Perry Rhodan-Paket 61: Mythos (Teil1). Perry RhodanЧитать онлайн книгу.
Er aktivierte seinen Kom. »Hope Tiranjaar! Hörst du mich?«
»Laut und deutlich, Perry!«, antwortete die Stimme der Chefin der Inneren Sicherheit über Bordfunk. Ein Holo bildete sich nicht; offensichtlich befand sich kein Projektor in der Nähe, oder er wurde gerade erst in Betrieb genommen. Das hatte im Augenblick fürwahr nicht die höchste Priorität.
»Wo bist du?« Rhodan kannte Hope so gut wie jeden anderen Führungsoffizier an Bord. Sie war früher Besatzungsmitglied der TANAKA SEIKO gewesen, die die RAS TSCHUBAI vor dem Wanderer-Einsatz verlassen hatte, war also neu an Bord der BJO. Er hatte den Eindruck, dass sie daher besonders motiviert war, ihr Können unter Beweis zu stellen, und alles für die BJO BREISKOLL und deren Sicherheit tun würde. Ihrer Personalakte hatte er entnommen, dass sie eine kühle Analytikerin und eine herausragende Dagorkämpferin im Meisterrang eines Lakroten war.
»Auf dem Weg zur Bruchstelle. TARAS und Raumlandesoldaten begleiten mich. Wir arbeiten noch an Holoverbindungen und ...«
Ihre Worte gingen in einem lauten Zischen unter, gefolgt von einem hohen Kreischen. Auf das surrende Geräusch konnte Rhodan sich keinen Reim machen, doch was das zerrende Reißen betraf, musste er seine Phantasie nicht über Gebühr beanspruchen. Mit einiger Mühe konnte er sich vorstellen, wie dort Ynkonit geradezu zerfetzt wurde.
Im nächsten Moment erklangen laute Schreie, dann das Sirren von Energieentladungen.
Schüsse!
Der Feind war in die BJO BREISKOLL eingedrungen!
*
Unvermittelt baute sich vor Rhodan eine Holoverbindung auf. Jemand hatte eine Helmkamera eingeschaltet oder einen Holoprojektor aktiviert. Jedenfalls empfing er nun ein dreidimensionales Bild.
Viel erkennen konnte er darauf aber nicht. Er sah eine weiße, wächsern anmutende und leicht gekrümmte Oberfläche. Sie wirkte etwas flimmernd und unscharf. Unwillkürlich kniff er die Augen zusammen, doch die Darstellung blieb unvermindert schlecht. Mehr konnte er nicht erkennen.
Ein metallisch schimmerndes, kegelstumpfförmiges Objekt raste auf einem Prallfeld durch den Erfassungsbereich der Holokamera. Rhodan erkannte es als Ausschnitt eines TARAS, die er in hoher Zahl zum Ort des wahrscheinlichen Hüllenbruchs geschickt hatte.
Kampfroboter der Baureihe IX-INSIDE waren speziell für den Einsatz in geschlossenen Räumen konzipiert. Die knapp zwei Meter hohe Maschine eröffnete das Feuer auf den unbekannten Eindringling, dessen Körperform Rhodan nicht einmal erahnen konnte. TARA-IX-INSIDES waren mit einem Impulsstrahler, einer Intervallkanone und zwei Kombistrahlern ausgestattet. Die Positronik dieses Modells entschied sich für einen Desintegrator-Beschuss aus den beiden Kombistrahlern.
Doch die charakteristische grünliche Leuchterscheinung, die normalerweise bei der Auflösung von Materie auftrat, blieb aus. Rhodan sah, wie die Strahlen auf die unscharfe weiße Oberfläche auftrafen, doch sie erzielten nicht die geringste Wirkung. Wenn überhaupt, schien das wächserne Material nur etwas stärker zu flimmern und sich kaum merklich zu verfärben.
Der TARA setzte den rasenden Flug fort und drohte auf die Oberfläche zu prallen. Im letzten Augenblick zog der kegelförmige Korpus eine stark gekrümmte Kurve und wich dem Hindernis aus. Gleichzeitig schwenkte er einen Waffenarm und eröffnete das Feuer mit dem Impulsstrahler.
Fassungslos beobachtete Rhodan, wie die komprimierten, hochbeschleunigten und perfekt gleichgerichteten Impulsstrahlen mit annähernder Lichtgeschwindigkeit auf die wächserne, unscharfe Oberfläche hämmerten ... und zurückgeworfen wurden! Die Salven aus hyperkinetischen Hochenergiestrahlen, denen normalerweise nichts entgegenzusetzen war, die kein materielles Hindernis von ihrer schnurgeraden Bahn abweichen ließ, die bei Punktbeschuss selbst vier- und nicht besonders hochwertige fünfdimensionale Energieschirme aufrissen ... Sie prallten von dem flimmernden Weiß ab und schlugen zurück!
Sie trafen auf den TARA, der sich praktisch nicht von der Stelle bewegt hatte, und durchschlugen dessen Hochenergie-Überladungs-Schirm. Der Kampfroboter explodierte und verging in einer grellen glühenden Wolke.
Im nächsten Augenblick fiel die Kamera aus. Was war mit dem Raumlandesoldaten passiert, auf dessen Helm sie vielleicht befestigt gewesen war?
»Hope«, sagte er, bemüht, seiner Stimme die dringend erforderliche Festigkeit zu geben, »was ist passiert?«
Keine Antwort.
*
Es dauerte eine geraume Weile, bis sich die Chefin der Inneren Sicherheit meldete. Ihre Stimme klang gehetzt, sie atmete schwer, als ränge sie um Luft. »Ein unbekanntes Wesen ist in die BJO eingedrungen! Es ist riesig ... und bahnt sich den Weg ins Schiffsinnere!«
»Ihr müsst das Loch in der Außenhülle sofort mit einem Schirmfeld abdichten!« Eines nach dem anderen. »Sind die Generatoren vor Ort?«
»Schon geschehen!«
»Was ist das für ein Wesen? Ich brauche eine Beschreibung, besser noch Bilder!«
»Wir arbeiten daran!« Schüsse fauchten, offensichtlich gingen die TARAS oder die Raumlandesoldaten wieder gegen das Geschöpf vor.
»Erwartet mich vor Ort. Ich mache mich auf den Weg!«
»Negativ, Perry! Warte, bis wir die Situation im Griff haben!«
»Auf keinen Fall!«, stimmte Muntu Ninasoma zu. »Wir brauchen dich hier, Perry.«
»Jemand muss den großen Überblick behalten!«, schlug Farye in dieselbe Kerbe. »Und du mit deiner Erfahrung bist die naheliegendste Wahl!«
Rhodan schnaubte.
Er wusste genau, was die anderen beabsichtigten, und sie folgten damit nur den Protokollen. Weder der Expeditionsleiter noch die Führungsoffiziere durften in solch einem Ernstfall nach einer Waffe greifen und sich ins Getümmel stürzen. Solch ein wahnsinniges Verhalten mochte vor Jahrhunderten Gang und Gäbe gewesen sein, doch längst gab es klare Richtlinien, die auf Vernunft setzten.
»Wir brauchen Bilder!«, sagte er gepresst. »Sonst können wir ...«
Er verstummte, als sich in der Zentrale gleichzeitig mehrere Holos bildeten.
Er betrachtete sie der Reihe nach, versuchte, die Eindrücke zu verarbeiten.
Das erste zeigte Hope Tiranjaar. Damit bekam die Stimme der Inneren Sicherheit ein Gesicht: wohl um die vierzig Jahre alt, knapp unter zwei Meter groß, blonde Haare, deren Ansatz er unter dem geschlossenen Helm des SERUNS erkennen konnte. Die schwarzen Augen standen in einem sehr seltsamen Kontrast dazu. Sie hatte breite Schultern, und von ihren vorherigen Gesprächen wusste er, dass sie eher maskulin und brüsk auftrat, Distanz suchte und schaffte.
Sein Blick glitt zum zweiten Holo. Darauf war das Geschöpf zu sehen, das in die BJO eingedrungen war. Zu sehen war wohl der Vorderteil eines riesenhaften Wurms, der ein paar Zentimeter über dem Boden schwebte und sich wie schwerelos fortbewegte. Er war von der gleichen wächsern-weißen, bei genauerem Hinsehen etwas flimmernden, unscharf wirkenden Haut überzogen, die Rhodan schon bei der ersten Ausschnittvergrößerung aufgefallen war.
Eine einzige Öffnung befand sich darin, die sich rhythmisch zusammenzog und wieder ausdehnte. Durch sie schien das Geschöpf zu atmen, Luft einzusaugen.
»Wie ist es möglich, dass sich die Kreatur schwebend vorwärts bewegt?«, fragte Rhodan. »Nutzt sie technische Hilfsmittel?«
»Nein«, antwortete OXFORD erneut wenig hilfreich. »Jedenfalls keine für uns erkennbaren. Wie genau dieses Schweben zustande kommt, ist noch unbekannt. Es könnte sich um einen Para-Effekt handeln.«
Ein Roboter raste in halsbrecherischem Flug heran, um eine bessere Schussposition auf das Fremdwesen zu bekommen. Unvermittelt stülpte die Kreatur drei große, fangarmartige Pseudopodien aus, die die Kampfmaschine blitzartig umschlangen und zu dem Geschöpf zerrten. Als sie die Haut des Wesens berührte, flackerte ein grünliches Schimmern auf. Unvermittelt stiegen dichte gasähnliche Schwaden empor und nahmen Rhodan kurz