Planetenroman 87 + 88: Sohn der Sonne / Zwischen den Wirklichkeiten. H. G. FrancisЧитать онлайн книгу.
einen dummen Fehler gemacht.«
»Kein Grund, dich umzubringen.«
»Nein. Und angesichts von zehn Toten kann auch kein Täuschungsmanöver vorliegen, mit dem man bei der Gegenseite den Eindruck erwecken will, dass man mich fallengelassen hat.«
»Welche Gegenseite?«
»Ich habe nicht die geringste Ahnung.«
»Möglich ist aber auch, dass Ronald Tekener einer feindlichen Organisation in die Fänge geraten und von dieser umgedreht worden ist.«
»Dein Freund? Glaubst du das wirklich? Ein Mann, den man so fürchten muss wie ihn?«
»Ich kann es nicht ausschließen. Gegen Drogen oder eine Strahlenbehandlung, durch die die Persönlichkeit verändert wird, ist auch er nicht gefeit.«
»Was hätte das mit dir zu tun?«
»Niemand kennt ihn so gut wie ich. Ich würde ziemlich schnell herausfinden, dass mit Tek etwas nicht in Ordnung ist.«
»Ist das alles?«
»Nein. Es könnte sein, dass ich nicht mit Tek gesprochen habe, sondern mit einem Doppelgänger, mit jemandem, der seine Rolle spielt. Und dann könnte noch sein, dass man mich aufgrund von Falschinformationen ausrangiert hat. Vielleicht bin ich irgendjemandem zu unbequem geworden.«
»Auf jeden Fall bist du nicht allein.«
»Ich habe dich, aber sonst niemanden.«
»Was hast du vor? Willst du dich auf Traak verstecken?«
»Das ist völlig ausgeschlossen. Ich überlasse niemandem das Feld. Ich schlage zurück, sobald ich weiß, gegen wen ich vorgehen muss. Wir werden noch einmal in das Büro gehen, in dem alles angefangen hat. Dort muss es Spuren geben, die mir weiterhelfen.«
»Darüber habe ich auch schon nachgedacht«, entgegnete die Tikalerin. »Für mich gibt es nur eine Antwort: Das Büro hat etwas herausgefunden. Es hat eine Information, die irgendjemandem das Genick bricht, wenn sie zur Erde weitergeleitet wird. Und diese Information ist so bedeutend, dass sie sogar das Leben von zehn oder noch mehr Menschen wert ist.«
Kennon lehnte sich in seinem Sessel zurück. Vergeblich versuchte er, sich an irgendeine Information zu erinnern, die eine so große Rolle spielen konnte. Tarish'a'tkur hatte recht. Es musste diese Information geben, wie aber sollte er sie aus den Tausenden von anderen Hinweisen herausfinden, die durch seine Hände gegangen waren?
»Ich glaube nicht, dass es Sinn hat, wenn wir das Einkaufszentrum noch einmal aufsuchen«, bemerkte sie. »Dort wartet bestimmt jemand auf dich, und wenn da eine Spur war, dann ist sie längst beseitigt worden. Vergiss nicht, dass gerade dies das Ziel des Anschlags gewesen sein dürfte.«
Er öffnete die Tür und stieg aus. Nachdenklich ging er am Wasser auf und ab. Er atmete die kühle Luft ein, die von See her wehte.
Natürlich hat sie recht, dachte er. Nichts wäre riskanter, als dorthin zurückzugehen, und doch bleibt mir keine andere Wahl, wenn es mir nicht gelingt, noch einmal Verbindung mit Tek aufzunehmen. Wenn es wirklich Tek ist, dann muss ich erklären, warum ich mich in der Höhle falsch entschieden habe. Und wenn er es nicht ist, dann muss ich ihn ausschalten.
Tarish'a'tkur stieg nun ebenfalls aus. Sie setzte sich schweigend auf einen Stein. Sie schien zu spüren, dass sie ihn nicht stören durfte.
»Ich bin ein Narr«, sagte er nach einiger Zeit. Er klopfte sich mit den Knöcheln an die Stirn. »Wo habe ich meinen Verstand gelassen?«
»Was hast du?«, fragte sie.
»Tek wird nach Traak kommen«, erklärte er. »Es gibt gar keine andere Möglichkeit.«
»Warum?«
»Weil ein Mann wie Ronald Tekener keine halben Sachen macht.«
»Und dann?«
»Dann werde ich mit ihm reden.«
»Vielleicht kommt er nur, um dich zu töten.«
»Er ist der einzige Freund, den ich je hatte. Wenn ich seine Freundschaft verloren haben sollte, dann wäre das Leben sinnlos für mich geworden.«
»Du hast mich vergessen, Ken«, sagte sie traurig.
Er streckte den Arm nach ihr aus und zog sie an sich, ging jedoch nicht auf ihren Vorwurf ein.
»Was ist nur mit mir los?«, fragte er. »Kann ich nicht mehr logisch denken? Natürlich muss ich beim Einkaufszentrum ansetzen. Dort hat alles begonnen, und wenn ich weiterkommen will, dann muss ich mehr über den Überfall wissen. Zum Beispiel, wer ihn verübt hat.«
»Die Täter haben sich mit Energieschirmen geschützt. Sie waren nicht unsichtbar, aber unter den Schirmen so gut wie nicht zu erkennen. Ich könnte jedenfalls nicht sagen, ob es Menschen, Topsider, Akonen oder Arkoniden waren.«
»Ich auch nicht«, stimmte er zu. »Es gibt aber mehrere Zeugen, die das vielleicht ein wenig besser gesehen haben.«
»Tatsächlich – welche?«
»Die Pagathäer! Als der Überfall ablief, waren vier oder fünf Pagathäer vor dem Büro.«
»Pagathäer!« Tarish'a'tkur schürzte verächtlich die Lippen. »Du weißt doch ebenso wie ich, dass ein Pagathäer niemals aussagen wird. Pagathäer sind feige. Sie haben Angst vor der Rache der Täter. Schon immer haben die Pagathäer hart um die Existenz ihres Volkes kämpfen müssen. Nichts geht ihnen höher als ihr Nachwuchs. Jedes Kind wird behütet und umsorgt wie ein Heiliger. Die Pagathäer wenden jede nur erdenkliche Gefahr von ihm ab, und sie selbst gehen jeder Bedrohung aus dem Weg. Sie riskieren nichts, eben weil sie eine geradezu hysterische Angst um ihr Leben und ihre Gesundheit haben.«
»Wahrscheinlich ist das Volk der Pagathäer gerade deshalb zum Aussterben verdammt«, erwiderte Kennon geringschätzig. Es fiel ihm schwer, einem Volk wie dem der Pagathäer mit Respekt zu begegnen. »Wir werden mit ihnen reden. Vermutlich sind sie im Traak-Hotel.«
»Vorausgesetzt, sie haben diesen Planeten nicht fluchtartig verlassen, um allen Komplikationen aus dem Weg zu gehen.«
Kennon blickte sie überrascht an.
»Du bist ein kluges Mädchen«, lobte er und nahm ihren Gedanken voraus, bevor sie ihn ausgesprochen hatte. »Es ist auf alle Fälle besser, am Raumhafen nach den Pagathäern zu suchen als im Hotel.«
Am Raumhafen herrschte geschäftiges Treiben. Hier zeigte sich am deutlichsten, dass der Planet Traak plötzlich in den Blickpunkt gerückt war. Geschäftsleute aus allen Teilen der Galaxis kamen hierher, um sich einen Anteil an den Abbaurechten der qualitativ äußerst hochwertigen und in der Milchstraße seltenen Rohstoffe zu sichern.
Noch zögerte die Regierung von Traak, den Startschuss für den Beginn des Abbaus zu geben, da sie verhindern wollte, dass der Planet in eine industrielle Wüste verwandelt wurde. Doch sie stand unter hartem Druck. Die Rohstoffe waren begehrt, und die Interessenten waren nicht gewillt, ewig zu warten. Immer neue Spezialisten trafen ein, um ihren Einfluss auf die traakische Regierung geltend zu machen, den Abbau in den genehmigten Bereichen vorzubereiten oder Robotfabriken zu errichten.
Kennon und Tarish'a'tkur brauchten nicht zu befürchten, dass sie auffielen. Sie gingen im Durcheinander der zahllosen unterschiedlichen Geschöpfe der galaktischen Völker unter.
»Puh«, seufzte die Tikalerin, als ein weißes, walzenförmiges Wesen an ihnen vorbeigerollt war. »Glücklicherweise wissen wir, dass wir es nur mit intelligenten und zumeist friedfertigen Geschöpfen zu tun haben, die nichts als Geschäfte im Kopf haben.«
»Sofern sie überhaupt einen Kopf haben«, fügte Kennon hinzu.
Sie betraten die große Halle des Raumhafens, in der sich Tausende Intelligenzen der unterschiedlichsten Art drängten. Kennon wurde sich der Unsicherheit bewusst, die von den meisten Besuchern ausging. Kaum einer von ihnen war es gewohnt, sich in einer solchen Menge absolut fremdartiger Wesen aufzuhalten. Die einzigen, die von