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Jupiter 4: Syndikat der Kristallfischer. Christian MontillonЧитать онлайн книгу.

Jupiter 4: Syndikat der Kristallfischer - Christian Montillon


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Eierschale.

      »Wir brauchen Antriebsenergie.« Mondra klang ruhig und überlegen. Natürlich. Jemand wie sie geriet ebenso wenig in Panik wie Rhodan selbst. Nur wenn alle nüchtern und klar handelten, konnten sie vielleicht einen Ausweg finden und ihr Überleben sichern. Und daran würden sie bis zum letzten Atemzug arbeiten.

      »Fragt sich nur, wo die herkommen soll.« Während Rhodan sprach, untersuchte er mögliche Ursachen des völligen Ausfalls. Dass so etwas von einer Sekunde zur anderen und erst recht ohne äußere Anzeichen geschah, war eigentlich unmöglich – wobei der Terraner die Vokabel eigentlich längst aus seinem Wortschatz gestrichen hatte, seit das eigentlich Unmögliche zu seinem Alltag gehörte ...

      Also im Grunde genommen seit dem Tag, an dem er mit der STARDUST erstmals ins All aufgebrochen war. Selbst vor der kosmischen Haustür, mitten im Solsystem, gab es immer wieder Phänomene, die niemand vorhersehen konnte.

      »Völliges Systemversagen«, stellte Mondra fest. »Nicht das kleinste Fünkchen Triebwerksenergie.«

      Rhodans Gedanken überschlugen sich. Sie mussten etwas tun! Sollten sie aussteigen? Aus der Jet ausschleusen und sich auf die SERUNS verlassen? Mit den Steueraggregaten versuchen, aus dem Bereich der Atmosphäre zu fliegen und in den freien Weltraum vorzudringen?

      Ein irrsinniger Gedanke. Was immer für den Ausfall der Instrumente und den Verlust jeglicher Antriebsenergie gesorgt hatte, würde auch die SERUNS lahmlegen, zumal es sich um die leichten Modelle handelte – Warrior III ds. Sie hatten diese Versionen gewählt, um nicht in voller Montur in MERLIN einzufallen; mit der aktuellen Entwicklung schon während des Hinflugs hatte niemand rechnen können.

      Mondra Diamond schrie auf, kurz bevor sich ein mörderischer Schmerz durch Rhodans Hirn bohrte. Porcius Amurri stöhnte. Ein schrilles Sirren schien Rhodans Trommelfell platzen zu lassen. Vor seinen Augen tanzte ein Stern.

      Lichter flackerten rundherum. Kaskadenblitze flammten auf und erloschen wieder.

      »Initiiere Neustart«, erklang die Kunststimme der Steuereinheit der Micro-Jet. »Energiewert niedrig, aber konstant. Neustart möglich.«

      Was immer für den weitgehenden Geräteausfall gesorgt hatte – offenbar war der Einfluss nur kurzzeitig wirksam gewesen. Was das Ganze nicht weniger rätselhaft machte. Zweifellos tobten sich irgendwelche hyperenergetischen Gewalten aus, die bizarre Nebeneffekte nach sich zogen. Rhodan fragte sich, ob die Geräusche, die er gehört hatte, überhaupt echt oder nur Einbildungen seines auf Psi-Ebene überreizten Gehirns gewesen waren.

      Wie auch immer – der Höllenlärm, mit dem die Energie in die Systeme zurückkehrte, endete. Rhodan blieb keine Zeit, darüber nachzudenken, welche Wechselwirkungen ausgerechnet zu diesem Ergebnis geführt hatten. Es spielte auch keine Rolle; sollten sich später irgendwelche Spezialisten damit beschäftigen. In diesen Augenblicken zählte nur eins: Überleben.

      »Ich übernehme das Steuer. Mondra, du bist Kopilotin.« Er versuchte, sich zu orientieren. Die zahllosen Anzeigen der Außenbeobachtung las er routinemäßig – und stutzte. »Die Werte ergeben keinen Sinn.«

      »Die Atmosphäre ist in Unordnung geraten«, gab Mondra zu bedenken. »Vielleicht sorgt das dafür, dass ungewöhnliche hyperphysikalische Einflü...« Sie brach mitten im Wort ab, wohl als sie selbst bemerkte, wie unmöglich die ankommenden Messwerte waren. Von ungewöhnlich konnte man da nicht mehr sprechen.

      Ein dumpfes, humorloses Kichern drang aus dem Schacht. »Vielleicht sollte ich mich der Kollegin Gili anschließen.« Das war Dion Matthau. »Ich glaube auch an gar nichts mehr. Nicht mal mehr auf die Physik kann man sich verlassen.«

      Von der Hyperphysik ganz abgesehen, dachte Rhodan. Die Positronik lieferte völlig unsinnige, unzusammenhängende Daten. Demnach befand sich vor ihnen teils ein absolutes Vakuum, teils der massive Kern eines Planeten, teils herrschten Bedingungen wie unter Wasser.

      »Geblendet«, meinte Diamond. »Die Positronik ist geblendet und bringt sinnfreie Werte.«

      Eine passende Bezeichnung, überlegte Rhodan und schaltete die Anzeigen ab. »Wir fliegen auf Sicht.«

      »Auf ...« Seine Lebensgefährtin ächzte.

      »Auf Sicht«, betonte er ruhig. »Was bleibt uns sonst übrig? Die Instrumente führen uns in die Irre.«

      Kurz fühlte er Mondras Hand an seiner Schulter. »Du weißt, dass es Wahnsinn ist?«

      »Lieber wahnsinnig als tot.« Rhodans Hände lagen auf den Steuerelementen, er bediente sie mit geradezu traumwandlerischer Sicherheit. Die Jet ging in eine enge Rechtskurve, raste weiter durch die wirbelnden Atmosphäreschwaden. Der riesige Schlund vor ihnen trieb zur Seite, viel zu langsam, drohte sie nach wie vor einzufangen und in sich hineinzureißen.

      »Wir kommen nicht vorbei!«

      Ein Stoß durchlief die Micro-Jet, als sei sie von einem Asteroiden gerammt worden. Von irgendwo hörte Rhodan ein Krachen, gefolgt von einem Schrei. Er achtete nicht darauf. Sein Blick ging stur durch die Sichtscheibe nach draußen. In einen Hexenkessel.

      Die Jet reagierte nicht mehr auf die Kontrollen. Sie legte sich schief, kippte dann völlig. Die Schwerkraftprojektoren glichen es erst mit einiger Verzögerung aus. Für Sekunden blieb das Gefühl, auf dem Kopf zu stehen. Rhodan aktivierte eine magnetische Schaltung an den Füßen und im Rückenteil des Schutzanzugs, der ihn auf Position hielt – manchmal waren die einfachsten Methoden immer noch die effektivsten.

      Irgendwo piepste ein Alarm. Die Positronik des SERUNS gab eine Meldung, die der Terraner nicht einmal wahrnahm. Er versuchte stattdessen, das Chaos vor sich mit Blicken zu durchdringen und eine sichere Passage zu entdecken.

      Sicher ... Schon die Vorstellung war ein Hohn.

      Die Jet kam ins Trudeln, überschlug sich erst einmal langsam, bald in raschem Tempo immer wieder. Es knirschte. Dann ein Würgen: das Geräusch, mit dem sich jemand übergab.

      Rhodan wartete eiskalt ab und zündete im exakt richtigen Moment das Seitentriebwerk, gab gleichzeitig Rückstoß.

      Das Krachen im Metall weckte die Befürchtung, die Jet müsse auseinanderbrechen. Irgendwann musste die Belastung von allen Seiten zu viel sein ...

      Der Andruck von mehreren Gravos schlug durch, mit einem Mal schien Rhodan das Mehrfache seines Gewichts zu wiegen. Die plötzliche Beschleunigung presste ihn in den Pilotensitz. Er gurgelte, etwas knackte in seinen Ohren, und ein Blutstropfen rann ihm aus der Nase. Der SERUN glich die Belastung rasch aus; dennoch fühlte sich der Aktivatorträger einen Augenblick lang seltsam schwerelos.

      Der Flug stabilisierte sich.

      »Neun Uhr!«, rief Mondra Diamond. Sie saß viel zu weit vorne auf ihrem Sitz, den Oberkörper vorwärtsgeneigt. In dem kurzen Blick, den sich Rhodan erlaubte, sah er ihr blasses Gesicht, aus dem jegliche Farbe gewichen war. Ein Blutfaden glänzte über dem fahlen Kinn.

      Er folgte ihrem Hinweis und entdeckte an der entsprechenden Position tatsächlich eine etwas ruhigere Zone. Ringsum wirbelten Stürme durch die Atmosphäre. Rote Blitze zuckten, Wolken verdampften. Etwas flackerte. Rhodan glaubte erst an eine Sinnestäuschung oder eine zufällige Formation der Nebelschwaden, wie ein Kind in den Wolken stets Figuren und Tiere entdeckt. Doch war da nicht ein blassblaues, rundes Etwas, ein sphärisch-elegantes Rad, in dessen Nabe eine kompakte, offenbar organisch pulsierende Masse saß? Ein Lebewesen, wie Rhodan es nie zuvor gesehen hatte?

      Das Etwas, wenn es jemals da gewesen war, verschwand hinter einem Sturm aus grauem Brodem oder wurde von ihm mitgerissen.

      »Hast du etwas gesehen?«, fragte Rhodan.

      »MERLIN?«

      »Ein ... Rad.«

      »Negativ.«

      »Gili?«

      »Nichts«, sagte die TLD-Agentin. »Porcius übergibt sich noch immer, und Buster ...«

      »Nur Chaos«, unterbrach dieser.

      Die Jet raste auf die gemäßigtere Zone zu.


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