Fettnäpfchenführer Frankreich. Bettina BoujuЧитать онлайн книгу.
in Mode gekommen, und es wurden Fahrradwege gebaut. Sie führen bei Weitem noch nicht durch die ganze Stadt, sind aber im Ausbau begriffen. Leider sind die Autofahrer in Paris an diese Fahrradfahrer noch nicht gewöhnt und entsprechend wenig rücksichtsvoll. Auch der »Schulterblick« nach den Radfahrern wird beim Rechtsabbiegen nicht immer automatisch geleistet.
Dass man sofort einen Parkplatz findet, kann natürlich sein, allerdings gehört dazu mehr als eine »Bestellung beim Universum«. Und zahlen muss man dann trotzdem noch. Paris ist in Parkzonen eingeteilt, es gibt praktisch kein kostenfreies Parken mehr in der Stadt. Und was Manni und Eva da als Parkplatz meinen entdeckt zu haben, ist natürlich keiner (siehe Infokasten »Parken« in Kapitel 18). Der Mann war ein freundlicher Pariser, der sie darauf aufmerksam machen wollte, dass die Polizei gerade in der Gegend Strafzettel verteilt und auch Autos gern mal abgeschleppt oder mir Krallen versehen werden.
Passen Sie auf beim Überqueren einer Straße! Auch bei Zebrastreifen halten Autos nicht einfach automatisch an! Rechnen Sie also nicht damit, dass ein Auto hält, suchen Sie unbedingt vorher Augenkontakt mit dem Fahrer.
Was können Sie besser machen?
Aufgrund der Nähe zum Nachbarland entscheiden sich viele Deutsche dazu, in das Land mit dem eigenen Fahrzeug zu reisen. Dies kann jedoch schwierig werden, wenn Sie die in Frankreich vorherrschenden Verkehrsregeln nicht kennen.
Wenn Sie es einrichten können: vermeiden Sie es, mit dem Auto nach Paris zu fahren. Sie können in Paris praktisch nicht parken, ohne Strafzettel zu kassieren oder viel Geld zu bezahlen. Strafzettel werden nach Deutschland an die Meldeadresse des Fahrzeughalters geschickt.
Insgesamt fallen Bußgelder in Frankreich wesentlich höher aus als in Deutschland. Als beliebtestes Beispiel gelten die gelben Westen mit dem Kontrollzeichen EN471, die seit Juli 2008 in Frankreich in jedem Kraftfahrzeug Pflicht sind. Sollten Sie keine solche gelbe Weste in Ihrem Auto mitführen, beläuft sich das Bußgeld auf 90 Euro (in Deutschland sind es nur 15 Euro). Die Gelbwestenpflicht hat bei ihrer Einführung in Frankreich Protest hervorgerufen, da einige Hersteller dieser Westen viel Geld verdient haben. Die Bewegung der Gilets Jaunes ist auch ein Symbol für das Aufbegehren in einem Staat, der sozusagen eine Panne hat. Der kleinste gemeinsame Nenner aller Franzosen sind die gelben Westen, auf die der Staat sie verpflichtet hat. Man nimmt sie aus dem Auto und geht ab sofort zu Fuß auf der Straße weiter.
8
KEIN PLATZ FÜR MÜLL UND WÄSCHE
WIE PAULA GANZ TROCKEN DAS TROCKNEN LERNT
Paula fühlte einen enormen Schaffensdrang. Hier war sie, ihre neue Welt und sie wollte sie sich um jeden Preis zu eigen machen. Auch wenn Catherine Deneuve, wie sie ihre Gastmutter Claudine im Geheimen nannte, das Regiment führte und alles kontrollierte, wollte sie sich doch wenigstens um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern. Und das bedeutete heute: Wäsche waschen.
Von Zuhause war sie es gewohnt, sich mit um die Wäsche der Familie zu kümmern, Küche und Bad zu putzen, die Geschirrspülmaschine ein- und auszuräumen, den Müll runterzubringen und ab und zu mal etwas einzukaufen. Hin und wieder kochte sie auch ganz gern, aber das traute sie sich hier nicht. Lange hatte sie ihre dreckige Wäsche in einer Reisetasche gehortet und jetzt, wo keiner da war, trug sie sie hinaus auf den Flur und in die Waschküche, die an die Küche anschloss.
Die Waschmaschinentür stand offen und Paula stopfte alles hinein, schloss die Tür, schüttete Waschpulver in die Ladefläche und startete ein 40-Grad-Programm. Das hätte sie schon viel früher tun sollen! Was für ein gutes Gefühl! Und was jetzt? Sie beschloss, sich während der Wartezeit ein wenig im Haus nützlich zu machen. Als ihr Blick durch die Küche glitt, entdeckte sie, dass der Mülleimer voll war. In der Waschküche stand eine weitere Tüte mit Müll. Paula entschloss sich, den Müll zu entsorgen. Sicher werden sich alle freuen, wenn ich mich darum kümmere, grinste sie in sich hinein.
Paula nahm den Müll und machte sich auf die Suche nach der Tonne. In dem Haus, in dem die Bouchards wohnten, lebten nur noch zwei weitere Parteien. Den Bouchards gehörte das Erdgeschoß, sie hatten ihren eigenen Hauseingang und hinter dem Haus eine schöne Terrasse. Aber wo kam hier bloß der Müll hin? Vor dem Haus stand keine Tonne, dafür war die Straße viel zu edel. Paula spähte von der Terrasse aus auf das Gelände hinter dem Haus, konnte hier aber auch nirgends Tonnen entdecken.
Während sie also den Müll durch die Gegend trug, viel ihr auf, dass es in den Tüten klapperte. Ein Blick hinein sagte ihr: Hier hat jemand keinen Müll getrennt! Papier, Glas, Plastik, Bio und Restmüll waren wild durcheinander in den Sack geworfen worden. Kein Wunder also, dass sich die Säcke hier stapelten. Paula war kurz versucht, den Müll selbst zu trennen, ließ es dann aber doch sein, weil sie ihn zu eklig fand. Aber toll war das nicht! Die Gastfamilie schien sich offenbar mit ihrem Müll keine große Mühe zu geben.
Paula beschloss, den Müll einfach wieder an seinen Platz zu stellen und stattdessen ihr eigenes Zimmer zu putzen. Pfeifend machte sie sich daran, das Bett neu zu beziehen und Staub zu wischen. In Gedanken war sie schon bei ihrer eigenen Familie. Sie freute sich riesig auf ihre Eltern. Sie hatte sogar noch Zeit zum Duschen und Haare waschen. Manni und Eva würden staunen, in was für einer schicken Umgebung sie hier gelandet und wie sie schon darin aufgegangen war. Als hätte sie schon immer hier gelebt!
Als die Waschmaschine endlich fertig war, warf Paula die nasse Wäsche in einen Korb und ging damit hinaus auf die Terrasse. In der Sonne würde alles schnell trocknen. Doch Paula fand weder eine Wäscheleine noch Klammern. Nichts wies in dieser schicken Umgebung darauf hin, dass so etwas wie dreckige Wäsche überhaupt existierte. Paula war ratlos. Sie beschloss, die Wäsche zum Trocknen über die Stühle, das Terrassengeländer und auf den Tisch zu legen. Danach holte sie ihr Wörterbuch aus dem Zimmer, zog einen Liegestuhl heran und legte sich zum Vokabellernen in die Sonne.
Paula war gerade im Liegestuhl eingeschlafen, als Claudine nach Haus kam und beim Anblick von der verteilten Wäsche einen spitzen Schrei ausstieß. »Ça ne va pas, non?!« (Sag mal, geht’s noch?), schoss es aus hier heraus. Sie befahl Paula in strengem Ton, sofort ihre Wäsche wieder einzusammeln, sie wolle keine Unterwäsche auf ihrem Terrassentisch haben! Paula gehorchte etwas pikiert, und als sie kleinlaut ihre nassen Klamotten eingesammelt hatte, wurde Claudine versöhnlicher. »Viens« (Komm), sagte sie und ein kleines Lächeln umspielte ihren Mund. Paula folgte Claudine wortlos in die Waschküche und blieb vor einem großen Trockner stehen. »Mets ton linge là dedans. Je vais mettre la machine en route!« (Pack’ deine Sachen da rein. Ich mach’ die Maschine gleich an!), sagte sie jetzt etwas freundlicher. Paula konnte nicht anders, als etwas zu erwidern: »Mais en plein été, on n’a pas besoin d’un séchoir à linge! Ça consomme beaucoup trop d’énergie!« (Aber mitten im Sommer braucht man doch keinen Trockner! Der verbraucht viel zu viel Energie!), erwiderte sie Claudine und fühlte sich dabei ein bisschen wie die tapfere Jeanne d’Arc. Doch Claudine wischte den Einwand mit einer Handbewegung fort: »En France, on a suffisamment d’énergie.« (In Frankreich haben wir genug Energie.) Damit verschwand sie aus der Waschküche und ließ Paula mit ihrer nassen Wäsche allein.
Was ist schiefgelaufen?
Wie gut, dass Paula nicht angefangen hat, den Müll zu sortieren! Denn dann hätten sich die Tüten noch vermehrt – und sie wäre sie nicht so schnell losgeworden. Das hat mehrere Gründe: Eine gut organisierte »Wertstofferfassung«, wie man in Deutschland sagt, gibt es für den Müll in Frankreich nicht. Zwar ist dort fast alles zentral organisiert, das Entsorgen des Mülls jedoch wird über die Kommunen abgewickelt – demzufolge gibt es keine einheitliche Regelung. Zudem ist das Recyceln von Wertstoffen noch nicht lange im Bewusstsein der Franzosen angekommen und sehr unterschiedlich weit entwickelt. Kommunen, die mehr Wert auf Mülltrennung legen, treiben die Sache stärker voran als andere. Dementsprechend gibt es auch nicht in jedem Wohnhaus getrennte Mülltonnen. Meistens stehen Sammelcontainer je nach Wohnort in Hausnähe, auf