Fettnäpfchenführer Bayern. Nadine LuckЧитать онлайн книгу.
Bis Haxen, Füße und Beine schmerzen
19 BEZIEHUNGS-STATUS: SCHLEIFE RECHTS
Von Zelten, Mindestverzehr und hendlfettigen Händen
Die Erfinder des weißblauen Himmels und von Recht und Ordnung
Oder: Mia san mia san die anderen
Wein(Franken) auf Bier, das rat ich dir
25 WO BAYERN SCHWÄBISCH SCHWÄTZT
26 PKW-MAUT AUF DEM HIGHWAY TO HELL
Der Bayer, ein Rache suchender Hinterwäldler?
27 HONEYMOON, THE BAVARIAN WAY
Vom bayerischen Meer bis China
10 Dinge, die Sie in Bayern unbedingt tun sollten
10 Dinge, mit denen Sie sich auf jeden Fall blamieren
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BAYERNSUHREN TICKENANDERS
VON DREIVIERTEL SIEBEN BISVIERTEL ACHT
»Um dreiviertel sechs vor dem Hugendubel am Stachus«, hat sie gesagt. Die U-Bahn steckt fest, Jochen wird fünf Minuten zu spät kommen. Na, das sollte ihm seine Liebste aber verzeihen. Als Tourist in einer Großstadt mit nur fünf Minuten Verspätung dran zu sein – das ist ziemlich gut, findet er.
Doch, um es kurz zu machen: Er sieht schon auf dem Weg von der Rolltreppe zum Buchhändler, dass Magdalena dampft. »Warum hast du mir nicht Bescheid gesagt?«, fährt sie ihn zur Begrüßung an, ganz ohne »Hallo«, »Servus« oder Küsschen. »Das ist doch keine Art! Ist dein Handy kaputt? Oder gehen die Uhren in Bayern tatsächlich so anders als bei euch in Wuppertal?«
Jochen ist perplex. Dafür, dass er erst zum zweiten Mal in seinem Leben und nun auch erst seit zwei Tagen in der Weltstadt München ist, kommt er sich grandios pünktlich vor. »Ehrlich, Magdalena, wegen fünf Minuten regst du dich auf? Die U-Bahn steckte kurz fest, sonst wäre ich sogar überpünktlich gewesen. So grazil wie unsere Schwebebahn bewegt sich euer öffentlicher Nahverkehr halt nicht fort … Echt, wenn ich wegen fünf Minuten Verspätung Bescheid geben würde, würde ich jetzt ja immer noch an der WhatsApp an dich tippen!«
»Fünf Minuten? Mensch, Jochen! Eine geschlagene Stunde warte ich hier – und warte und warte, bis der werte Herr …«
»Wieso eine Stunde? 18.45 Uhr hast du doch gesagt, ich hab das noch genau im Ohr!«
»Nein, mein Lieber: Dreiviertel sechs haben wir ausgemacht.«
»Ja, sag ich doch!«
Da lacht Magdalena lauthals los. »Du weißt nicht, was dreiviertel sechs bedeutet? Ehrlich nicht? Sorry, das hätte ich nicht für möglich …« Sie hakt sich bei Jochen ein und zieht ihn in Richtung Marienplatz. Auf dem Weg erklärt sie ihm, wie die Uhren in Bayern ticken – beziehungsweise Münchens Uhren. Dabei bummeln sie fröhlich durch die Fußgängerzone, halten beim indianisch aussehenden Künstler, der seiner Panflöte wunderschöne Melodien entlockt, und bestaunen die neugotische Fassade des Rathauses. Und tatsächlich ist es schade, dass sie nicht schon deutlich früher unterwegs sind: Denn täglich um 17 Uhr bestaunen Touristen das Glockenspiel im Mittelturm des Rathauses, wie Jochen von Magdalena erfährt. Dabei zeigen 32 Figuren auf mehreren Ebenen Szenen aus der Stadtgeschichte.
Sie gehen weiter durchs Tal – ebenfalls eine gleichermaßen beliebte wie belebte Einkaufsstraße – und stehen schließlich vor dem Isartor, einem der alten Stadttore Münchens. Aus den Augenwinkeln bemerkt Jochen oben im Turm des Tors eine Uhr. Er blickt hoch und traut seinen Augen nicht. Er hat geschätzt, dass es ungefähr 8 Uhr abends sein müsste, denn inzwischen hat er einen Bärenhunger und freut sich aufs Abendbrot, das sie im berühmtesten Wirtshaus der Welt essen wollen, dem Hofbräuhaus. Der Stundenzeiger der Uhr aber bewegt sich in diesem Moment auf die Vier – und zwar gegen den Uhrzeigersinn, von der Fünf kommend.