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Fettnäpfchenführer Italien. Sandro MattioliЧитать онлайн книгу.

Fettnäpfchenführer Italien - Sandro Mattioli


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dafür aber auch alle paar Minuten fährt? Franziska wusste zwar sehr wohl, dass jede Großstadt ein Überangebot mit sich brachte, doch hier war es ihr anschaulich geworden.

      Die ganz großen Touristenattraktionen hatte sie gleich an den ersten Tagen abgeklappert. Franziska beschloss, auf ihren Bauch zu hören, der schwer war, da quasi mit einem doppelten Frühstück gefüllt. Sie hatte ja für Giulia mitessen müssen. Ihr Bauch sagte Bewegung. Mit einem Stadtspaziergang wollte Franziska wenigstens ein paar Kalorien wieder loswerden.

      Die ersten wichtigen Aufgaben hatte sie in den vergangenen Tagen bereits hinter sich gebracht: die Aufenthaltserlaubnis, der permesso di soggiorno, war eingeholt (selbstverständlich mit Nummernziehen), sie war immatrikuliert und hatte auch ihre Wohngegend bereits erkundet. Franziska hatte immer gedacht, dass Deutschland ein durchbürokratisiertes Land sei. In Italien hatte sie erfahren, dass Bürokratie im Verbund mit Arbeitsunlust und Unorganisiertheit erst die wahre Herausforderung ist. Sie konnte sich also etwas Müßiggang leisten.

      Die Sonne erfüllte die Stadt vor dem Fenster mit einem magischen Herbstlicht, es war warm, aber nicht so heiß wie noch vor einigen Tagen, ein traumhafter Septembertag. Franziska hätte sogar ans Meer fahren könne, wollte aber lieber ihre neue, temporäre Heimat besser kennenlernen. Und immerhin waren es bis zum Meer rund dreißig Kilometer. Sie zog den knielangen grünen Rock an, den sie kürzlich auf dem Gebrauchtkleidermarkt in der Via Sannio unweit ihrer Wohnung erstanden hatte, schulterte ihren Rucksack und zog die Tür hinter sich zu.

      San Giovanni in Laterano war einst die wichtigste Kirche in Rom, damals, als der Papst noch nicht im Vatikan wohnte und arbeitete. Franziska ging aber, ohne sie sonderlich zu beachten, an dem großen weißen Portal vorüber, und auch der Obelisk auf der Piazza davor war ihr egal. Formal war San Giovanni in Laterano zwar immer noch die wichtigste Kirche, in der Wahrnehmung der Menschen hatte sie diese Rolle aber an den Petersdom verloren. Als sie über die Via dei Fori Imperiali schlenderte, die wie das Rollfeld eines Flughafens auf das heutige Stadt- und Staatszentrum zuführte, fragte sie sich, wie früher wohl so ein Riesenreich wie das Römische funktioniert hat. Hier unter ihr, auf diesem Platz, soll die Entwicklung dieses immensen Staates gesteuert worden sein? Hier zwischen diesen Steinen soll bestimmt worden sein, was im fernen Afrika zu passieren hat? Der Gedanke schien ihr absurd, zumal es damals kein Telefon gab, keine E-Mail, überhaupt kein schnelles Kommunikationsmittel. Und dort, an diesem unscheinbaren Klotz, inmitten der anderen Steine des Forum, wo früher der Senat stand und heute Touristen Handyfotos schießen und telefonieren, dort soll Caesar umgebracht worden sein? (An ihrem dritten Tag hatte Franziska das Kolosseum umrundet und das Forum besichtigt und sich über die roten Rosen gewundert, die dort lagen. Später belauschte sie eine englische Reiseführerin und erfuhr den Grund dafür.)

      Es war in gewisser Weise ein herrschaftlicher Spaziergang. Vom antiken Machtzentrum führte sie ihr Weg zu der wunderschönen, von Michelangelo gestalteten Piazza Campidoglio auf dem Kapitol, die sie bereits vom italienischen Fünfzig-Cent-Stück kannte. Im Rathaus, das die Piazza dominierte, mühte sich die Stadtregierung, die ewige Stadt in den Griff zu bekommen, eine Stadt mit störrischen Bürgern und einer Vielzahl von Zuwanderern, wie viele, das wusste niemand so genau. Franziska wurde klar, dass sie nun zum ersten Mal in ihrem Leben auch eine Zuwanderin war, obgleich auch nur temporär. Sie ging die breite Treppe hinab und hörte zunehmend den Lärm der Piazza Venezia. Wo jetzt der Verkehr toste, tobten einst die Massen, wenn Benito Mussolini auf dem Balkon seines Palastes Reden hielt. Im Palazzo Venezia hatten die Faschisten ihr Hauptquartier. Nun logiert in den Räumen ein Kunstmuseum, aber Franziska hatte von Mara, einer Kommilitonin, gelernt, was es heißt, sich »unter dem Balkon« zu treffen. Gemeint war damit »unter dem Balkon des Duce«, ein noch immer geläufiger Ausdruck, auch für politisch Linksgerichtete wie es Mara eine war.

      Ein weiterer Palazzo, ein weiterer Herrscher. Franziska kam am Palazzo Chigi vorbei, dem Amtssitz des Premierministers. Schließlich landete sie auf der Piazza Colonna und damit vor dem Parlament, das in Italien immer wieder für eine bunte Mischung gut ist: Die Enkelin von Benito Mussolini, Alessandra Mussolini, eine rechtsextreme Politikerin, war hier tätig, bevor sie Senatorin wurde; sie ist übrigens auch die Nichte von Sophia Loren. Außerdem wirkten hier die Ex-Pornodarstellerin Ilona Staller, dazu Vladimir Luxuria, ein Transsexueller. Behinderte haben es jedoch schwer, aber immerhin ist im Jahr 2008 eine Frau im Rollstuhl ins Parlament gewählt worden, die erste behinderte Abgeordnete in Italien überhaupt. Eine Wahlrechtsreform hat leider nichts an diesem Zustand geändert. Nach ihr bestimmt jetzt die Parteiführung, wer die bei der Wahl gewonnenen Sitze bekommt, und nicht mehr der Wähler.

      Franziskas Spaziergang führte sie schließlich an die Fontana di Trevi, wo sich die Touristenmassen drängten. Auf dem Weg dorthin merkte sie zum ersten Mal, dass die bewundernden Pfiffe einiger italienischer Jugendlicher, die sie gehört hatte, ihr galten. Zuerst war es ihr gar nicht aufgefallen. Doch dann sagte ein Junge »eh, bella Bionda, dove vai«, ein anderer rief, sie solle doch herkommen und ein Dritter machte, nachdem sie stehen geblieben war und sich zu der Gruppe hingedreht hatte, eine Geste, die sie nicht interpretieren konnte. Die Jungs schöpften Hoffnung. Einer davon sah cool aus, trug Hip-Hop-Klamotten und war ziemlich jung. Doch es waren die anderen beiden, die ihr selbstbewusst zu verstehen gaben, sie solle herkommen, und winkten – was jedoch so aussah, als wollten sie sie wegschicken, sie kippten die Hand mit dem Handrücken oben nach unten und bewegten sie auf sich zu, als wollten sie Luft zu sich herwedeln. Franziska ging auf die drei Jungen zu, nachdem sie kapiert hatte, was die Geste wirklich meinte.

      »Where are you from?«, fragten sie radebrechend, wo kommst du her.

      »Ich bin aus Deutschland«, antwortete Franziska auf Italienisch, etwas weniger radebrechend.

      Die Jungs wollten wissen, was sie hier tue. Bei der Antwort, sie sei Erasmusstudentin, blitzte etwas in ihren Augen auf. Ob sie Rom möge, einen Freund habe und dass sie hübsch sei – dann war das Englisch auch fast schon erschöpft.

      »Ich kann auch ein wenig Italienisch«, sagte Franziska, absurderweise tat sie das nach wie vor auf Italienisch und ohne, dass es Früchte trug.

      Die Jungs luden sie auf Englisch ein, mit ihr mitzukommen, sie wollten eine Runde drehen. Franziska sagte dankbar »ja«. Zum einen hatte sie ohnehin nichts Besonderes vor, zum anderen konnte sie so Italienisch üben und zum Dritten waren die drei ja ganz sympathisch.

      Im Lauf des Spaziergangs lachte sie viel und flirtete auch munter mit. Sie aßen ein Eis, und einer der Jungen legte den Arm um sie. Franziska war das etwas zu viel, aber gut, Italiener sind ja sehr herzlich, das wusste sie, und zudem war sie auch schüchtern. Vielleicht genoss sie es sogar.

      Schließlich meinte einer der dreien zu ihr, los, gehen wir zu mir, fare l’amore.

      »Nein«, sagte Franziska entschieden, »das werden wir nicht tun.« Dann stand sie auf und ging.

      Der Hip-Hop-Bube fing daraufhin an, wild mit seinem Kompagnon zu schimpfen.

      Franziska hörte noch etwas von wegen, es sei ein scherzo gewesen – für sie war das aber kein Scherz, sondern eindeutig übergriffig, schließlich waren die Flirts bisher harmloses und unverfängliches Schäkern gewesen.

      Als Franziska an einer Ampel stand und ein Junge aus einem Auto heraus ihr zuerst nachpfiff und dann Komplimente machte, belegte sie ihn, so gut es ging, mit den heftigsten Flüchen, die ihr in den Sinn kamen, und wusste doch zugleich, dass ihr Italienisch dafür nicht gut genug war und sie eher lächerlich auf den jungen Mann im Auto wirken dürfte.

       Was ist diesmal schiefgelaufen?

      Das italienische Flirtsystem funktioniert in den Grundzügen ziemlich anders als das deutsche: Die Männer werfen ihre Angeln, sprich Sprüche, aus und warten darauf, dass jemand anbeißt. Dazu gehört auch, zu zeigen, was man hat: ein tolles Auto, teure Klamotten und andere Statussymbole. Das heißt natürlich nicht, dass es nicht auch andere Formen des Kennenlernens geben würde. Italienische Männer sind vor allem in der Werbephase auch ganz gut darin, Komplimente zu verteilen. Man kann sich als Frau auf das Angelspiel einlassen – sollte dann aber auch die Angel im Hinterkopf behalten, um sich am Ende nicht schlecht zu fühlen. In diesem


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