Perry Rhodan Neo 221: Ein neuer Feind. Susan SchwartzЧитать онлайн книгу.
sie gesetzt worden war – damit die anderen ihre Ruhe hatten. Sie war die Jüngste am Tisch und außerdem der Schatten der Matriarchin, die intimste Vertraute. Es war ihre Aufgabe, für Ruhe in der Sippe zu sorgen. Nicht alle gönnten ihr diese hohe Position, Tochter des Lieblingsbruders hin oder her, erachteten sie als zu jung und forderten sie immer wieder heraus.
Da hatten sie aber die Finger auf die falschen Konten gelegt. Somsat kam in vielem nach ihrer Tante, was den starken Willen, die Lebenskraft, die Intelligenz und die körperliche Fitness betraf. In den Ansichten unterschieden sie sich jedoch zumeist, was der Grund gewesen war, dass die Matriarchin sie an ihre Seite berufen hatte. Thrione brauchte einen guten, gewitzten Widerpart, der kein Blatt vor den Mund nahm, ein guter Kontrapunkt zu den sonstigen Beratern.
»Willst du dann wenigstens mein Besun sein?«, fragte der Fantan, und Somsat hätte schwören können, dass es treuherzig klang.
»Auf keinen Fall!«, betonte sie. »Such dir jemand anderen, außerhalb der Karawane.«
»Oh, aber dort draußen gibt es schon ein Besun, nach dem ich strebe. Doch bis dahin ...«
Sie schlug ihm auf die herantastenden, flexiblen Finger. »Bis dahin reißt du dich zusammen! Bist du auf Entzug, oder was?«
Dabei sollte er zufrieden sein, so wie es die Sippe auch war.
Fantan waren Abenteurer und absolute Individualisten, trotzdem auch Wesen mit starkem Familienbewusstsein. Sie vermehrten sich durch Ableger ihrer selbst, an denen sie treu sorgend hingen. Bis jeder seiner Wege ging, um Besun für sich zu erobern.
Was genau Besun bedeutete, war sehr schwer zu übersetzen: Schatz, Lebenssinn, Sammlung ... alles zusammen und noch mehr. Besun zu sammeln, war jedenfalls der einzige Lebenszweck, dem die Fantan nachgingen, sobald sie alt genug waren, und weshalb sie die Galaxis durchstreiften. Ob nun Thantur-Lok oder die Heimat der Terraner, sie folgten stets ihrem Spürsinn. Und den Informationen, die sie sich überall abgriffen.
Genau aus letzterem Grund nahmen die Mehandor häufig einen Fantan in ihren Konvois mit: Er führte sie nicht selten zielsicher dorthin, wo es wahre Schätze gab. Auf diese Weise hatte auch Lawwassatt für den besten Geschäftsabschluss der Meykarasippe seit Langem gesorgt.
Außerhalb des Kugelsternhaufens, den die Arkoniden Thantur-Lok nannten, gab es ein kleines System mit Kolonialarkoniden. Es gehörte zu einem jungen Stern, der aus einer Doppelkonstellation geschleudert worden war – ein Fluchtstern. Kammuroh war daher ebenfalls eine junge Welt, reich an Metallen und Mineralien.
Die dortigen Kolonisten hatten geglaubt, so weit weg von Tiga Ranton zu sein, dass man sie vergaß und unbehelligt für sich bleiben ließ.
Lange Zeit war das tatsächlich der Fall gewesen.
Doch dann war die Ökonomie der Hauptwelten ins Wanken geraten. Und man entsann sich auf Arkon der fernen Welten.
Mehandorsippen machten sich auf den Weg, um diese Kolonien wieder aufzuspüren und auszubeuten. Damit sie ihre Ansprüche durchsetzen und dem Imperium schnellen Aufschwung bringen konnten, wurde vielen Karawanen, auch den Meykara, sogar ein Kampfflottenverband mitgegeben.
Lawwassatt, der kurz vor dem Aufbruch an Bord gekommen war, hatte sie mit sicherem Gespür auf Kammuroh aufmerksam gemacht, eine Information, die »die anderen noch nicht haben«. Wenn sie sich sofort auf den Weg machten, brächte das unbedingten lukrativen Erfolg, hatte er versprochen.
Eigentlich sei der Fantan, wie er gesagt hatte, auf dem Weg nach Aarakh Ranton, aber so ein kleiner Umweg könne nicht schaden, wenn viel Besun zu erwarten sei. Und das sei auf Kammuroh der Fall, so etwas lasse er sich nicht entgehen, und die Meykara sollten das auch nicht.
Die Mehandor ließen es sich nicht entgehen. Wie ein Fluch fielen sie über das System her. Die Kolonialarkoniden wehrten sich erbittert, doch sie hatten nur drei lächerlich bewaffnete Schiffe, die ihnen nicht mal gegen Raumpiraten genützt hätten. Der Aufstand wurde von dem begleitenden Militär rücksichtslos und in kurzer Zeit niedergeschlagen, die Hauptstadt besetzt und der regierende Baron zur vertraglichen Unterschrift gezwungen.
Somsat wusste, dass eine Matriarchin so handeln musste – skrupellos. Das Geschäft und der eigene Profit gingen immer vor, keine Frage. Dennoch hatte sie Thrione abringen können, dass die Kolonialarkoniden nicht alles verloren, was sie aufgebaut hatten, und wenigstens zu einem bescheidenen Teil am Abbau der Ressourcen beteiligt wurden. Es war schlimm genug, dass es Tote gegeben hatte, und was die Raumfahrt betraf, würde es lange dauern, bis die Kolonisten wieder über flugfähige Sternenschiffe verfügten. Somsat war indes der Ansicht, dass die Kolonisten ein Anrecht darauf hatten, zu partizipieren.
Thrione hatte harte Verhandlungen deswegen führen müssen, weil die Hauptweltarkoniden den Kolonialen nur Verachtung entgegenbrachten. Doch schließlich hatte sie sich mit einem überzeugenden Argument durchsetzen können: Bei angemessener Beteiligung arbeiteten die Kolonialen mit, anstatt zu sabotieren. Das erhöhte die Effizienz, senkte die Kosten und steigerte den Gewinn. Auch für die Meykara, denn Somsat hatte dieses Argument bereits Thrione gegenüber eingesetzt.
Sogar die Sippe selbst musste hierfür einige Abstriche hinnehmen, weil das marode Imperium auf Maximalumsätze pochte, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Jedoch konnte Thrione eine fünfzehnjährige Freistellung von der Besteuerung heraushandeln. Arkon strich zwar nach wie vor den Hauptgewinn ein, aber am Ende profitierte jeder auf die eine oder andere Weise, und man schied vielleicht nicht als Freunde, aber als Geschäftspartner.
Somsat konnte sogar durchsetzen, dass die Arkoniden bei der Schadensbeseitigung und der medizinischen Versorgung halfen. So konnte sie wenigstens ein bisschen besser schlafen. In solchen Momenten war sie froh, nicht die Position einer Matriarchin ausüben zu müssen. Auf ihrem Posten konnte Somsat die anderen ebenfalls herumkommandieren und ihren Ehrgeiz befriedigen, trug aber weniger Verantwortung.
Mittlerweile war die Fannon-Karawane endlich mit vollen Frachthangars auf dem Weg nach Aarakh Ranton und nutzte die tatenlose Reisezeit für eine Feier anlässlich des gelungenen Geschäfts.
Deswegen durfte auch der Fantan am Festmahl teilnehmen, wo er nun schon hereingeplatzt war. Nicht zuletzt hatte er das Ganze ja überhaupt erst ermöglicht.
Er hatte dabei zwar auch einiges an Besun gesammelt, doch wohl mehr aus Gewohnheit. Wenn Somsat ihn richtig verstanden hatte, war er in erster Linie auf der Suche nach dem einen, dem wahren Besun, das ihn bei seinen Artgenossen zur Legende machen würde. Was das wohl sein mochte?
»Somsat, ich habe da eine Frage«, unterbrach Lawwassatts fröhlich klingende Stimme ihre Gedanken.
»Ja, was denn?«
»Was ist ein Nimmersatt? Für mich klingt das wie ein Ehrenname.«
Da konnte sich Somsat Meykara nicht mehr zurückhalten und brach in lautes Gelächter aus.
3.
Inspektion
Die Mehandor erreichten Aarakh Ranton via Kira Ariela, von der »Öden Insel« kommend, und staunten nicht schlecht über das, was sie nach dem Hyperraumsprung am Rand des Zielsystems vorfanden.
»Hat es das letzte Mal schon so ausgesehen?«, fragte Somsat Meykara verwirrt.
»Ich kann mich nicht erinnern, dass es jemals so ausgesehen hat«, antwortete Thrione Meykara. Sie stand vor dem hohen Hologlobus im Arbeitsbereich ihrer Gemächer. Sie war per Bordfunk mit der Zentrale verbunden. »Astrogator, haben wir uns verflogen?«
»Nein, Matriarchin, ich zeige es Ihnen.«
Verschiedene neue Bereiche wurden in das Hologramm eingeblendet, und tatsächlich – da war Aarakh Ranton, der vierte Planet der Sonne Dor. »Dor« bedeutete auf Arkonidisch »Volk«, »Aarakh Ranton« stand für »zweite Heimat«.
Hoch über der Zufluchtswelt, durch einen Orbitallift mit der Planetenoberfläche verbunden, schwebte das Gespinst der Mehandor, eine Raumstation aus unzähligen ineinander verschlungenen, durchsichtigen Röhren. Dort bildeten Arbeit und Entspannung eine harmonische Symbiose,