Perry Rhodan 176: In letzter Minute. Kurt BrandЧитать онлайн книгу.
Sie lebten wie die ersten Menschen! Nur hatten diese ersten Menschen noch keine Strahlwaffen, mit denen sie sich die tägliche Nahrung erjagen konnten.
Die ersten Menschen auf diesem Dschungelplaneten aber besaßen Handstrahler und beschafften sich damit nicht nur Nahrung, sondern schützten sich auch vor der Vernichtung.
Vollzählig hatte sich die Besatzung der ERIC MANOLI auf einem tropenfeuchten, marsgroßen und menschenleeren Planeten retten können. Aber während der Stolz des Imperiums, die ERIC MANOLI, nach dem harten Aufprall immer tiefer in den Morast absackte und die teuflische Flut der Hornschrecken schon dabei war, sich die letzten Decks zu erobern, war es den Menschen gelungen, sich in fünf Kaulquappen auf die andere Seite des Urwaldplaneten zu retten.
Rhodans Versuch, aus seinem abgestürzten Flaggschiff Lebensmittel zu bergen, war nicht mehr durchzuführen gewesen. Als sie über dem Raumer anhielten, der zu zwei Dritteln im Sumpf steckte, beobachteten sie mit Entsetzen, wie Hornschrecken sich durch die Kugelwandung nach außen fraßen und sich anschickten, über die unberührte Welt herzufallen.
Unverrichteterdinge waren die Kaulquappen wieder zum Rettungsplatz zurückgeflogen. Aber wenn auch die über 2000 Köpfe zählende Menschenmenge über keine Lebensmittelvorräte verfügte, so bedeutete dies im Augenblick keine Gefahr. Mit Hilfe der fünf Kaulquappen und ihrer Bewaffnung musste es ein leichtes sein, Großwild zu jagen.
Zwei Stunden danach machten viele jedoch die Feststellung, dass das Großwild etwas zu groß war!
Im Strahlfeuer zweier Kaulquappen brach ein tierischer Gigant von achtzig Metern Länge, zwanzig Metern Höhe und gut zehn bis zwölf Metern Dicke einen halben Kilometer vor ihrem Lager tödlich getroffen zusammen.
Eine halbe Stunde später drängten sich 2200 Menschen wieder in fünf Kaulquappen zusammen, die nacheinander starteten.
Sie flohen buchstäblich in letzter Minute vor Gestank und Giftgas!
Der tote Riesenkörper zeigte plötzlich eine Gasentwicklung, die so stürmisch verlief, dass das vorher feste Fleisch des Tieres schwammig wurde, zu kochen begann und dabei einen unerträglichen Geruch verbreitete.
Einem Luftanalytiker war es zu verdanken, dass die heimtückische Gefahr entdeckt wurde, bevor sie Menschenopfer kostete. Dem Mann sträubten sich die Haare, als ihm die Analyse den erstaunlich hohen Zyangehalt der Luft verriet Glaubte er in den ersten Minuten noch an ein Versagen des kleinen Analysators, so belehrten ihn zunehmender, immer unerträglicher werdender Gestank und steigender Zyangehalt bald eines Besseren. Der Luftanalytiker lief zur Übertragung und stellte sämtliche Lautsprecher auf größte Lautstärke. Dann gab er durch, welche Gefahr auf alle zukam!
Perry Rhodan, der als letzter an Bord des 60 Meter durchmessenden Fernaufklärers stieg, blieb in einigen hundert Metern Höhe über dem Ungeheuer stehen und beobachtete den unglaublich schnellen Verfall des Kadavers.
Dann nahm auch die fünfte Kaulquappe Fahrt auf und folgte den anderen vier, die mit NNW-Kurs davongeflogen waren.
Beim Absturz der ERIC MANOLI hatte die Besatzung wenig Gelegenheit gehabt, sich die Welt näher anzusehen, auf der sie Rettung vor den Hornschrecken finden wollte. Was der Rundsichtschirm den Leuten gezeigt hatte, war eine dunkelgrüne Welt ohne Meere, aber mit einigen ausgedehnten Gebirgszügen, von denen nur die höchsten Spitzen nicht von dem grünen Teppich bedeckt waren.
Der grüne Teppich zeigte sich nur stellenweise als verfilzter Urwald. Weite Strecken lagen unter grünlich schillernden Sümpfen, tückischen Morasten, und darüber dampfte feuchte, heiße Tropenluft.
Festes Land gehörte zu den Seltenheiten. Doch was der größte Teil der Besatzung als negativ betrachtete, war nach Rhodans Meinung für sie alle von größtem Vorteil.
Molkex von einer Morastfläche abzulösen, musste leichter sein, als von einem festen Untergrund.
In fünfhundert Metern Höhe flog der kleine Pulk Kaulquappen jetzt einem neuen, unbekannten Ziel zu.
Die Lichtverhältnisse waren ausgezeichnet. Eine normalgroße, gelbe Sonne stand am türkisblauen, unbewölkten Himmel. In der Ferne allerdings türmten sich dicke, beunruhigend gelbe Wolken auf.
Mit 0,8 Gravos war Giungla, wie man diesen Planeten getauft hatte, für jeden erträglich. Das fehlende Fünftel der Schwerkraft würde merklich schwere Arbeiten erleichtern. Wie schnell Giungla rotierte, war noch nicht bestimmt worden.
Die Fernaufklärer, in denen über 2000 Männer und eine Frau dicht zusammengedrängt hockten, kamen jetzt der dichten, gelben Wolkenwand immer näher.
»Was ist dort hinten links?«, fragte Rhodan. Niemand hatte den hauchdünnen, dunklen Streifen bemerkt, der jetzt über hinaufgeschaltete Vergrößerung deutlicher gemacht wurde. Trotzdem war nicht zu erkennen, was dieser dunkle Streifen bedeutete.
»Der Pulk soll warten«, befahl Rhodan, »wir schauen uns das Ding mal an.«
Der Fernaufklärer wurde schneller. In unveränderter Höhe raste die Kaulquappe über einen riesigen Morast hinweg. Dann hatte sie ihr Ziel erreicht – eine hufeisenförmige, teilweise kahle Insel von schätzungsweise achtzig Kilometern Länge!
Die Kaulquappe flog diese Insel ab. »Noch tiefer gehen.« Bis auf zehn Meter kam das Fahrzeug dem Boden nahe. »Stoppen!« Sicht war nur über den Bildschirm möglich.
Plötzlich lehnte Rhodan sich zurück. »Haben Sie es auch beobachtet?«, fragte er den Piloten.
»Nein, Chef. Ich habe nichts gesehen.«
»Fliegen Sie zur Gruppe zurück. Die Insel kommt für uns nicht in Frage. Ich habe darauf drei Hornschrecken gesehen!«
Der Pilot starrte den Chef an. In nächster Umgebung verstummte jede Unterhaltung.
Rhodan lächelte und erklärte: »Meine Herren, überlegen Sie einmal. Wir haben zum Schluss die ERIC MANOLI nur noch mit einem Siebtel der Impulsmotoren abbremsen können. Das Schiff rotierte wie ein Kreisel. Die Tresor-Abteilung, in der die ersten acht Hornschrecken untergebracht waren, befand sich nur hundertzehn Meter von der Außenhülle entfernt. Es ist leicht vorstellbar, dass während des Absturzes Hornschreckenschwärme die Wandung in Höhe der Tresorabteilung durchfraßen und ins Freie geschleudert wurden. Dass diesen Ungeheuern ein Absturz aus hundert Kilometern Höhe wenig ausmacht, dürfte wohl bekannt sein. Pilot, geben Sie über Normalfunk meine Beobachtungen durch. An Bord aller Kaulquappen ist jeder davon zu unterrichten, dass wir entgegen unseren Erwartungen überall auf Giungla mit Hornschrecken zu rechnen haben.«
»Schöne Aussichten!«, murmelte der Pilot und schaltete den Normalfunk ein. Dann gab er die Beobachtungen des Chefs an alle durch.
Anderthalb Stunden nach dem überstürzten Aufbruch von der ersten Rettungsstelle, landeten fünf Kaulquappen auf einem kleinen Hochplateau, das nur an der Südkante Baumbestand besaß.
Das erste, was jeder tat, der wieder Boden unter den Füßen hatte, war, nach Hornschrecken zu suchen. Nach kurzer Zeit schien es festzustehen, dass die Menschen hier im Moment vor den Allesfressern in Sicherheit waren.
Die Offiziere teilten die Mannschaft in Arbeitsgruppen auf. Als erstes mussten Unterkünfte gebaut werden. Die gelbe Wolkenwand schob sich von allen Seiten lautlos heran. Direkt über ihnen war der Himmel noch frei, und die Sonne heizte die feuchte, drückende Luft auf.
Perry Rhodan rief die Chemiker, Biologen und Flora-Experten zusammen. Mit ihnen stieg er in eine Kaulquappe und verließ das Plateau.
Zwei Menschen unter den mehr als zweitausend suchten und fanden sich: Evyn Moll, die Journalistin der TERRANIA-POST, und Leutnant Bill Ramsey! Seine Gesichtsverletzung war fast ausgeheilt, und bis auf seine zerknitterte Uniform wirkte er wie sonst.
Evyn Moll sah erschöpft aus. Der mit kümmerlichen Mitteln abgebremste Absturz des gigantischen Schiffes und die Flucht vor der mit Zyangas verseuchten Atmosphäre hatten bei ihr Spuren hinterlassen. Aber als sie jetzt vor Bill Ramsey stand, strahlten ihre Augen. Ihre ersten Worte waren eine Frage: »Bill, wann verlassen wir diesen furchtbaren