Perry Rhodan 120: Die Cyber-Brutzellen (Silberband). Clark DarltonЧитать онлайн книгу.
zurück und schlug sich lachend mit den Händen auf die Schenkel. »Du bist großartig, Tosen«, prustete er. »Und du bist ein Trottel. Du bist der Einzige, der nicht die Hand aufhält. Deine Kollegen kassieren, deine Vorgesetzten tun es und deren Vorgesetzte auch. Sogar Bürgermeister Hars weiß ein regelmäßig auf seinem Konto eingehendes Sümmchen zu schätzen. Nur du, Tosen, du bist zu dumm, um diskret zu sein.«
»Mag sein, dass dieser Eindruck entstanden ist«, sagte der Kontrolleur ruhig. »Doch der Eindruck täuscht.« Er glaubte dem Springer kein Wort, war überzeugt davon, dass alle, die der Patriarch genannt hatte, unbestechlich waren.
»Ach – wirklich?« Xingar grinste.
»Alles ist eine Frage des Preises«, bemerkte Tosen. »Die anderen waren preiswert, ich bin es auch, wenngleich auf einer höheren Ebene. Siehst du, falls das Angebot stimmt, regelt sich alles andere von selbst. Solltest du aber auch mir gegenüber deinen sprichwörtlichen Geiz nicht überwinden können, dann verzichte lieber auf jedes weitere Wort. Es wäre sinnlos, dass du dich weiter bemühst.« Er stemmte sich aus dem Sessel.
»Halt!«, schrie Xingar. »Bleib sitzen!«
Der Kontrolleur lächelte herablassend. Wenn der Springer ihn mit einer ansehnlichen Summe bestechen wollte, dann musste sein Schmuggelgut von beträchtlichem Wert sein. Bisher hatte er immer nur vermutet und sich von einem vagen Gefühl leiten lassen, ohne je einen konkreten Beweis in Händen zu haben. Das sollte sich nun ändern.
Xingar bot ihm eine monatliche Summe an, die ihm den Atem verschlug. Das Bestechungsangebot lag doppelt so hoch wie sein Gehalt. Damit hatte er nicht gerechnet, und für Sekunden fühlte er die Versuchung. Doch er überwand seine Zweifel. »Ich werde es mir überlegen«, sagte er. »Du hörst von mir.«
»Vier Stunden ...«, sagte der Patriarch gedehnt. »Bevor sie ablaufen, solltest du zugestimmt haben.«
Tosen blickte auf die Zeitanzeige seines Armbands. Er hatte seine Dienstzeit schon um eine halbe Stunde überschritten, aber bislang keine Freigabe für die Fracht der XIN-I erteilt. Die Frage, was sei, wenn er nicht zustimmte, lag ihm auf der Zunge, er sprach sie nur nicht aus.
Niemand hielt ihn auf, als er das Raumschiff verließ und zum Hafengebäude zurückflog. Mittlerweile war ein Passagierraumschiff gelandet. Einige Touristen verließen es schon durch die Antigravröhre. Bruke erinnerte sich daran, dass Amby Törn in diesen Tagen zurückkehren würde. Der Gedanke an sie ließ ihn unbewegt.
Er stellte den Gleiter ab, stülpte das Atemfilter vor Mund und Nase und eilte durch den anhaltenden heftigen Regen.
»Was ist mit dir los?«, fragte Wels Formier, der an der Tür gewartet hatte. Missmutig blickte er Tosen an. Wels war dick, alt und sah stets so aus, als habe er eine Wäsche dringend nötig. Er war ebenfalls Importkontrolleur, zeichnete sich aber durch absolut fehlenden Ehrgeiz aus.
»Was sollte mit mir los sein?« Tosen streifte den Regenmantel ab und hängte ihn an die Magnetleiste.
»Du hast deine Dienstzeit überschritten.« Das klang wie eine Anklage. »Wenn du so weitermachst, gibt es Ärger.«
»Es ließ sich nicht ändern. Hätte ich Xingar mitten im Satz stehen lassen sollen mit der Bemerkung, dass ich Feierabend habe?«
»Du hast mir mehr als eine halbe Stunde von meiner Zeit geklaut. Das gefällt mir nicht.«
»Von mir aus kannst du morgen eine halbe Stunde länger arbeiten.«
»Den Teufel werde ich tun. Ich habe nur keine Lust, hier herumzustehen und zu warten, bis du dich endlich an deine Vorschriften hältst.«
Tosen schüttelte den Kopf. Ihm wurde klar, dass Formier sich bestechen ließ. Wels kassierte von Xingar Unterstützung, deshalb wollte er mit dem Patriarchen sprechen. Bruke war ihm diesmal in die Quere gekommen.
Überzeugt davon, Xingar alle illegalen Machenschaften für die Zukunft zu verderben, betrat Bruke Tosen sein Arbeitszimmer. Primas lag noch auf dem Boden und schlief.
Er rief die Aufzeichnung seines Gesprächs mit dem Patriarchen ab. Nur ein gleichförmiges Rauschen ertönte. Jemand hatte die Funkverbindung so nachhaltig gestört, dass nichts aufgezeichnet worden war.
Als Tosen bereits abschalten wollte, hörte er die Stimme des Patriarchen. »So dumm, wie du glaubst, Bruke, sind wir nicht.«
Wie betäubt blickte Goron auf die Füße der Männer und Frauen, die an ihm vorbei durch den Antigravtunnel gingen. Nie zuvor war er so gedemütigt worden. Vor allem wusste er nicht, warum der Terraner ihn getreten hatte.
Niemand hatte ihm je zu verstehen gegeben, dass er ihn nicht respektierte. Viele suchten sogar die Begegnung mit ihm, weil sie ihn schätzten, doch jetzt hatte der Arkonide das Gefühl, dass eine Welt zusammengebrochen war.
Nie mehr würde er mit dem Gefühl des Stolzes auf die Passagiere eines Raumschiffs zugehen. Bislang hatte er alle als Freunde angesehen, die ihm die Ehre zukommen ließen, die Welt seiner Familie zu besuchen – obwohl Jarvith-Jarv längst nicht mehr seine Welt war. Er hing an der Tradition, ebenso wie viele Bewohner des Planeten, und so hatte er den Eindruck, dass der Tritt weniger ihm als den Traditionen gegolten hatte.
Ihm kam nicht in den Sinn, dass er die Geduld der Reisenden überstrapaziert hatte. Für ihn gab es keine Zeitnot und keine Ungeduld, er hatte sich niemals antreiben lassen und stets in dem Bewusstsein gelebt, dass nichts wirklich eilig war. Daher war der demütigende Tritt wie aus heiterem Himmel gekommen.
Goron erhob sich und strich seine Uniformjacke glatt.
Amby Törn tauchte plötzlich neben ihm auf. Sie legte ihm die Hand auf den Arm und blickte zu ihm hoch. »Es tut mir leid«, sagte sie mitfühlend. »Ich glaube nicht, dass er dich beleidigen wollte.«
»Lass nur, Amby. Ich weiß, du meinst es gut.« Seine Stimme klang, als sei etwas in ihm zerbrochen.
»Ich glaube, Vern hat dich gar nicht gemeint«, bemerkte die Frau. »Seine Nerven haben ihm einen Streich gespielt, er konnte nicht warten.«
»Er konnte nicht warten?« Goron war maßlos erstaunt. »Warum nicht?«
Amby zuckte die Achseln. »Ich kann es dir nicht erklären. Es gibt eben Menschen, denen kann es nie schnell genug gehen.«
Gorons Miene verdüsterte sich. »Er wird lernen, Zeit zu haben. Verlass dich darauf, ich werde es ihm beibringen.«
Amby Törn lächelte ungläubig, als er an ihr vorbeiging. Sie folgte ihm langsam bis in die Empfangshalle.
Stocksteif ging Goron an dem Terraner, der ihn beleidigt hatte, und den anderen Reisenden vorbei. Er würdigte sie keines Blickes, obwohl er sonst leutselig Kontakt suchte, wohl wissend, wie er auf die Ankommenden wirkte.
Erstaunt stellte Amby Törn fest, dass bislang kein Importkontrolleur anwesend war.
»Du kennst dich hier aus ...« Gruude Vern spielte scheinbar gedankenverloren mit seinen Fingerringen. »Wie lange werden wir hier warten müssen?«
Das braune Lockenhaar umrahmte sein kantiges Gesicht wie eine Kappe. Er wirkte hart und gefühlskalt, dennoch war er Amby nicht unsympathisch. Als störend empfand sie, dass er sich dandyhaft kleidete und so auffallenden Schmuck trug.
»Warum hast du den Alten getreten?«, fragte sie. »Es ist, als hättest du ihn ins Herz getroffen.«
»Was kann ich dafür, wenn er das Herz in der Hose hat?« Vern grinste.
Einige Touristen, die in der Nähe standen, lachten laut auf.
Amby verlor die Beherrschung. Sie glaubte, Verns selbstgefälliges Grinsen nicht mehr ertragen zu können. Ihre Hand klatschte ins Gesicht des Terraners, bevor sie überhaupt verstand, was sie tat.
Sein Grinsen konnte sie damit nicht wegwischen. Gedankenschnell packte Vern ihre Hand. »Wie nett«, spottete er. »Ich wusste gar nicht, dass du so aus dir herausgehen kannst.«
»Der Arkonide wird sich rächen; du hättest das nicht tun dürfen.«