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Fettnäpfchenführer Taiwan. Deike LautenschlägerЧитать онлайн книгу.

Fettnäpfchenführer Taiwan - Deike Lautenschläger


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verlässt sie deutschen Boden und betritt Neuland – die erste Reise so richtig allein: Frankfurt – Taipeh, Businessclass, Seat 6b.

      Vorn im Flugzeug ist eine ruhige Atmosphäre. Die meisten Passagiere hier sind taiwanische Geschäftsleute und lesen entspannt die Zeitungen oder tippen eifrig auf ihren Laptops. Dahinter, in der Economy, herrscht Trubel: Kinder weinen, Leute pressen ihr viel zu großes Handgepäck in die Ablagen, Flugbegleiterinnen eilen emsig umher. Sophie setzt sich – Businessclass, Seat 6b. Neben Sophie schläft auf 6a ans Fenster gelehnt ein Deutscher. Zwei Reihen vor ihr, auf 4a und 4b, nimmt ein junges taiwanisches Pärchen Platz. Auch sie müssen wohl einen neuen Platz bekommen haben, denn sie passen so wenig wie Sophie zwischen die ganzen Geschäftsleute. Aber im Gegensatz zu ihr scheinen sie darüber nicht begeistert zu sein und diskutieren heftig auf Chinesisch.

      Es knackt in den Lautsprechern, dann rauscht es. »Willkommen auf ihrem Flug nach Taipeh«, flüstert der Pilot mit tiefen Atemzügen nach jedem Satz. Sophie lehnt sich zurück. Der Gurt drückt, ihre Hände sind feucht.

      »Bùhǎoyìsi! – Entschuldigung! Könnten Sie das Platz ähm … wechseln? Mit mich?«, fragt der junge Taiwaner vor ihr in gebrochenem, aber gut verständlichem Deutsch.

      »Oh. Reden Sie doch noch einmal mit ihr. In einer Stunde ist bestimmt alles wieder ok«, antwortet Sophie, die einen Streit zwischen den beiden vermutet.

      »Ich denke nicht. Das Problem ist das Platz 4.«

      »Was stimmt denn nicht mit dem Platz?«

      »Meine Freundin, sie ist sehr … wie sagt man … sie glaubt böse Dinge.«

      Sophie sieht erstaunt zu der geschmackvoll gekleideten Taiwanerin, die mit ihren langen schwarzen Haaren und einem entzückenden Lächeln im Gang steht.

      »Sie ist abergläubisch?«

      »Vielleicht das ist das Wort.«

      »Vier ist nicht gut, das ist der Tod«, mischt sich die Freundin ein.

      Die Stewardess ist dazugekommen und lächelt hilflos.

      »Der Tod!«, wiederholt die Freundin energisch. Andere Fluggäste recken die Hälse und sehen ängstlich hinter Sitzlehnen hervor.

      Sophie nickt und setzt sich schnell um. Immerhin sitzt sie jetzt am Fenster. Ein heller Gong erklingt und die Anschnallzeichen leuchten auf. Ihre Hand fährt zur Sicherheit noch einmal über die kalte Metallschnalle auf ihrem Bauch, und dann schließt sie die Augen.

      »Sechs, das ist gut, gut für Mei-yin, so heißt meine Freundin. In Reihe sechs kann sie gut fliegen. Ich bin Po-han übrigens. Wir waren zum Work & Travel ein Jahr in Deutschland«, der junge taiwanische Mann sitzt jetzt neben Sophie und rutscht ungeduldig auf dem Cordstoff hin und her. Anscheinend macht Reihe vier auch ihn nervös.

      »Was ist denn so schlimm an der Vier?«, fragt Sophie, während das Flugzeug langsam losrollt.

      »Die Vier klingt bei uns wie das Wort ›Tod‹. Da kann man doch in einem Flugzeug nicht ruhig in der vierten Reihe sitzen.«

      Sophies Armlehne vibriert unter ihrer Hand, vor dem Fenster zieht das Terminal vorbei. Ein bisschen mulmig ist ihr nun auch zumute. Gleichzeitig muss sie lächeln – über ihre erste Bekanntschaft mit Taiwanern.

      »Wissen Sie, immer wenn ich Angst habe, pfeife ich leise vor mich hin. So …« Sophie spitzt die Lippen und bringt einen leisen Ton hervor. Die Geschwindigkeit drückt sie in die Sitze, schüttelt sie, das Flugzeug ächzt.

      »Nein, nicht pfeifen!«, kreischt Po-han und greift ihre Hand.

      »Aua!«, schreit Sophie leise auf, mehr aus Überraschung als aus Schmerz. Die Stewardess sieht streng zu ihnen herüber.

      Sophies Stirn wird heiß. In ihren Ohren knackt es, der Motor brummt. Dann hat das Flugzeug seine Flughöhe erreicht. Mit einem Gong erlöschen die Anschnallzeichen.

      »Und warum haben Sie sich nicht umgesetzt?«, fragt sie ihren Sitznachbarn dann, der sich wieder ein bisschen beruhigt hat.

      »Der Mann auf 6a schläft. Wollten nicht wecken. Ich bin ein Mann, ein Gentleman … dann lasse ich meine Freundin zuerst. Verstehen Sie? Und warum fliegen Sie zu Taiwan?«

      Sophie erzählt ihr Woher und Wohin. Po-han hört aufmerksam zu und scheint langsam seine Nervosität wegen der Nummer seines Sitzplatzes zu vergessen. Bald sind sie beim Du und Po-han lädt Sophie zum chinesischen Neujahrsfest in zwei Wochen ein. Dass ein wichtiges Fest vor der Tür steht, davon hat sie noch gar nichts gehört.

      »Jetzt ist eine gute Zeit, um nach Taiwan zu kommen. Es ist noch nicht heiß und nach dem Neujahrsfest kann man gut eine Arbeit finden.«

      Auch daran hat Sophie noch gar nicht gedacht. Einfach so ist sie ja losgefahren. Ihre Ersparnisse reichen vielleicht vier oder fünf Monate, dann wird es eng und sie muss sich etwas einfallen lassen.

      Wenigstens hat sie schon mal zwei Bekannte in Taiwan, und damit sind auch die Feiertage gerettet.

      Endlich hat sie Zeit, sich etwas zu entspannen und den Flug zu genießen. Die ganzen Verabschiedungen und das Packen der letzten Tage haben sie müde gemacht. Sie beobachtet in Gedanken versunken die Wassertropfen, die sich in der Scheibe des Fensters gesammelt haben und langsam zu kleinen Eiskristallen vor dem dunklen Himmel erstarren.

      Aber die Ruhe währt nicht lang. Schon wird das Essen serviert, und kaum steht es auf dem kleinen Klapptisch vor ihnen, beginnt ein reger Austausch zwischen Po-han und seiner Freundin Mei-yin zwei Reihen hinter ihm. Mal tauschen sie untereinander das zum Essen gereichte Brötchen mit dem Croissant, mal gibt Po-han seiner Mei-yin den Früchtesnack ab. Zum Schluss bringt Mei-yin ihren Tee, und als sie den auf Po-hans Tablett abstellen will, gibt es eine kurze Turbulenz, das Flugzeug wackelt stark und der Tee landet auf Sophies Jeans.

      »Bùhǎoyìsi! – Entschuldigung!«

      Nach einer Schrecksekunde blickt Sophie von ihrer durchnässten Hose zu Po-han neben sich. Der lächelt. Und die im Gang stehende Mei-yin kichert sogar leise.

      »Bùhǎoyìsi! – Entschuldigung!«, sagen sie im Chor und lächeln immer noch.

      Sophie spürt eine Hitze in sich aufsteigen – nicht nur die vom warmen Tee auf ihrem Bein, sondern auch eine Hitze aus ihrem Bauch, die schnell in ihr Gesicht, ihre Ohren und Wangen wandert.

      Die belächeln mich. Die schütten mir den Tee auf die Hose und dann lachen sie. Sie machen sich lustig über mich, über mich in meiner nassen Hose. Ist das denn lustig? Schämen sollten sie sich was! Sophie lässt eine innerliche Schimpftirade los. Äußerlich sieht man nur ihren hochroten Kopf.

      »Bàoqiàn! Bàoqiàn! Duìbùqǐ! Entschuldigung!«

      »Die Sitzplätze in Reihe 4 bringen also wirklich Unglück«, schnaubt Sophie wütend.

       Was ist diesmal schiefgelaufen?

      Nicht nur Luftlöcher lauern über den Wolken, sondern auch Fettnäpfchen. Und Sophie hat gleich zwei davon erwischt.

      Pfeifen lockt Geister an. Was im Geistermonat Unheil bringt, ist in brenzligen Situationen – zum Beispiel wenn man in der vierten Reihe sitzen muss – nicht weniger verhängnisvoll. Geister sind böse und versuchen, einen in die Unterwelt hinabzuziehen. So könnte ein Pfeifen im Flugzeug dieses schnell und unsanft auf den Boden zurückholen und seine Passagiere ins Jenseits befördern. Übrigens können die meisten Taiwaner auch gar nicht richtig pfeifen. Wie auch? Sie können und wollen es ja nie üben.

      Wie viele Länder in Asien ist auch Taiwan ein Land des Lächelns. Taiwaner sind freundlich und freuen sich, Menschen aus anderen Ländern zu treffen und kennenzulernen. Aber ein Lächeln hat viele Funktionen: Wenn ihnen etwas peinlich ist, lächeln Taiwaner auch, und besonders Taiwanerinnen kichern sogar. Sie versuchen dadurch, ihr Gesicht zu wahren. Das


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