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Fettnäpfchenführer Italien. Sandro MattioliЧитать онлайн книгу.

Fettnäpfchenführer Italien - Sandro Mattioli


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gilt allerdings nur dort, wo nicht mit hoher Geschwindigkeit gefahren wird, also hauptsächlich innerorts. Und es empfiehlt sich, die ankommenden Autos dennoch im Blick zu behalten. Es könnte ja sein, dass der Mensch am Steuer gerade ganz in eine Diskussion vertieft ist oder nach einer CD kruschtelt. Tipp: man schaut einfach, wo Italiener stehen bleiben und wo nicht. Denn nicht in jeder Stadt nehmen die Autofahrer gleich viel Rücksicht auf Fußgänger.

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       WIE FRANZISKA DAS ERSTE MAL EINKAUFEN GEHT

      Glücklicherweise war ihr Bett recht gemütlich. Franziska hatte es gleich nach ihrer Ankunft mit einem kurzen Probeliegen getestet. Ihre Mitbewohnerinnen seien noch in den Ferien, hatte ihr der Vermieter gesagt, sie werde sie später kennenlernen. Ihr Zimmer war erfreulich hell, und es lag an einer recht ruhigen Straße. Möbel hatte sie nicht viele im Zimmer, und schön waren sie auch nicht. Aber sie müsste hier ja auch nicht ewig leben, dachte sich Franziska, und solange das Bett gemütlich war ...

      Es sei nicht ungewöhnlich in Italien, vor allem in den großen Städten, dass Vermieter die Besetzung von Wohngemeinschaften bestimmen und es keine Vorstellungsrunden gibt, bei denen die künftigen WG-Bewohner »gecastet« werden, hatte sie vor ihrer Abreise in einem Internet-Forum gelesen. Auch werden viele Zimmer möbliert vermietet. Hoffentlich habe ich keine Idioten in meiner WG, hatte sich Franziska gedacht, als ihr der Vermieter, ein älterer kleiner und rundlicher Mann namens Battaferro dann die Schlüssel in die Hand drückte. Er erklärte ihr, dass er keinerlei Besuch in der Wohnung dulden würde und sich das Recht vorbehalte, unangemeldet auf Kontrollbesuche vorbeizukommen. Spätestens damit war Franziska klar, dass er keineswegs so gemütlich sein würde, wie er auf den ersten Blick wirkte. Herr Battaferro verabschiedete sich, allerdings nicht ohne ihre Bellezza, ihre Schönheit, zu loben. Danke, du Wulstgesicht, dachte sich Franziska.

      Mit ihr würden nur Frauen wohnen, hatte Battaferro gesagt, was Franziska bedauerte. In Tübingen hatte sie viele männliche Freunde und war die Geschlechtertrennung daher nicht gewöhnt. Aber auch das war in vielen italienischen WGs an der Tagesordnung: Entweder bestimmte es der Vermieter so, oftmals wollten aber auch die Bewohner der WGs selbst keine Andersgeschlechtlichen um sich herum. (Warum das mit der italienischen Flirtkultur zusammenhängt, siehe Kapitel 4.)

      In Deutschland schlief sie immer mit einem Federbett, selbst im Hochsommer; sie brauchte die Decke, um sie zwischen die Knie zu klemmen. Hier legte man sich anders zur Ruh: Zwei dünne Tücher waren regelrecht über das Bett gespannt, das untere war am Kopfkissen umgeschlagen. Die übrigen drei Ränder waren unter die Matratze geschoben. Bevor sie sich hinlegte, hatte Franziska erst einmal alle Decken befreit. In Ermangelung eines Polsters schob sie ihre Hand zwischen die Knie. Bald tauchte sie in einen tiefen Schlaf ein. Die Anreise hatte sie doch geschlaucht.

      Am Morgen schlurfte Franziska in die Küche, zumindest was das anbelangte, hatte sie sich ihrem Gastland schon gut angepasst. Erstaunlicherweise hatte sie – auch ohne Decke zwischen den Knien – gut geschlafen. Der Steinboden fühlte sich kühl an, aber nicht zu kühl.

      Keine Mitbewohnerinnen zu Hause hieß auch nichts zu frühstücken im Haus. Franziska schaute dennoch in den Kühlschrank: nichts. Kein einziges Marmeladenglas, kein Joghurt, einfach nichts war drin. Wie erwartet. Sie musste sich also auf die Suche nach einem Supermarkt machen. Ihr Viertel, San Giovanni, war eines der besseren Wohnviertel, ein vierstöckiges Wohnhaus reihte sich hier an das nächste. Es sollte wohl kein Problem sein, einen Discounter zu finden.

      Zwei Parallelstraßen weiter wurde Franziska dann tatsächlich auch schon fündig, eine kleine Kette bot dort auf engstem Raum alles an, was man brauchte. Franziska nahm eine Flasche Milch, zwei Päckchen Pasta, Dosen mit geschälten Tomaten und etwas frisches Gemüse. Um Brot und Käse zu kaufen, stellte sie sich an die Schlange – wenn man eine Reihe von lediglich vier Personen so benennen mag – und wartete, bis sie an die Reihe kam.

      »Per Lei, signora?« Die Frau hinter der Theke holte Franziska aus ihren Gedanken.

      »Drei Scheiben Emmentaler, vier vom Edamer, eine Mozzarella und noch ein paar von den Scamorzine«, gab Franziska auf Italienisch in Auftrag. Es klang schon erstaunlich routiniert, Franziska war stolz auf sich.

      Die Verkäuferin bückte sich über die Auslage und suchte nach dem Bestellten, rollte aber vorher mit den Augen.

      »Hören Sie, ich bin dran!«, hörte Franziska eine energische Stimme hinter sich. Sie drehte sich um und schaute direkt einer Frau ins Gesicht, die verständnislos dreinblickte. Abgesehen davon, dass die Frau ihr zu laut sprach, war sie ihr auch unsympathisch, sie erinnerte sie mit ihrer spitzen Nase und ihrem vorspringenden Kinn an einen Falken, und Vögel im Allgemeinen konnte Franziska nicht ausstehen. Was habe ich denn jetzt schon wieder falsch gemacht, fragte sie sich, sie war sich keiner Schuld bewusst.

      Und auch noch, als sie später ihren Einkauf mit zwei Händen nach Hause trug, schauten die Leute sie merkwürdig an.

       Was ist diesmal schiefgelaufen?

      Eine Information vorweg: In Italien sind die Preisunterschiede zwischen Discountern, wie todis, INS, Lidl und tuodì auf der einen und Supermärkten wie Standa und SMA auf der anderen Seite, deutlich größer als dies in Deutschland der Fall ist. Insgesamt ist das Preisniveau bei verarbeiteten Produkten oft höher als in Deutschland, selbst italienische Produkte wie Aceto Balsamico sind in Deutschland häufig günstiger als in ihrem Herstellungsland. Dafür wird in Italien viel bayerische Milch und Joghurt aus Salzburg zu günstigen Preisen verkauft. Und nicht selten stammt die Mozzarella im Kühlregal von deutschen Molkereien – und das, obwohl den Italienern ihre Küche heilig ist, wie sich Franziska später noch zeigen wird (Genauer: in Kapitel 9).

      Gemüse und Obst ist im Schnitt dagegen deutlich günstiger, vor allem wenn es aus Italien stammt. Es lohnt sich auch, auf dem Markt einzukaufen, man bekommt dort gute Qualität zu günstigen Preisen, und oft sind die Marktbeschicker allein den Einkauf wert, wie sie ihren Kunden schmeicheln und ihre Ware anpreisen. Häufig gibt es dort jeden Tag frisch zubereitete Salatmischungen, man muss sie nur noch waschen und hat dann einen herrlichen Mix mit Fenchel, Karotten, Gurken, Rucola und vielen unterschiedlichen Salatsorten. Und nicht zu vergessen: Gemüse für eine Minestrone, ebenfalls schon fertig geschnippelt. Märkte finden sich in jedem Quartier von Rom, im Zweifelsfall einfach in irgendeiner Bar fragen, dort weiß man im Normalfall wo. Häufig sind die Märkte auch überdacht oder drinnen. Einer der größten römischen Märkte, der an der Piazza Vittorio Emanuele, ist vor einigen Jahren umgezogen – das hat den großen Vorteil, dass es auf den Straßen dort jetzt nicht mehr so bestialisch nach Fisch stinkt.

      Franziska war mit den Regeln in italienischen Supermärkten nicht vertraut und hat von daher keine Nummer gezogen. Was man in Deutschland höchstens von Ämtern kennt, ist in Italien allgegenwärtig: egal ob bei der Post, beim Metzger, im Telefonladen oder natürlich auch auf Ämtern – immer muss man zuerst eine Nummer ziehen. Dazu stehen Automaten im Raum, meist glücklicherweise gut versteckt, die auf Knopfdruck ein Ticket ausspucken. Aber Achtung, es empfiehlt sich, gut zu lesen, zu was die Nummer berechtigt. Denn zuweilen gibt es für unterschiedliche Dienstleistungen unterschiedliche Tickets, und wer sich am falschen Schalter anstellt, wird zurückgeschickt und darf sich mit neuer Nummer von Neuem anstellen.

      Geübte Nummernzieher richten ihren Plan auf das Nummernziehen aus: Zuerst zur Post, Nummer ziehen, dann die Einkäufe erledigen und zum Abschluss die Nummer »einlösen«. Andere packen ein Buch ein – das empfiehlt sich allemal. Wer besonders italienisch sein möchte, kauft sich eines der unzähligen People-Magazine mit Bildern von vielen leidlich berühmten Schönheiten ...

      Weil Franziska ohne Nummer in der Schlange vor der Käsetheke stand, meinte die Frau, um ihren turno betrogen worden zu sein. Doch das war nicht der einzige


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