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Planetenroman 87 + 88: Sohn der Sonne / Zwischen den Wirklichkeiten. H. G. FrancisЧитать онлайн книгу.

Planetenroman 87 + 88: Sohn der Sonne / Zwischen den Wirklichkeiten - H. G. Francis


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SolAb-Agenten oder eines USO-Spezialisten zu einem tödlichen Risiko wurde ...

      (aus: Meeca Netreok: »Zahlen, Zenturien, Ziele und Zeugnisse – aus der Arbeit des USO-Historischen Korps.« [Sonderdruck, Pounder City, Mars/Sol IV] V. Kapitel: Die Situation in der Galaxis vor dem Kontakt mit den Meistern der Insel)

      1.

      Sinclair Marout Kennon sah die junge Frau nur für ein oder zwei Sekunden. Sie tauchte aus dem Gewühl der Passanten auf, die sich durch die Ladenstraße mitten in dem Einkaufszentrum schoben, und verschwand dann wieder darin.

      Doch dieser kurze Moment genügte. Ihm war, als habe sich ihm eine unsichtbare Hand auf die Brust gelegt, um seinen Atem anzuhalten. Er fühlte, dass ihm das Blut in den Kopf schoss, und unwillkürlich eilte er zu einem Brunnen, der von großen, groben Steinen eingefasst war. Er kletterte mühsam auf die Steine und blickte sich um. Doch die Schuppenfrau war nicht mehr da.

      Sie war von einer eigenartigen Schönheit gewesen, die ihn tief berührt hatte, und er wusste, dass er keine Ruhe finden würde, bevor er sie nicht wenigstens noch einmal gesehen hatte.

      Ihr haarloser Kopf war von feinen, grün und silbern schimmernden Schuppen bedeckt gewesen, hatte sonst aber ein humanoides Aussehen gehabt.

      Kennon stutzte, als er eine kleine, blonde Gestalt bemerkte, die etwa fünfzig Meter von ihm entfernt die Ladenstraße überquerte. Sie hatte einen gedrungenen, tonnenförmigen Körper, einen unverhältnismäßig großen Kopf und schien sich kaum auf den dünnen Beinen halten zu können.

      Er lachte.

      Für ihn war es nicht schwer, diese Gestalt als robotische Karikatur zu erkennen. Sie stellte ihn dar!

      Die Freunde wollen mir einen Streich spielen, dachte er belustigt. Sie haben dieses grinsende Monstrum konstruiert, um mich damit zu erschrecken.

      Schwerfällig bewegte sich die künstliche Gestalt voran und verschwand in einem Geschäft für positronische Spezialitäten. Sinclair Marout Kennon wollte sich abwenden, doch da sah er es hinter den Scheiben des Ladens aufblitzen. Irgendetwas explodierte, und dann blitzte es erneut auf. Einige hochbeinige Pagathäer blieben stehen und streckten neugierig ihre Stielaugen aus. Ihre rötlichen Körper verfärbten sich und nahmen eine tiefblaue Farbe an – ein untrügliches Zeichen dafür, dass sie Angst hatten.

      Doch das hatte noch nichts zu besagen. Pagathäer waren die furchtsamsten Geschöpfe, die der Terraner kannte. Vielleicht hatte es in dem Laden nur einen Kurzschluss gegeben. Das genügte bereits, diese hochbeinigen Wesen in Angst und Schrecken zu versetzen. Aufschreiend fuhren sie herum, doch bevor sie fliehen konnten, stürzten zwei schattenhafte Gestalten aus dem Geschäft, schleuderten die Pagathäer zur Seite und rannten in den gegenüberliegenden Laden.

      Kennon wusste, dass sie von dort aus mühelos zu einem Gleiterparkdach kommen konnten, und er war überzeugt davon, dass sie verschwunden sein würden, noch ehe irgendjemand begriffen hatte, was überhaupt geschehen war. Er selbst war sich noch immer nicht sicher, ob er mit seinen Ahnungen Recht hatte.

      Sie waren unter Energieschirmen verborgen! Mit einem Scherz hatte das sicherlich nichts zu tun. Es war Ernst. Verdammter Ernst, überlegte er, während er von den Steinen glitt und sich rasch durch die Menge schob. Das Schuppenmädchen war vergessen. Jetzt interessierte ihn nur noch, was in dem Geschäft für Positronik geschehen war, einer Tarneinrichtung, hinter der sich das Organisationsbüro der USO auf Traak verbarg.

      Die Pagathäer eilten ängstlich kreischend davon. Durch ihr aufgeregtes Verhalten zogen sie die Aufmerksamkeit auf sich. Niemand achtete auf den kleinen, verwachsenen Mann, als dieser das Geschäft betrat. Und dieser schien die Wesen vergessen zu haben, die draußen vorbeigingen, als die Tür hinter ihm zugefallen war. Im Laden war es beängstigend still.

      Sinclair Marout Kennon griff sich nach dem linken Auge, dessen Lid vor Erregung unkontrolliert zuckte. Er spürte den Schlag seines Herzens so deutlich wie nie zuvor.

      Was war im Organisationsbüro der USO geschehen?

      Schüsse waren gefallen. Natürlich. Nichts anderes hatten die Blitze zu bedeuten gehabt. Aber wem hatten sie gegolten? Und wie war überhaupt möglich, dass geschossen worden war? Warum hatten die positronischen Abwehreinrichtungen versagt, die einen Feuerüberfall normalerweise unmöglich machten?

      Hinter einem Verkaufstisch ragte ein Fuß hervor.

      Kennon ging rasch zwei, drei Schritte weiter und blickte dann verstört auf die Reste eines Wesens, das ihm äußerlich weitgehend glich und das er noch vor wenigen Minuten für eine robotische Karikatur gehalten hatte. Unter der Gewalt der tödlichen Energieschüsse hatten sich Jacke und Hemd über der Brust aufgelöst. Daher lag die Stelle frei, an der die Energieflut in den Körper gedrungen war. Darüber befand sich, nunmehr nur noch schwach erkennbar, eine kleine, tätowierte Sonne.

      »Der Sohn der Sonne«, sagte jemand mit weicher Stimme neben ihm.

      Kennon fuhr erschrocken herum. Er hatte nicht gehört, dass irgendjemand gekommen war, und ihm wurde bewusst, dass er einen katastrophalen Fehler gemacht hatte. Er hätte niemals in dieses Geschäft gehen dürfen, nachdem hier Schüsse gefallen waren.

      Vor ihm stand die geschuppte Tikalerin.

      Sie blickte ihn ernst an. Ihre Augen waren groß, schwarz und unergründlich. Ein schwer bestimmbarer Vorwurf schien in ihnen zu liegen. Silbrig schimmerten die Schuppen auf ihren Wangen, ihrer Nase und dem fein geschwungenen Kinn.

      »Gehen Sie«, bat sie drängend. »Schnell. Sie dürfen nicht hierbleiben. Wenn sie merken, dass sie den Falschen getötet haben, werden sie nicht lange zögern.«

      Sinclair Marout Kennon war nicht fähig, irgendetwas zu sagen. Diese schöne, fremdartige Frau, die ihn um etwa einen halben Meter überragte, schlug ihn in seinen Bann. Er konnte seine Blicke nicht von ihr lösen, und ein inneres Verlangen, das stärker als seine Vernunft war, zwang ihn, eine Hand auszustrecken und den silbriggrün geschuppten Arm zu berühren. Er fühlte sich warm und angenehm an.

      »Worauf warten Sie?«, fragte die Frau. »Weshalb wagen Sie soviel? Sie haben ja nicht einmal eine Waffe bei sich.«

      Das entsprach nicht ganz den Tatsachen. Kennon verbarg einen flachen Hochleistungsstrahler unter seiner Kleidung, aber das verschwieg er ihr. Er wusste, dass sie recht hatte. Dies war kein Anschlag von politischen Wirrköpfen, sondern von Könnern ihres Faches. Solche aber verließen sich niemals blind auf ihren Erfolg. Er musste davon ausgehen, dass die Aktion von Helfern der Attentäter beobachtet worden war, und dass diese nunmehr von seinem Überleben wussten. Dennoch brachte er es nicht fertig, den geheimen Stützpunkt der USO stehenden Fußes zu verlassen. Er musste einen Blick in die anderen Räume werfen. Er musste wissen, ob er noch irgendjemandem helfen konnte.

      Er konnte es nicht. Die Täter hatten ganze Arbeit geleistet. Keiner der zehn Mitarbeiter der USO hatte überlebt. Sie waren bei ihrer Arbeit an den Computern getötet worden. Keiner von ihnen hatte eine Chance gehabt. Keiner hielt eine Waffe in der Hand. Sie alle waren völlig überrascht worden.

      Stöhnend wandte Kennon sich ab und schleppte sich durch den Laden zur Ausgangstür.

      »Sie haben es gewusst«, stellte die Frau fest.

      Kennon fühlte, wie sich sein Herz verkrampfte.

      Nicht die Nerven verlieren!, mahnte er sich. Du musst dich beherrschen. Dies war schon der zweite Fehler. Jetzt weiß sie, dass dieser Laden nur eine Tarnung für etwas anderes war, und wenn sie einigermaßen intelligent ist, kann sie sich ausrechnen, dass ich zur SolAb oder zur USO gehöre.

      »Schnell!«, drängte er, als habe er nicht gehört, was sie gesagt hatte. »Wir müssen gehen. Kommen Sie.«

      Er durfte sich auf keinen Fall von ihr trennen. Noch nicht. Zu viele Fragen waren noch offen. Was hatte beispielsweise ihre Bemerkung über den »Sohn der Sonne« zu bedeuten? Wieso war sie plötzlich im Laden aufgetaucht? Warum warnte sie ihn? Warum war sie so ruhig, so als wüsste sie, dass ihr nichts geschehen könnte? Und wie viel


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