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Fettnäpfchenführer Italien. Sandro MattioliЧитать онлайн книгу.

Fettnäpfchenführer Italien - Sandro Mattioli


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es sich also an: Ihre Haare klebten an ihrem Kopf, obwohl Franziska nur einen kurzen Spaziergang gemacht hatte; dazu war es bereits nach zehn Uhr am Abend. Franziska war von ihrem zukünftigen Domizil durch die Stadt gegangen, sie wollte ihre neue Heimat, sie wollte Rom fühlen. Jetzt stand sie vor dem Kolosseum, dem römischsten aller Bauwerke. In der Luft schwirrten Fetzen von Gesprächen amerikanischer Touristen über »Dschelladdo«, dazu ein Hauch von Parfüm, den eine italienische Signora hinter sich herzog. Nichts erinnerte mehr daran, dass sich hier einmal vor zwei Jahrtausenden Menschen gegenseitig abgeschlachtet hatten – zur Belustigung des Publikums. Ein Bus donnerte vor Franziska über das Kopfsteinpflaster, während sie gedankenverloren das immense antike Stadion betrachtete.

      Hier in Rom, in dieser Stadt, sollte sie also die kommenden neun Monate verbringen, als Erasmusstudentin an der Universität Roma Tre? Sie dachte an ihre Freunde in Tübingen, wo sie ihre Seminare mit ziemlich guten Ergebnissen abgeschlossen hatte. Wenn alles glatt liefe, würde sie im Rahmen der Regelstudienzeit ihren Masterabschluss in der Tasche haben und wohl auch eine ordentliche Note. Andererseits reizte es sie auch, einmal auszubrechen, noch einmal eine verrückte Phase zu leben. Franziska dachte auch an ihre Mutter, die schon zweimal auf dem Handy angerufen, ihre Tochter aber nicht an den Apparat bekommen hatte. Franziska wollte das Ankommen hier allein genießen und ihren Eltern später eine SMS schicken.

      An sich hatte es nichts Ungewöhnliches für Franziska, in Italien zu sein. Ihr letzter Besuch war zwar schon einige Jahre her, sie war inzwischen 22 Jahre alt, aber ihre Eltern hatten sie als Kind unzählige Male mit in die Ferien genommen. So war Italien für sie ein Campingplatz in Jesolo oder ein Hotelkomplex in Bellaria bei Rimini und sogar eine gemütliche Pension in Südtirol. Vor allem aber war es abendelanges Zusammensitzen mit mehr oder weniger spannenden Gesprächen mit ihren mehr oder weniger nervigen Eltern, je nachdem wie weit die Pubertät fortgeschritten war. Später, mit 18, war sie einmal mit einem Rucksack durch Sizilien gewandert, eine eigenartige Tour.

      Rom dagegen war anders als ihre bisherigen Erfahrungen. Und jetzt stand sie hier, vor dem hoch aufragenden Kolosseum, vor einem kirchengewordenen Gladiatoren-Kampfplatz, vor einem, nein, vor dem Symbol für die antike Weltstadt.

      »Quant’è bella l’Italia« – wie schön ist doch Italien, sagte sie spontan zu einem älteren grauhaarigen Mann mit einer eleganten Stoffmütze, der neben ihr stand und auf den Bus wartete. Es war ein Satz, den ihr einst ein Wirt in irgendeinem Urlaub mit ihren Eltern beigebracht hatte und der ihr jetzt wieder einfiel.

      »Was heißt denn da schön!«, fuhr der Mann sie an, nachdem er Franziska zunächst einen Moment ungläubig angesehen hatte. Dann brach es aus ihm heraus. »Schauen Sie sich doch mal um! Die Regierung bekommt nichts gebacken, die sitzen sich den Hintern platt und wollen doch nur ihre fette Lohntüte am Ende des Monats abholen. Die Löhne von uns sinken, doch in der Politik wird nicht gespart. Wissen Sie, wie viele Bedienstete unser Präsident hat?« Der Mann wartete die Antwort gar nicht ab. Es wirkte, als blicke er durch Franziska hindurch. »Der ist ja eigentlich ein guter Mann. Aber über 300 Bedienstete, das muss doch nicht sein! Und wir bezahlen es. Natürlich.«

      (Man sollte grundsätzlich vorsichtig sein im Umgang mit Zahlen in Italien. Die Italiener lieben zwar Statistiken und keine ist ihnen zu speziell, um nicht für einen Zeitungsartikel verwertet werden zu können. Doch auf der anderen Seite liegen oft den in Ämtern zuständigen Referenten keine genauen Zahlen über ihr Aufgabengebiet vor – zumindest nicht so, dass sie Informationen weitergeben könnten.) »Und dann die vielen Parlamentarier. Kassieren jeden Monat dickes Geld, und die Hälfte von ihnen wird nicht einmal von ihrer eigenen Sekretärin erkannt, weil sie nie da sind. Ja, ja, ein wunderschönes Land haben wir. Nichts funktioniert und keinen kümmert’s. Und dann immer die alten Busse, alt und klapprig. Man sollte dafür bezahlt werden, mit ihnen zu fahren. Eine reine Zumutung, Signorina, eine reine Zumutung.« Der Mann wurde laut, kam von den Krankenhäusern über die Parkplatznot und den stinkenden Tiber auf einen Freund, der vor Kurzem urplötzlich eine Strafe dafür bezahlen sollte, dass er seinen Roller dort abstellte, wo er ihn schon seit Jahren parkte, und mit ihm zehn andere Nachbarn.

      Franziska war eingeschüchtert ob des lauten Lamentos. Sie konnte jedoch nur ungefähr interpretieren, was der Alte klagte: Er sprach schnell und zu seinem Nuscheln gesellte sich reichlich römischer Dialekt, Romanesco. Immer heftiger sprudelten die Wörter aus ihm heraus, bis er seinen Wortschwall abrupt abbrach. »Da kommt mein Bus«, sagte er, mit einem Mal ganz entspannt. »Aber sie haben schon recht«, er tippte mit dem Zeigefinger auf einen imaginären Tisch, »Italien ist wunderbar. Ich wünsche ihnen noch einen schönen Abend.« Dann gab er dem Busfahrer mürrisch zu verstehen, dass er einsteigen wolle, und dieser setzte den Blinker. Kurz bevor der Bus die Türen schloss, drehte er sich noch einmal zu Franziska hin, überlegte – man sah es ihm an – ob er seinem Sermon noch etwas hinzufügen sollte, und machte dann eine abschätzige Handbewegung. Der Bus fuhr davon und mit ihm dieser seltsame Kauz.

      Na prima, das kann ja heiter werden, dachte sich Franziska. Sie hätte sich einen besseren Start für ihre Erasmuszeit vorstellen können. Sie wartete, bis die nachfolgenden Busse vorbei gefahren waren, und spurtete dann über die Straße, um nicht von einem der heranbrausenden Taxis überfahren zu werden.

      »Liebe Mama, lieber Dad, ich bin gut angekommen und sitze gerade vor dem Kolosseum. Viele Grüße, Eure Franzi«, tippte sie kurze Zeit später, nachdem sie noch ein wenig ihren Gedanken nachgehangen war. Eigentlich hatte sie ihren Eltern ja erst spät schreiben wollen, und sie zögerte kurz, bevor sie auf »Absenden« drückte. Aber irgendwie war ihr erster Abend in Rom nach diesem komischen Gespräch auch schon vorbei.

      Franziska packte ihr Handy in die Tasche und ging in Richtung der U-Bahn-Haltestelle.

       Was ist diesmal schiefgelaufen?

      Dass der alte Mann derart in Rage gerät, weil er von seinem Land spricht, ist nicht unbedingt ungewöhnlich; die meisten Italiener lieben ihr Land entweder oder hassen es, dazwischen gibt es nicht so sehr viel. Das hat auch mit dem politischen Lager zu tun, dem man angehört, denn für Italiener ist das Gruppengefühl sehr wichtig und weniger das Individuelle. Deutschland wird von Italienern oft über den Klee gelobt, es gilt als Land der Effizienz und Ordnung, Italiener mögen deutsches Bier und dass in Deutschland so vieles funktioniert, was in Italien schon seit Jahren mit Improvisation ersetzt wird. Deutschland dafür lieben, so viel ist sicher, werden aber nur die wenigsten Italiener.

      In jedem Fall ist es kein Fehler, Italiener auf ihre Heimat anzusprechen, sie sind italienfixiert und reden daher gerne und oft über ihr Land.

      Franziska hat hier einen ganz anderen, simplen Fehler begangen: Man sollte nie über die Straße rennen. Es ist gefährlich.

       Was können Sie besser machen?

      Der Verkehr in Italien wird von den meisten Deutschen als chaotisch wahrgenommen. Das ist aber eine Frage der Perspektive. Denn während in Deutschland das Einhalten von Regeln den Verkehr organisiert, verlieren Verkehrsregeln in Italien an Bedeutung, je weiter südlich man kommt. Da kann es sogar passieren, dass einem die Polizei in Neapel in Gegenfahrtrichtung durch die Einbahnstraße folgt und einen anhält – aber nicht, um eine schmerzvolle Strafe zu verlangen, sondern um den Hinweis loszuwerden, dass man doch das Licht anschalten solle, da es schon dämmere.

      Die Straf- und Bußgelder sind in Italien empfindlich hoch. Viele Italiener sammeln die Strafzettel und hoffen auf eine der Erlassaktionen, die es immer mal wieder gibt. Manchmal ist die Hoffnung darauf aber vergebens, und dann gesellen sich zu den zu zahlenden Bußgeldern auch noch Zinsen und Zinseszinsen.

      An die erste in Berlin aufgestellte Ampel (Hamburg war schneller als Berlin, dort ging die erste deutsche Ampel in Betrieb) wird heute noch erinnert. In Italien käme das niemandem in den Sinn, Regeln sind hier maximal ein geduldetes Übel, und eine Verkehrsampel steht ja auch für Regeln, die einzuhalten sind.

      Je geringer die Bedeutung von Verkehrsregeln, umso wichtiger ist es, dass alle Verkehrsbeteiligten das Geschehen vor, hinter und neben ihrem Fahrzeug aufmerksam beobachten. Hierin gründet Franziskas Fehler, über die Straße zu rennen. Wer sich ins italienische Verkehrsgetümmel wirft, sollte berechenbar


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