga ... genauer gesagt, mit Homer G. Adams, dem Advisor des Residenten. Adams schätzte ihn. Irgendwie zumindest. Und wo er ihn zu penetrant oder besserwisserisch fand, pflegte er einen professionellen Umgang. Mit anderen Worten: Er ließ sich nichts anmerken.
Far Cry finanzierte sich seit Jahren dank etlicher Sponsoren, die in dem offiziellen Auftrag, auf Zeut eine Stadt samt kleinem Raumhafen zu errichten, eine lukrative Investition in die Zukunft sahen.
Seit es Terra in die andere Hälfte des Dyoversums verschlagen hatte, verstand man unter Expansion längst etwas anderes. Etwas Bescheideneres. Die Milchstraße war in gewisser Hinsicht auf eine Raumkugel von wenigen Hundert Lichtjahren Durchmesser geschrumpft, die man gerade so mit waghalsigen Raumflügen bereisen konnte.
Und Zeut war ohnehin eine Legende – im Heimatuniversum existierte der Planet seit Langem nicht mehr, sondern war lediglich vor Urzeiten Teil des Solsystems gewesen. In dieser Hälfte des Dyoversums zog er nach wie vor seine exzentrische Bahn um die heimatliche Sonne.
Noch ließ sich bei einem Überflug nichts von der geplanten Stadt erahnen, und dafür gab es einen guten Grund: das Leben. Genauer gesagt, der erwartete oder erhoffte Ausbruch einer Lebensphase auf dieser eiskalten, erstarrten Welt.
Jemand in der Forschungsstation schaltete ihnen eine Schleuse in die Energiekuppel, und sie landeten wenige Sekunden später. Sie verließen den Gleiter, und zum ersten Mal atmete Adams die Luft des Planeten Zeut.
Nur dass es nicht der legendäre Planet war. Stattdessen standen sie auf einem ...
... ja, was?
Auf einem Ebenbild?
Einem Zwilling?
Eigentlich ja.
Denn eigentlich war das Universum, in das es die Erde vor Jahrhunderten verschlagen hatte, ein Zwilling des Heimatuniversums – mehr noch, ein siamesischer Zwilling, wenn man es so wollte, obwohl die Analogie nur beschränkt zutraf. Entstanden im selben Urknall, entwickelten sich die beiden Universen seitdem weiter, verbunden lediglich an einem Punkt: der Zerozone.
So weit stand das Modell, und bei diesen Grundlagen endeten auch die Interpretationen, denen sämtliche Wissenschaftler zustimmten. Zumindest fast alle.
Es blieben mehr Fragen als Antworten.
Und genau das, fand Adams, machte das Leben in diesem fernen und doch so eigentümlich vertrauten Bereich überhaupt erst spannend. Er hatte sich daran gewöhnt. Oder? Es gab Tage, nein, Wochen, vielleicht sogar Monate, in denen er gar nicht an das alte Heimatuniversum und eine Rückkehr dorthin dachte.
Wenn sich die Universen seit dem Urknall getrennt voneinander entwickelten – wie konnte es dann sein, dass weitgehend dieselben Sonnensysteme mit einander stark ähnelnden Planeten entstanden waren? Es musste etwas geben, das die Entwicklung beeinflusste und regulierte. Die Zerozone?
Aber falls es eine solche Einflussnahme gab, beschränkte sie sich offensichtlich auf die Ebene unbelebter Materie. Denn kein Planet in dem von der Menschheit bislang besuchten Bereich hatte dasselbe Volk hervorgebracht wie sein Ebenbild im bekannten Heimatuniversum.
Wobei auch das nicht stimmte. Die große, unerklärliche Ausnahme bildeten die Topsider. Was wiederum von Anfang an nur zu Konflikten geführt hatte.
Fragen über Fragen.
Bei manchen schien eine Antwort geradezu greifbar nah, bei anderen unendlich weit entfernt.
Ja, überlegte Adams, es lohnte sich, das neue Umfeld der Erde mit offenen Augen, offenem Verstand und offenem Herzen zu erleben. Über wissenschaftliche Fragen zu rätseln, über Entdeckungen zu staunen und sich für Wunder zu begeistern.
Aber im Moment schob er all das beiseite.
Momentan ging es nur um Zeut.
Seltsam, dass er in all den Jahren seit der Ankunft in diesem Zwilling des Solsystems nie die Zeit gefunden hatte, diesem in der Heimat legendären und längst verschwundenen Planeten einen Besuch abzustatten. Oder sie sich nie genommen hatte.
Dieser Zeut wich stark von dem Ebenbild im Heimatuniversum ab – das der Menschheit nur aus Expeditionen durch Zeit und Raum bekannt war, an denen Adams selbst freilich nie teilgenommen hatte. Selbstverständlich kannte er trotzdem die gewonnenen Informationen.
Es gab merkliche Unterschiede, etwa das völlige Fehlen von PEW-Metall, und mehr als das ... aber es ließen sich auch verblüffende Übereinstimmungen feststellen.
»Advisor?«, riss ihn eine Stimme aus den Gedanken, dann: »Advisor! Es ist mir eine Freude und Ehre, dich hier zu sehen!«
Eine Frau kam auf die Neuankömmlinge zu. Sie hatte lange weiße Haare, was ihr auf den ersten Blick etwas Arkonidisches verlieh. Die dunkelblauen Augen sprachen dagegen.
Augen, in denen sich nach Adams' Meinung ein tiefer Schrecken eingenistet hatte, den sie zu verbergen versuchte.
»Willkommen auf Zeut«, fuhr sie fort. »Ich bin Muury, von Haus aus Biologin, aber auch Mädchen für alles in der Station.«
Sie drehte den Kopf zu Tonyor, nickte stumm und wandte sich wieder ab. »Wollt ihr mir folgen?«
»Muury hasst mich«, sagte Tonyor unvermittelt. »Sie war gegen meinen Vorschlag, mit dem Beginn des Städtebaus zu warten, bis die Lebensphase des Planeten vorüber ist.«
»Weil es unnötig verzögert«, sagte Muury.
Tonyor schüttelte den Kopf, und mit einem Mal wirkte er weitaus energischer als zuvor. »Es gibt eine Menge Theorien, aber niemand weiß, wie stark die Lebensphase ausfällt und welche Veränderungen bevorstehen und wo wir ungewollt die natürliche Entwicklung beeinflussen könnten.«
»Hass ist außerdem das falsche Wort«, stellte Muury unbeeindruckt fest. »Ich hasse dich nicht.«
»Wie würdest du es nennen?«, fragte Tonyor.
Sie dachte kurz nach, und ihr Gesicht blieb reglos. Adams nutzte die Gelegenheit, sie zu mustern, und er empfand noch stärker als zuvor, dass sie unter dieser Fassade Angst verbarg. Oder etwas, das einer tief empfundenen Furcht zumindest nahekam.
»Mitleid«, fasste Muury schließlich ihre Überlegungen zusammen. »Wie man es einem Menschen eben entgegenbringt, der sich für klug hält, in Wirklichkeit jedoch ein Narr ist. Und der seine Entscheidungen von Terra aus fällt, statt auch nur ein einziges Mal persönlich nach Zeut zu kommen.«
»Es muss hart für dich gewesen sein, mitzuerleben, wie alle auf den angeblichen Narren hören, aber nicht auf dich. Unterschätz nie die Weisheit des Alters!«
»Niemand hat je behauptet, im Universum ginge es gerecht zu.« Sie räusperte sich. »Ich zumindest nicht. Wie siehst du das, Advisor?«
Homer G. Adams fühlte sich nicht wohl in seiner Haut angesichts dieser offen zur Schau getragenen