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Fettnäpfchenführer Ostfriesland. Sylvie GühmannЧитать онлайн книгу.

Fettnäpfchenführer Ostfriesland - Sylvie Gühmann


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Der Versuch allein löst bei Ostfriesen oft Amüsement aus. Ein wenig erinnert es an den oft eher missglückten Versuch deutscher Urlauber im Ausland, Fremdsprachen richtig auszusprechen, oder an die Ansage der Deutschen Bahn: »Sänk ju vohr träweling wis Deutsche Bahn.«

      Richtig flüssig sprechen auch nur diejenigen ostfriesisches Platt, die damit von Kindesbeinen an vertraut sind. Das heißt nicht, dass es unmöglich ist, es zu lernen. Die Aussprache zu erlernen, ohne je jemanden auf Platt gehört zu haben, ist aber wenig von Erfolg gekrönt. Zumal sich Platt regional unterscheidet. Das Platt, das in Leer gesprochen wird, lässt sich nicht unbedingt mit dem in Aurich vergleichen. Bereits die Schreibweise variiert, von der Aussprache mal ganz abgesehen.

      Wer trotzdem Freude am Lesen auf Plattdüütsk hat, der findet genügend Lektüre. So gibt es beispielsweise auch Klassiker wie Der kleine Prinz von Antoine de Saint-Exupéry in der ostfriesischen Version. Da heißt es dann: De lüttje Prinz. Diejenigen, die sich den Klang der ostfriesischen Sprache vor ihrer Reise schon mal zu Gemüte führen wollen, können sich auch bei Youtube den Wittmunder Keno Veith anschauen. 2017 landete er einen viralen Hit – indem er auf astreinem Platt erzählte, wie er mit seinem Trecker bei der Maisernte stecken blieb. Warum der im Morast stecken blieb? Natürlich weil es so viel geregnet hat.

      7

       DAS KLEINEVÖLKCHEN IMENTLEGENENNORDWESTENDER REPUBLIK

       ODER AUCH: OSTFRIESLAND LIEGT IMWESTEN FRIESLANDS

      Sonja starrt auf das schwarze Telefon auf ihrem Schreibtisch. Sie ist noch keine fünf Tage da, und schon bittet der Chef sie für ein Gespräch in sein Büro. Ob ihr Artikel schlecht war? Sie fasst sich an den Hals und reibt sich das linke Schlüsselbein unter dem zitronengelben Pullover. Nein, sagt sie sich. Bestimmt möchte er sie nur richtig willkommen heißen. Immerhin war er bislang im Urlaub und hat sie noch nicht in Empfang nehmen können. Entschlossen steht sie auf, ohne zu bemerken, dass ihre Kollegin Grietje ihr stirnrunzelnd nachblickt. Mit schnellen Schritten verlässt sie das Büro und macht sich eilig auf den Weg zu ihrem neuen Chef.

      Auf dem Weg dorthin kommt sie an Kollegen vorbei, die sie allesamt, ob männlich oder weiblich, um einige Kopflängen überragen. Vermutlich weil sie so viel Platz zum Wachsen haben, denkt sie, so weit, wie in Ostfriesland der Himmel über den Köpfen zu sein scheint. Vielleicht liegt es aber auch an dem Tee, den sie schon mit der Muttermilch aufsaugen. Die anderen Redakteure trinken Tee wie am Fließband. Der Zaubertrank der Ostfriesen – vielleicht ist sie doch in Gallien gelandet und nicht bei den Sch’tis. Ein bisschen verschroben sind die anderen schon. Sie kichert und rennt dabei geradewegs in ihren neuen Chef, der sie eingehend mustert.

      »Was gibt es denn zu lachen, Frau Häberle?« Mit hochgezogenen Augenbrauen schaut er sie durch seine runden Brillengläser fragend an.

      Sonjas Hand wandert zu ihrem Schlüsselbein. »Äh, nichts. Also es gibt schon etwas zu lachen, nur nichts Spezielles, jetzt gerade, also in diesem Moment«, verhaspelt sie sich. Sie sammelt sich. »Ich war eigentlich auch gerade auf dem Weg zu Ihnen. Sie haben um ein Gespräch gebeten?« Ängstlich schaut sie ihn an. »Stimmt etwas nicht mit dem Artikel über die Werft?«

      Ihr Chef winkt ab und reibt sich das Kinn. »Mit dem Artikel ist alles in bester Ordnung, wunderbare Geschichte, Frau Häberle, erfrischend, will ich meinen, nur eine Kleinigkeit möchte ich Ihnen dazu sagen.« Bei dem Wort Kleinigkeit drückt er Zeigefinger und Daumen zusammen, schnipst und macht auf dem Absatz seiner schwarz besohlten Anzugschuhe kehrt.

      Vermutlich war das ihr Kommando, ihm zu folgen. Eilig läuft sie ihm hinterher, bis er in seinem Büro vor einer leicht vergilbten Landkarte stehen bleibt. Also doch. Sonja sinkt in sich zusammen.

      Mit verschränkten Armen mustert ihr Chef die Karte und schmunzelt, als er danach ihr Gesicht sieht. »Aber Frau Häberle, nun schauen Sie doch nicht so, als befänden Sie sich auf dem Weg zum Schafott. Ich möchte Ihnen nur kurz etwas erklären.«

      In diesem Moment hat er wirklich etwas Oberlehrerhaftes an sich. Er hebt seinen Zeigefinger und fährt damit über die Karte. »In Ihrem Bericht schreiben Sie von Ost-Friesland, Frau Häberle. Wir sind hier aber nicht in Ost-Friesland.« Wieder guckt er sie über den goldenen Rand seiner Brillengläser mit einem Funkeln in den Augen an.

      »Nicht? Aber Otto kommt doch aus Emden, und der ist Ostfriese«, sagt sie langsam und fühlt sich spätestens jetzt zurückversetzt in die Schule.

      Ihr Chef fährt mit dem Finger über die Landkarte, die sie nun als Ostfriesland erkennt oder zumindest als Ostfriesland zu erkennen glaubt, weiter nach rechts gen Osten. »Wo sind wir hier?« Erwartungsvoll schaut er sie an.

      Ihr Schlüsselbein muss mittlerweile die Farbe einer reifen Tomate haben. »Im Osten Ostfrieslands? Ich komme nicht mehr mit.« Irgendwie schwant ihr, dass gleich etwas völlig Bescheuertes kommt.

      »Herrlich«, sagt ihr Chef und reibt sich die Hände, wobei er sie an Rumpelstilzchen erinnert, das ums Feuer tanzt. »Ostfriesland, also die Region, in der Sie nun arbeiten und leben und über die Sie geschrieben haben, liegt westlich von Friesland. Sie haben in der Ortsangabe im Text übrigens von Ost-Friesland, also Ostfriesland mit Bindestrich gesprochen.« Beim letzten Ostfriesland betont er überdeutlich jede Silbe, bevor er ihr den Todesstoß versetzt. »Das macht hier kein Mensch.«

      Stirnrunzelnd schaut Sonja ihn an. »Okay. Verstehe«, sagt sie gedehnt und denkt dabei nur eins: Die spinnen, die Ostfriesen.

       Wat’n Mallöör

      Ganz einfach: Ostfriesland liegt westlich von Friesland. Oder doch nicht so einfach? Am besten, wir fangen von vorne an. Als Frieslande werden im Allgemeinen die Siedlungsgebiete der Friesen bezeichnet, die sich entlang der deutschen und niederländischen Nordseeküste erstrecken. Insgesamt werden die Frieslande in drei Gebiete unterteilt: das niederländische Friesland, das östliche Friesland und Nordfriesland, worunter die schleswig-holsteinische Region um die Insel Helgoland fällt. Die geografische Beschreibung für das östliche Friesland (Ost-Friesland) ist der Grund dafür, warum es um den Begriff Ostfriesland herum reichlich Missverständnisse gibt. Ost-Friesland ist mitnichten gleichzusetzen mit Ostfriesland.

      Nach landläufiger Meinung wird der Begriff Ostfriesland gern großzügig verwendet und impliziert dann neben dem eigentlichen Ostfriesland (ohne Bindestrich) auch den Landkreis Friesland und die Stadt Wilhelmshaven sowie je nach Lesart auch noch das Ammerland. Das ist in vielerlei Hinsicht nicht korrekt. Denn die Bewohner Ostfrieslands, die teetrinkenden Hünen aus dem Norden, sind aus deren Sicht nur jene, die aus den Landkreisen Aurich, Leer und Wittmund sowie aus der kreisfreien Stadt Emden stammen – oder von den Ostfriesischen Inseln. Zumindest von fast allen Ostfriesischen Inseln. Denn die Insel Wangerooge ist zwar bedingt durch die geografische Lage ebenfalls den Ostfriesischen Inseln zugehörig, zählt politisch gesehen aber zum Oldenburger Friesland. Die Grenzen Ostfrieslands (abgesehen von Wangerooge also) verlaufen jenseits von Wittmund in der Nähe von Westerstede bei Oldenburg und unterhalb von Leer.

      Wilhelmshaven und Jever, Letzteres vor allem bekannt für sein Bier, zählen nicht zu Ostfriesland – dafür aber zu Ost-Friesland, was übrigens auch ein Kunstbegriff ist, der sich nie richtig hat durchsetzen können. Wenn sich die Einwohner der beiden Kommunen Jever und Wilhelmshaven nicht als Friesländer, Friesen oder Wilhelmshavener betiteln, liegt der Schwerpunkt bei der Betonung ihrer Herkunft übrigens meist eher auf dem Oldenburgischen. Ansonsten wird die Region auch als ostfriesische Halbinsel bezeichnet.

      Aber um noch eine Schippe draufzulegen: Als Friesland wird nicht nur das oben aufgeführte Gebiet bezeichnet, sondern auch ein Landkreis namens Friesland. Den Namen Friesland wiederum verdankt der Landkreis seiner Lage im friesischen Teil Oldenburgs. So kommt es zu der noch verwirrenderen Tatsache, dass sich Friesland, also der Landkreis Friesland, östlich von Ostfriesland befindet und Ostfriesland sich, wie eingangs erwähnt, westlich von Friesland (zumindest von dem Landkreis). Die Trennungslinie zwischen Ostfriesland und dem oldenburgischen Landkreis


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