Perry Rhodan 1012: Der programmierte Mann. H.G. FrancisЧитать онлайн книгу.
Importkontrolleur tippte eine Kodezahl in den Bordvideo, und augenblicklich erschien das bärtige Gesicht eines Springers im Projektionsfeld des Geräts.
»Importkontrolle«, erklärte Bruke Tosen. »Bitte, öffne die Hauptschleuse für mich.«
»Du, Tosen?«, fragte der Springer erstaunt. Seine Augenbrauen wölbten sich. »Wieso hast du Dienst? Wir haben Formier erwartet.«
»Das geht dich überhaupt nichts an und sollte dich nicht überraschen. Wenn du unsere gesetzlichen Bestimmungen beachtet hast, kann es dir egal sein, wer zu dir an Bord kommt.«
»Das ist doch immer das gleiche mit euch verfluchten Zöllnern«, schimpfte der Springer. »Anstatt dem freien Handel die Tore zu öffnen, kommt ihr kleinkarierten Geister daher und werft uns Knüppel in den Weg, wo immer ihr könnt.«
Bruke Tosen glaubte, sich verhört zu haben. Bisher hatte noch niemand gewagt, so mit ihm zu reden.
»Öffne die Hauptschleuse«, forderte er.
»Ist schon offen.« Der Springer schaltete ab.
Bruke Tosen wollte den Gleiter steigen lassen und blickte nach oben. Da sah er ein armlanges Stahlstück aus dem Dunst der Wolken auftauchen und auf ihn herabfallen. Bevor er reagieren konnte, war es auch schon an ihm vorbei und prallte laut klirrend auf den Kunststoffbeton. Es prallte davon zurück und hüpfte fast drei Meter in die Höhe, und stürzte klirrend und klappernd auf den Bug der Maschine.
Der Importkontrolleur erbleichte.
Er war sich darüber klar, dass der Stahl das Dach des Gleiters glatt durchschlagen und ihn getötet hätte, wenn es nur ein wenig mehr zur Seite gefallen wäre. Er presste die Lippen zusammen und jagte den Gleiter steil in die Höhe. Sekunden später landete er in der Hauptschleuse des Walzenraumers, die so groß war, dass mehr als zwanzig ähnliche Maschinen darin Platz gefunden hätten. Der Springer, der eben über Video mit ihm gesprochen hatte, kam ihm grinsend entgegen.
»Mann, Tosen«, sagte er, als der Kontrolleur ausstieg. »Mir ist ein Ding passiert. Als ich das Schott aufgefahren habe, ist ein Stahlstück runtergefallen.«
»Das habe ich gesehen«, erwiderte Tosen grimmig.
Der Springer lachte dröhnend.
»Wenn ich mir vorstelle, dass es dir auf den Kopf gefallen wäre ...!«
»Ich weiß nicht, was daran witzig sein soll«, schnappte Tosen zurück.
Der Springer blickte ihn erstaunt an.
»Tatsächlich«, sagte er. »Du hast keinen Humor. Na, dann komm. Ich will dir zeigen, was wir zu verzollen haben.«
Er wandte sich ab und ging auf eine Tür zu, so als sei es ganz selbstverständlich, dass Tosen ihm folgte.
»Warte«, sagte der Importkontrolleur energisch. »So einfach ist das nicht, Olof Xingar.«
Der Springer blieb stehen und drehte sich zu ihm um.
»Nicht?«, spöttelte er. »Was gibt es denn noch?«
»Was passiert ist, sehe ich als Totschlagversuch an, der gegen mich gerichtet war«, erklärte Tosen ärgerlich. »Das kann nicht ohne Folgen bleiben.«
Der rothaarige Händler schob beide Hände in die Hosentaschen. Er musterte Bruke Tosen, als sehe er ihn zum ersten Mal.
Tosen war ein mittelgroßer, etwa vierzigjähriger Mann, der sehr kräftig wirkte, ein wenig fettleibig, aber auch muskulös war. Die Schultern pflegte er nach vorn zu schieben, so dass er ein wenig gebeugt aussah. Er hatte dünnes, weizenblondes Haar, das er über der rechten Schläfe scheitelte. Die wasserblauen Augen wirkten erstaunt und befremdet, und zusammen mit der kleinen, spitzen Nase verliehen sie seinem Gesicht den Ausdruck eines Uhus. Dieses Aussehen war auch der Ursprung seines Spitznamens. Die anderen Beamten und die Händler nannten ihn fast nur die Eule.
Sie begegneten ihm zumeist mit einer gewissen Hochachtung, da sie wussten, dass er auf seinem Fachgebiet als Importkontrolleur ein absoluter Könner war, dem so leicht niemand etwas vormachte. Von ihm hieß es, dass ihm nichts durch die Finger schlüpfte, was nicht den Handelsbestimmungen entsprach.
Das Verhalten des Springers war daher ungewöhnlich. Es überraschte Tosen, und es veranlasste ihn zu allerlei Spekulationen.
Sie haben etwas an Bord, was sie an mir vorbeibringen wollen, dachte er. Sie versuchen, mich zu provozieren, weil sie sich einbilden, mich dadurch ablenken zu können. Aber sie sollen sich getäuscht haben.
»Totschlag?«, fragte der Springer. Er lächelte ungläubig. »Mann, Tosen, das ist nicht dein Ernst. Das Stahlstück ist mir versehentlich runtergefallen. Verlass dich darauf, dass ich dich getroffen hätte, wenn ich es gewollt hätte.«
Bruke Tosen fühlte, wie es ihn kalt überlief.
Das war deutlich, schoss es ihm durch den Kopf. Eine klare Kriegserklärung.
Er erinnerte sich daran, dass er mit der Xingar-Sippe schon seit geraumer Zeit Schwierigkeiten hatte. Immer wieder kam es vor, dass diese Sippe Dinge auf Jarvith-Jarv umzuschlagen oder einzuführen versuchte, die auf der Verbotsliste standen.
Xingar, der Patriarch der Sippe, war darüber hinaus ein hochpolitischer Mann, der mit ungemeiner Härte gegen die Kosmische Hanse kämpfte. Er dachte gar nicht daran, sich mit dem Verlust von Märkten abzufinden, die über mehr als zweitausend Jahre fest in den Händen der Springer gewesen waren. Für ihn – wie für viele andere Springer – war es ein Schock gewesen, dass die Kosmische Hanse auf diesen Märkten erfolgreicher war als er selbst.
Amby hat es dir angekündigt, dachte er, und ihm fiel ein, mit welcher Geringschätzung er die Warnung des Mädchens zur Seite geschoben hatte.
Er war auch jetzt nicht bereit, sich Sorgen zu machen.
Wer war er denn schon? Ein kleiner, unbedeutender Zöllner auf einem unwichtigen Planeten weitab von der Erde. Sein Einfluss auf das kosmische Geschehen war gleich Null. Und wenn er Xingar kontrollierte und an ungesetzlichen Manipulationen hinderte, so verringerte er höchstens den Gewinn des Springers. Das war aber auch alles.
Dafür, dass er sich streng an seine Vorschriften hielt, brauchte er keinen Mordanschlag auf sich zu befürchten. Selbst dann nicht, wenn der Sohn des Patriarchen so etwas sagte. Oder doch? Verbarg sich hinter dem Verhalten Xingars noch etwas anderes?
Er seufzte und nahm die Atemschutzmaske ab, als sich das Schleusenschott hinter ihm geschlossen hatte.
»Hör auf mit dem Unsinn«, forderte er. »Zeige mir lieber, was ihr einführen wollt.«
*
Ein sanfter Gong übertönte das Geklapper der Bestecke im Speiseraum des Luxusliners.
»Wir nähern uns dem Ende unserer Reise«, ertönte eine angenehme Frauenstimme. »In wenigen Minuten landen wir auf Jarvith-Jarv, dem vierten Planeten der Sonne Jarvith, einem gelben Stern, der nahezu im Zentrum der Magellanschen Wolke steht.«
Gruude Vern schob seinen Teller zurück, griff zur Serviette und tupfte sich die Lippen ab. Die grauen Augen, die einen seltsam anmutenden Kontrast zu dem braunen, faltigen Gesicht bildeten, blitzten auf. Sie blickten das junge Mädchen an, das ihm gegenüber am Tisch Platz genommen hatte, und sich in einen vergeblichen und kurios anmutenden Kampf mit einem exkaltischen Schalentier eingelassen hatte. Sie schob die Speise mit einem entsagungsvollen Seufzer von sich.
»Darf ich dir behilflich sein?«, fragte er höflich und zog den Teller an sich. Während sie ihn noch unsicher musterte, setzte er zwei Messer an und brach die Schale des Tieres mühelos auf. Der Duft des weißen Fleisches stieg ihr verführerisch in die Nase.
»Beeile dich«, riet er ihr. »Wir sind gleich da.«
»Jarvith-Jarv ist ein erdgroßer Planet, der einen äquatorialen Meeresgürtel hat. Dieser wird an einer Stelle durch eine riesige Landbrücke vom Nordkontinent zum Südkontinent unterbrochen«, fuhr die Frauenstimme aus dem Lautsprecher fort. »Auf der