Perry Rhodan 3058: Für Galaktiker verboten!. Wim VandemaanЧитать онлайн книгу.
es euch Terranern je an Angreifern gemangelt. Möglich, dass der Raptus von Terra und Luna nur das Vorspiel gewesen ist.«
Ich hörte, wie Fero Luuk sich räusperte, sah die Wärme, die sich auf seinen Wangen und seiner Stirn ausbreitete, spürte, wie seine Gehirnwellenfrequenz sich änderte: 35 Hertz, 36, 37. Alarmbereitschaft! »Lass uns bei der Sache bleiben«, bat er. Seine Stimme klang plötzlich rau.
Bull warf ihm einen besorgten Blick zu.
Das Terranische Odium, dachte ich. Dieses befremdliche, psychomentale Phänomen, das vor allem jüngere Terraner betrifft. Davon Befallene wollten nichts mehr von Terra hören. Manche halten dieses Odium für eine Modeerscheinung, die Äußerung einer Jugendkultur, ein Lass-uns-mit-diesen-alten-Geschichte-in-Ruhe. Die übliche, wenn auch stark emotionalisierte Absetzbewegung junger Erwachsener von der älteren Generation.
Ich hatte da meine Zweifel. Ich sah mir die elektrischen Wellen an, die sich in den Gehirnen anderer Besatzungsmitglieder der Zentrale abspielten: dasselbe Muster. Eine geradezu synchronisierte Reaktion.
Reginald Bull wirkte geradezu erleichtert, als einer der Ortungsoffiziere mitteilte: »Die VOHRATA ist aus dem Linearraum getreten und ruft uns an. Der Tamaron bittet um Einflugerlaubnis in den Archimedes-Sektor.«
»Erlaubnis erteilt«, sagte Bull.
*
Der Tamaron hatte höflich darauf bestanden, dass wir an Bord seines Schiffes wechselten. Wir setzten mit einer Space-Jet über, die Bull im Handbetrieb steuerte.
Ich hatte Vetris-Molaud seit einem kurzen Gespräch nicht mehr gesehen, das wenige Wochen nach dem Raptus der Erde und ihres Mondes Anfang des Jahres 1614 NGZ stattgefunden hatte. Seitdem hatte sich für diese vier verhängnisvollen Tage der Begriff der Quadratur eingebürgert. Die VOHRATA hatte sich in den 23 Jahren nach der Quadratur nicht sehr verändert; die Milchstraße schon. Ihrer beiden alten Zentren beraubt, des Arkonsystems einer- wie Terras und Lunas andererseits, schien sie mehr und mehr aus den Fugen zu geraten, wie sehr sich der Resident und mit ihm die Liga auch dagegenstemmten.
Der Verlust von staatsmännisch erfahrenen Persönlichkeiten wie Perry Rhodan, Bostich, Atlan oder Homer G. Adams, der Tod von Hekéner Sharoun, das Schweigen des Tormanac da Hozarius, die Abwendung seines Messingimperiums von den Belangen der Stofflichkeit, all dies hatte zur Destabilisierung der galaktopolitischen Lage beigetragen.
Viele Menschen, mit denen ich in den letzten Jahren gesprochen hatte, hatten den Eindruck, als wäre die Galaxis in einen verhängnisvollen Sog geraten, der sie unaufhaltsam einem namenlosen Abgrund entgegenzerrte.
Mir schien diese apokalyptische Sorge kurzsichtig. Doch ich musste zugeben, dass – anders als in vielen anderen Krisenfällen, die im Solsystem oder bei Arkon ihren Brennpunkt gefunden hatten – der Weltenbrand von anderer Qualität war. Die Ekpyrosis hatte sich unentrinnbar in jedermann abgespielt, der nicht die Flucht ergriff. Jeder hatte gelitten; jeder hatte seine Kinder und jedes Kind hatte seine Eltern leiden sehen. Jeder hatte wenigstens einmal an eine Flucht gedacht. Aber zu fliehen bedeutete, seine Wurzeln aufzugeben und den Boden unter den Füßen zu verlieren.
Der Weltenbrand hatte in der gesamten Milchstraße eine mentale Landschaft hinterlassen, die wie erschöpft von einem langen, hohen Fieber darniederlag.
Und im Reich des Tamarons wütete er immer noch, wenn auch in allmählich nachlassender Intensität.
Meine Behauptung, die VOHRATA hat sich nicht verändert, umschreibt natürlich nur ihre materielle Gegebenheit. Die Mannschaft war neu. Den Kommandanten des Schiffes hatte ich vor Jahrzehnten als jungen Jägerpiloten kennengelernt, hatte ihn einmal sogar auf einem der 39-Monde-Flüge um die Trabanten des Gasriesen Laumhu begleitet, mit denen tefrodische Offiziere ihre Beförderung im Helitassystem feierten. Sein Name war Kakola-Barr, mit lange rollendem R, worauf er Wert legte.
Kakola-Barr empfing uns persönlich im Hangar. Er nickte mir zu und salutierte auf tefrodische Art vor dem Residenten. Seine Uniform war schmucklos bis auf das Symbol knapp oberhalb des Herzens, das ihn als Kommandanten des NEBERU-Raumers auswies; weder Sicherheitspersonal noch Roboter begleiteten ihn. Wir wechselten ein paar Worte über die alten Zeiten. Dann beförderte uns ein Antigravschacht etwas mehr als 200 Meter hoch in die Zentrale der VOHRATA.
Die Besatzung erhob sich kurz in einem synchronen Akt, als der Resident die Zentrale betrat. Auf einen Wink Kakola-Barrs setzte man sich wieder. Kakola-Barr nahm im Kommandantensessel Platz.
Ein Schott öffnete sich: Der Tamaron traf ein.
Fast unmerklich strafften sich etliche Besatzungsmitglieder. Kaum einen ließ der Auftritt des Tamarons kalt. Ich hatte immer wieder erfahren, wie attraktiv er mit seinem schmalen, fast asketischen Gesicht auf Humanoide wirkte: Die Augen leuchteten in einem intensiven, hellen Blau. Kinnbart und Haar waren dezent geschnitten; er trug einen schwarzen Anzug ohne jedes Rangabzeichen.
Der Tamaron und der Resident reichten einander die Hand, und in einem merkwürdigen Moment legte der Tamaron seine linke Hand auf Bulls rechte. »Gehen wir in mein Quartier.«
Auch dieses Quartier war, was Terraner als spartanisch bezeichnet hätten: ein Kleiderschrank mit Hygienefunktion, eine mobile Servoeinheit, eine Liege, ein Tisch mit zwei Stühlen, beide aus rotem Holz, wie es auf Tefor wuchs. Beide Stühle waren ohne Lehne.
Sie setzten sich.
Bulls richtete seinen Blick auf den einzigen Luxus, den der Tamaron sich gönnte: das offenbar in Öl gemalte Porträt einer nicht mehr ganz jungen Frau in einem knöchellangen Kleid, die barfuß auf einer Wiese stand, dahinter eine Landschaft, mehr angedeutet als ausgeführt, in der eine Szenerie auf Tefor zu erkennen war. Es war Abend: Pector und Photor, Tefors zwei Monde, standen blass wie fremder Länder Münzen am Himmel; Photor, kleiner und näher, schickte sich eben an, Pector auf der Innenbahn zu überrunden. Die Frau sah den Betrachter frontal an, ein wenig nachdenklich, doch offenbar zuversichtlich. Ein Abzeichen am Kragensaum des Oberteils wies sie als Angehörige des diplomatischen Korps des Tamaniums aus.
»Wie geht es Saliana?«, fragte Bull.
»Es geht ihr gut. Das solltest du aber wissen, Reg«, sagte Vetris-Molaud mit mildem Tadel.
Saliana war im Jahr 1517 geboren, und zwar zur selben Zeit, als ihre Mutter hingerichtet wurde. Sie war nun 119 Jahre alt, eine der demokratisch gewählten Stellvertreterinnen des Tamarons. Als Kind eines Zellaktivatorträgers alterte sie deutlich langsamer. Sie war der Liga gegenüber freundlicher eingestellt als ihr Vater. Die Liga wusste, dass die Annäherung des Tamarons an das Sternenreich der Terraner maßgeblich ihr zu verdanken war, und nicht nur einmal hatte der Tamaron, auch mir gegenüber, Saliana als Bulls beste Agentin bezeichnet. Mit einem Spott, der allmählich milder geworden war.
Dass es nach ihrem Tod zur Gründung der Lemurischen Allianz kommen sollte, war nicht zuletzt ihr Letzter Wille, den der Tamaron im Jahr 1755 NGZ erfüllte.
Aber damals lebte sie noch, und ich mochte sie gerne, und Bull, obwohl er ihr selten begegnete, mochte sie auch.
»Gibt es Nachrichten von Shinae? Von Toio?«, fragte Vetris-Molaud, während der Servoroboter zwei halbkugelige Gläser mit einem dunkelroten und von haarfeinen, goldfarbenen Fasern durchzogenen Getränk füllte: Goldfadenwein von Trissner, einem der 39 Monde Laumhus.
»Nein, Caer«, sagte Bull. Caer-Cedvan lautete der Geburtsname des Tamarons; in dieser Galaxis dürfte Reginald Bull der Einzige sein, der ihn mit diesem verschollenen Namen ansprach.
Merkwürdig, wie die Zeit über uns hinweggeht, Mascant. Wie lange wir denken, die Zeit sei unser Palast, unser Haus für immer. Und dann kommt ein Windstoß und hebt das leichte Zelt auf, in dem wir in Wahrheit gewohnt haben, und weht es fort, einfach so.
»Was nun die Sonnentransmitter betrifft«, sagte der Tamaron, »so ist Vengil außer Betrieb, und, soweit wir sehen, die anderen Sonnentransmitter auch.«
»Weil?«, fragte Bull.
»Wir wissen es nicht«, sagte der Tamaron. »So wenig wie ihr.«
Auch zu den drei Transmittern